(c) unsplash

Iconomy »Bobby Car«

Design-Icons unter EUR 100: Das »Bobby Car« ist auf den ersten Blick nicht unbedingt eine Schönheit, dafür aber schön erfolgreich. Denn der Plastikflitzer führt Kleinkinder an Mobilitätskonzepte heran und begeistert auch höhere Semester.

15.11.2023 - By Manfred Gram

Richtig begeistert vom optischen Erscheinungsbild der eigenen Erfindung war »Bobby Car«-Erfinder Ernst A. Bettag nicht gerade. »Ich hab es am Anfang als hässliches Entlein angesehen, eher altmodisch im Design«, erzählte der 2003 ­verstorbene Unternehmer einmal in einem Interview. Aber was soll man sagen – das Vehikel mit dem »Fuß-Schubmotor« entwickelte sich zum Megahit oder, wie Bettag einst schlußfolgerte: »Das Publikum hat es gemocht. Und es war eine Marktlücke.« Auch über 50 Jahren nach dem Marktdebüt liebt das Publikum, in dem Fall die Kernzielgruppe der Ein- bis Fünfjährigen, dieses ­knallrote Rutschauto aus Plastik, das tatsächlich über eine etwas merkwürdige Silhouette verfügt. So, als hätte man einen Sportwagen ein bisschen zu viel gebotoxt. Letztlich hat das Erscheinungsbild aber einen medizinischen Hintergrund. Das »Bobby Car« ist ­nämlich nach ergonomischen Prinzipien geformt und schult – so sagt es zumindest der Hersteller – beim Nachwuchs eine orthopädisch korrekte Körperhaltung.

Ein Kassenschlager


Über 20 Millionen Stück davon verließen bis dato übrigens die Produktionshalle des Herstellers Big im deutschen Burghaslach. Nach wie vor werden täglich gut 2.000 Stück dieser Kinderzimmerflitzer produziert. Und zwar in der Form und Methode seit 1972 unverändert. Um möglichst viele (Eltern) zu erreichen, auch in ­unzähligen bunten Farben und Mustern. Aber Achtung! Alles, was vom klassischen Rot abweicht, fühlt sich immer auch nicht ganz richtig an. Oder anders: Wer mag schon gelbe Ferraris? Eben. Bei Big werden aber auch an modernes Autodesign angelehnte Karosserien gefertigt, Lizenzautos von VW, Porsche und Mercedes-Benz designt und auch Zubehör, wie Schuhschoner, Flüsterräder (schont Nerven) oder Multi-Sound-Lenkrad (schont Nerven nicht), wird hergestellt. Herzstück ist und bleibt aber das »Bobby Car«, 60 Zentimeter lang, 40 Zentimeter hoch und 3,6 Kilo schwer, das mittlerweile zum Identifikationsobjekt avanciert ist, mit dem die Jüngsten an Mobilitätskonzepte herangeführt werden. So was verankert sich übrigens ganz tief im Brumm-Brumm-Stammhirn, und es wird daher kaum ­jemanden wundern, dass es auch erwachsene Liebhaber:innen des Rutschautos gibt, die sich in einer eigenen »Bobby Car«-Rennfahrszene zusammenfinden. In bester Seifenkistenmanier rollen sie mit ihren getunten und aufgemotzten Vehikeln Hügel runter. Und zwar gar nicht einmal so langsam. Bei 106 km/h steht der Geschwindigkeitsweltrekord, der mit einem klassischen »Bobby Car« aufgestellt wurde. Das hässliche Entlein ist also alles andere als eine »Lame Duck«.

Gesehen bei: baby-walz.at, babyone.at

Ernst A. Bettag (1929–2003) liefert eine typische deutsche Wirtschaftswunderstory. Der Unter-nehmer, der die Blechspielzeugfirma seines Schwiegervaters übernahm, sattelte in den 1950er-Jahren auf Kunststoff um und dachte alles ein bisschen größer. Das spiegelte dann auch der neue Unternehmensname Big wider. Voll auf Plastik unterwegs, gelang nach kleineren Achtungs-erfolgen mit Booten 1972 dann mit dem »Bobby Car« der große Wurf. Der studierte Elektroingenieur und nunmehr Fabrikant schuf eine echte Kinderzimmerikone. Mittlerweile gehört das Unternehmen mit dem auffälligen Büffel als Logo zur deutschen Simba Dickie Group.

(c) Simba Dickie Group

Erschienen in:

Falstaff LIVING Nr. 04/2023

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