Der Zürcher Journalist Jeroen Van Rooijen geniesst eine Pause am See während seiner Fahrt auf der Route 66 von Zürich nach Rapperswil.

Der Zürcher Journalist Jeroen Van Rooijen geniesst eine Pause am See während seiner Fahrt auf der Route 66 von Zürich nach Rapperswil.
© Zürich Tourismus

Zürich: Entlang der Goldküste mit dem Velo

Zürich – die kleinste Grossstadt der Welt – hat auch eine Route 66. Allerdings wird diese nicht mit dem Motorrad, sondern mit dem Fahrrad befahren, und ihren Weg säumen vielfältige Möglichkeiten für Geniesser.

Zugegeben, die Zürcher Route 66 hat bis auf ihren Namen nicht viel mit ihrem amerikanischen Pendant gemein. Es handelt sich dabei um eine der fast hundert Routen von SchweizMobil, dem Netzwerk für Langsamverkehr, und sie verbindet auf überaus angenehme Weise Zürich mit dem Städtchen Rapperswil. Mit ihren 35 Kilometern Länge und 420 Höhenmetern ist sie auch für weniger ambitionierte Radler immer genussreich zu befahren, insbesondere, wenn man sich in Zürich ein E-Bike mietet. Zentral in der Europaallee können die edlen Stahlkarossen bei EGO-Movement vorreserviert und abgeholt werden.

Entlang der Goldküste

Am Hauptbahnhof vorbei geht es den Limmatquai entlang zum Bellevue, wo sich die Route 66 vom Seeufer abwendet und durch das Seefeld raus aus der Stadt führt. Schon auf dieser kurzen Strecke liessen sich einige kulinarische Hotspots erkunden, doch wir bleiben auf Kurs die Goldküste entlang. Das rechte Zürichseeufer trägt nicht nur aufgrund des goldenen Abendlichts seinen Namen, hier wohnen sie, die Reichen und Prominenten, oft gut beschützt von Hecken und Gärten, die auf dem Fahrrad tunnelartig an einem vorbeiziehen. Die verkehrsberuhigte Strasse folgt der Route der S-Bahn und ermöglicht eine unbeschwerte Fahrt.

Wer sich an einem wunderschönen Garten mit altem Baumbestand erfreuen will, wählt in Goldbach einen kleinen Umweg zum Fennergut und tritt dann beseelt wieder in die Pedale, um sich in Küsnacht seewärts im «Romantik Seehotel Sonne» direkt am See oder im «Rico’s» verwöhnen zu lassen – je nach Zeitmanagement, Appetit und Vorlieben. Die «Sonne» bietet mehrere Möglichkeiten, darunter einen der schönsten Biergärten am See. Das zweifach besternte «Rico’s» gehört zu den besten Adressen über die unmittelbare Seeregion hinaus. Der gebürtige Tessiner Rico Zandonella lebt hier seinen Traum einer modernen, hochstehenden Küche, die ganz klar von seiner Heimat geprägt ist. Bessere Risotto- und Pastagerichte findet man nördlich des Gotthard selten.

Edle Tropfen

Für ambitionierte Velofahrer oder solche mit vollem Akku empfiehlt sich ein Abstecher bergwärts zum wunderschön gelegenen «Hotel Wassberg Forch». Hier ist der Blick atemberaubend, insbesondere bei Föhnlage. Nah am Wasser und quasi ums Eck befindet sich übrigens die Villa AlgonquinTina Turners Schweizer Wohnsitz mit Seeanstoss kann aber natürlich nur besucht werden, wenn man dazu eingeladen wird. Da bietet das Weingut Diederik ­einen einfacheren Zugang. In einem umgebauten Stall können die exzellenten Tropfen von «Didi» Michel verkostet und direkt gekauft werden. Neben den bekannten Sorten Riesling, Räuschling und Pinot Noir warten auch önologische Überraschungen auf neugierige Verkoster.

Die beschauliche Etappe bis nach Erlenbach, das sich seinen dörflichen Charakter standhaft zu bewahren versucht, führt vorbei an kultivierten Siedlungen moderner Art. Am See gelegen bietet das «Strozzi’s» in Herrliberg einen wunderbaren Gegenpol zum Radsport – im Strandrestaurant kommt bei Grilladen, Pizza und Rosé echtes Ferienfeeling auf. Ländlicher wird’s nach einem kleinen Aufstieg durch den Ort: Der Höhenweg führt vorbei an landwirtschaftlichen Flächen und bietet einen wunderbaren Ausblick auf den See.

Von Dorf zu Dorf

Etwa in der Mitte der Tour liegt der malerische Bezirkshauptort Meilen. Die Fähre ans andere Seeufer weckt fast maritime Gefühle. Bei der Weiterfahrt durch den Rebhang wird’s industriehistorisch: Neben dem Rebbau als wichtigem Erwerbszweig entstand vor 200 Jahren auch eine chemische Industrie an der Goldküste, die sich mit der Produktion von Schwefelsäure und später vor allem von Düngemitteln beschäftigte – heute unvorstellbar! Direkt am Seeufer gelegen, im nahen Uetikon, stehen heute noch Teile der Fabrik, die geschickt umgewidmet wurden.

Ein kleiner Umweg durch das lebhafte Gelände lohnt sich, zumal sogar ein Badeplatz für die Bevölkerung zur Verfügung steht. Das darauf folgende Männedorf ist ebenfalls geprägt von seiner Weinbautradition. Seit römischer Zeit werden am Seeufer Reben gehegt und gepflegt. Aus Uetikon, Männedorf und Meilen stammen einige der bekanntesten Weine und Winzer der Region. Wer hier Zürcher Weinmacher wie Rico Lüthi, Erich Meier oder Familie Schwarzenbach kennenlernen will, sollte unbedingt einen Termin für einen Zwischenstopp samt Degustation einplanen.

Weite Blicke auf den See

Der Aufstieg von Männedorf zum «Hexentanz» ist kurz und mit dem E-Bike ein Klacks. Der Flurname weist auf die exponierte Lage hin, die windige Turbulenzen durchaus zulässt. Vorbei am beschaulichen Weiler Mutzmalen erreichen wir Stäfa, ebenfalls ein Weinbauerndorf, wunderschön erhalten und mit einem lebhaften kulturellen Angebot. Wer hier noch einkehren möchte, sollte die legendäre «Rössli Beiz» aufsuchen, wo es Währschaftes zu essen und im Saal regelmässig Konzerte gibt. Via Uerikon bis Feldbach, dem fast schönsten Teil der Strecke, wird auf einer hohen Krete mit weiten Blicken auf den See geradelt. Ab Feldbach schwimmen wir kurz auf der Seestrasse mit dem Mainstream-Verkehr mit, um dann via Kempraten nach Rapperswil einzuschwenken. Der Weg ist zwar das Ziel, hier ist es aber auch das wunderbare Kleinod Rapperswil.

Die Gründung der Rosenstadt Rapperswil dürfte um 1200 erfolgt sein. Seither hat sich die Altstadt laufend verändert und entwickelt. Heute zieren vier blütenprächtige Rosengärten, historische Bauten, das mittelalterliche Schloss, die einladende Seepromenade sowie diverse einladende Restaurants, Cafés und Bars die malerische Altstadt der Rosenstadt am Zürichsee. Hier endet sie, die Fahrt den See entlang, zurück geht es per Kursschiff, das uns von hier entlang der soeben befahrenen Strecke zurück an den Zürcher Bürkliplatz bringt.

Erschienen in
Food Zurich Spezial 2020

Zum Magazin

Monica Herzog-Arquint
Autor
Mehr entdecken
Restaurant
Restaurant Buech
Eine luxuriöse Landbeiz mit eigenem Boot-Shuttleservice – das ist das Restaurant Buech in...
Forchstrasse 267, 8704 Herrliberg
Mehr zum Thema
Restaurant der Woche Schweiz
Restaurant der Woche: Orsini
Im Zürcher Restaurant «Orsini» erlebt man eine moderne, hochstehende Italo-Küche.
Von Benny Epstein