Günther Praher © wernerharrer.com

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»KI-basierte Lösungen werden das Marketing und den Vertrieb im Tourismussektor tiefgreifend verändern«

»Incert eTourismus«-CEO Günther Praher verrät im Gespräch mit PROFI, wie er die »Art und Weise des digitalen Schenkens, Erlebens und Belohnens« in Hotellerie und Gastro »revolutionieren« will, welche Digitalisierungstrends es im Tourismussektor gibt und warum KI in der Branche noch unterschätzt wird.

von Alexander Schöpf
12. Februar 2024

Fast 17 Jahre ist es mittlerweile her, dass Günther Praher gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Peter sowie Gerhard Lengauer »Incert eTourismus« gründete.  Praher hatte schon während seines Studiums erkannt, dass die Webseite eines Hotels nicht nur mit schönen Bildern gefüllt sein sollte, sondern eine große Chance für den Direktvertrieb bietet. Damals wurde der Verkauf ausschließlich über das Telefon abgewickelt und auch Gutscheine in mühevoller Kleinarbeit manuell erstellt, verwaltet und versendet. Im Rahmen eines eigenen Universitätsprojektes wurde 2006 dann der erste Prototyp eines webbasierten Gutschein-Management-Systems für das »Hotel Guglwald« in Oberösterreich entwickelt. Der Grundstein für »Incert eTourismus« war gelegt.

Heute ist »Incert« Marktführer im Bereich Gutschein-, Ticket- und Loyalty-Systeme in der Tourismusbranche. Im PROFI-Interview erzählt Günther Praher, wie es dazu gekommen ist, wie digitale Kundenbindung im Jahr 2024 aussieht, wie der Digitalisierungsgrad der Branche ist und wo das größte noch ungenutzte Potenzial liegt.

PROFI: Sie schreiben auf Ihrer Website: »Wir revolutionieren die Art und Weise des digitalen Schenkens, Erlebens und Belohnens.« Wie sieht das konkret in der Praxis aus?

Praher: Unser Ansatz revolutioniert das digitale Schenken, Erleben und Belohnen, indem wir Gastronomie- und Hotelbetrieben fortschrittliche technische Lösungen und Fachwissen bieten. Wir ermöglichen es ihnen, professionell Gutscheine zu verkaufen, Tickets für Veranstaltungen anzubieten und ein Loyalty-Programm für Stammgäste zu betreiben. Konkret implementieren wir maßgeschneiderte Gutscheinshops, die nahtlos mit bestehenden Kassensystemen oder Hotelmanagementsystemen integriert sind. Dieses hochspezialisierte Setup garantiert, dass unser Angebot genau auf die Bedürfnisse der Gäste abgestimmt ist und schnell einsatzbereit ist, was eine reibungslose und angenehme Erfahrung sowohl für die Betriebe als auch für deren Kunden schafft.

Welche Rolle spielt die Kundenbindung durch digitale Lösungen, insbesondere im Hinblick auf personalisierte Erlebnisse und Belohnungsprogramme?

Durch die digitalen Kundenbindung kann der Gast seine Interessen und Vorlieben hinterlegen und bekommt im Loyalty-Club dann gezielte Add-Ons und Prämien, die für ihn passen. Er kann somit frei wählen, für welche Leistungen er sein Guthaben verwenden möchte. Zudem ist der Club digital in seiner Hosentasche und er kann durch den QR-Code in der Wallet am Handy sein Guthaben auch vor Ort beim Betrieb einlösen und verwenden. Durch gezielte Kommunikation ist man als Betrieb direkt bei seiner Zielgruppe und kann dadurch die Markenbindung wie auch die Frequenzen in den Betrieben erhöhen.

Welche Trends sehen Sie aktuell in Bezug auf die Digitalisierung im Tourismussektor und wie beeinflussen diese die Branche?

Die Digitalisierung im Tourismussektor führt zu einer signifikanten Vereinfachung und Effizienzsteigerung der betrieblichen Abläufe. Beispielsweise ermöglichen unsere automatisierten eCommerce-Systeme eine nahtlose Erstellung und Abwicklung von Gutscheinen und Tickets. Diese Prozesse sind nicht nur zeitsparend, sondern auch fehlerresistent, da alle relevanten Daten zwischen den Systemen synchronisiert und abgerechnet werden. Diese Entwicklung deutet auf eine signifikante Effizienzsteigerung in der Branche hin, die auch ohne den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) beachtlich ist.

Welche Digitalisierungstrends, die die breite Öffentlichkeit vielleicht so noch nicht am Schirm hat, werden den Tourismus in den kommenden Jahren am meisten verändern und beeinflussen?

Die Anwendungsmöglichkeiten von KI im Tourismussektor werden derzeit noch stark unterschätzt. Wir erwarten, dass KI-basierte Lösungen, angefangen bei Chatbots bis hin zu komplexeren Anwendungen, das Marketing und den Vertrieb tiefgreifend verändern werden. Solche Technologien ermöglichen es nicht nur, den Kundenservice zu verbessern und zu personalisieren, sondern auch wertvolle Freiräume für das Personal zu schaffen, indem sie routinemäßige Aufgaben automatisieren.

Inwiefern hat die fortschreitende Digitalisierung den technologischen Stand im touristischen Bereich verändert und welche Auswirkungen sind besonders deutlich geworden?

Der Onlineverkauf von Dienstleistungen und Produkten hat 2020/21 sehr stark zugenommen. Es gibt sehr viele Gastronomiebetriebe und Hotels die eine hohe Nachfrage über Gutscheine generieren und auch Produkte und Merchandising-Artikel verkaufen. Diese neuen Vertriebswege sind gekommen um zu bleiben bzw. liefern sie auch zusätzliche Umsätze, auf die kein Betrieb mehr verzichten möchte. Neben eCommerce ist auch die Datennutzung der Gäste in Form von Loyalty- und CRM-Systemen aktuell ein wichtiges, digitales Thema. Wir als »Incert« setzen aktuell auch auf den Ausbau der Marketingautomatisierung, in welcher die vorhandenen Daten bestmöglich für die Kommunikation genutzt werden können. 

Welche Faktoren haben die Digitalisierung im Tourismus beschleunigt und wie hat die COVID-19-Pandemie die Notwendigkeit und den Umfang der Digitalisierung im Tourismus beeinflusst?

Faktoren wie die zunehmende Vertrautheit mit digitalen Technologien, die steigende Erwartungshaltung der Kunden an digitale Erlebnisse und nicht zuletzt die COVID-19-Pandemie haben die Digitalisierung im Tourismussektor beschleunigt. Die Pandemie hat insbesondere die Notwendigkeit digitaler Lösungen verstärkt, da Unternehmen gezwungen waren, schnell auf die veränderten Umstände und Kundenbedürfnisse zu reagieren.

Gibt es bestimmte Herausforderungen oder Widerstände, die die Digitalisierung im Tourismussektor verlangsamen, und wie gehen Sie damit um?

Während wir uns bemühen, die digitale Transformation im Tourismussektor voranzutreiben, stoßen wir gelegentlich auf Herausforderungen wie Skepsis gegenüber neuen Technologien oder einen Mangel an digitalen Kenntnissen. Wir begegnen diesen Herausforderungen, indem wir die Vorteile und den Mehrwert unserer Lösungen klar kommunizieren und umfassenden Support sowie Schulungen anbieten, um eine reibungslose Integration und Nutzung unserer Systeme zu gewährleisten.

Zu ihren Kunden zählen Betriebe unterschiedlicher Größe – von Big Playern wie »Austria Trend Hotels« und »Arcotels« über Traditionsbetriebe wie »Sacher Hotels & Cafés« bis hin zu Familienunternehmen wie »Das Edelweiß Salzburg«. Wie unterscheiden sich die »digitalen Bedürfnisse« von kleinen gegenüber großen Unternehmen?

Die digitalen Anforderungen unterscheiden sich hauptsächlich in der Komplexität der benötigten Systeme. Kleinere Betriebe neigen dazu, unsere Expresslösungen zu nutzen, die einen schnellen Einstieg und eine einfache Handhabung bieten. Größere Unternehmen hingegen benötigen oft umfangreiche Integrationen mit ihren bestehenden Kassen- und Hotelsystemen. Unabhängig von der Größe des Unternehmens steht jedoch die Kernfunktionalität unserer Lösungen jedem Betrieb zur Verfügung. Es kommt auch nicht darauf an, wie groß das Unternehmen ist, sondern welche besonderen Produkte diese hat und anbieten kann. Es gibt oft kleiner Betriebe die mehr Umsatz machen, da sie eine tolle Spezialisierung und Produkte für ihre Zielgruppe haben.

Gibt es hinsichtlich der Unternehmensgröße einen Unterschied, was den Digitalisierungsgrad in touristischen Betrieben betrifft?

Ja, in der Herangehensweise an digitale Projekte. Bei größeren Unternehmen sind oftmals gut ausgebildete IT-Mitarbeiter intern verfügbar, welche die Umsetzung auf Kundenseite ebenfalls gut betreuen und intern vorantreiben. Bei kleineren Betrieben fehlt oft die Zuständigkeit und die zeitlichen Ressourcen, wenn diese notwendig sind. Dies versuchen wir dann über unser Team auszugleichen.

Sie haben »Incert« 2007 gemeinsam mit ihrem Zwillingsbruder Peter gegründet. Was war damals ihre Idee und ihr Ansporn so ein Unternehmen zu starten und wie hat sich das Geschäftsmodell von »Incert« in den vergangenen 17 Jahren verändert?

Seit unserer Gründung im Jahr 2007 ist unser Kernanliegen gleich geblieben: Wir möchten die Betriebe direkt mit Technologie und Know-how ausstatten, um sich selbst bestmöglich im Internet selbst verkaufen zu können. Alle Varianten und Möglichkeiten im Direktvertrieb stellen wir unseren Kunden zur Verfügung! Daher auch der Ausbau unserer Systeme vom Gutscheinsystem hin zu einem kombinierten Ticketsystem, Produktshop oder auch Loyalty-System. Dadurch bekommen wir mehr Kraft im Vertrieb und Marketing für unsere Kunden auf den Boden.

Der Hauptsitz von Incert ist in Linz. Sie betreiben aber auch Standorte in Hagenberg, Innsbruck und Rostock. Gibt es Pläne weitere Niederlassungen aufzubauen und in welchem Markt im DACH-Raum sehen Sie für sich aktuell das größte noch brachliegende Potential?

Unser Heimatmarkt ist Österreich in welchem wir viele gute Hotels und Gastronomiebetriebe erfolgreich betreuen dürfen. Durch die weiteren Standorte stellen wir uns aber in Deutschland und in der Schweiz besser auf und haben durch unsere Mitarbeiter vor Ort mehr Nähe zum Markt und zum Kunden. Das größte Potential sehen wir jedoch im Umgang mit digitalen Medien, die in den letzten Jahren den Zugang zu unserer Technologie und das Verständnis für den Nutzen enorm geschärft haben. Nur wer seinen Mehrwert sieht, wird auch seine Prioritäten  im Betrieb danach richten.

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