Das »Henn na« Hotel in Japan setzte auf Roboter bei Check-in und Gästeservice. Inzwischen wurden die meisten Roboter aber wieder »entlassen«.

Das »Henn na« Hotel setzte auf Roboter bei Check-in & Gästeservice.

© Henn na Hotel Maihama

Kontaktlos und doch nah am Gast

Automatisierter Check-in, digitalisierte Speisekarte und Serviceleistungen ohne direkten Gästekontakt: Die Pandemie hat in der Hotellerie und Gastronomie einen Digitalisierungs-Boom ausgelöst, der die Branche nachhaltig verändern wird.

von Michael Pöcheim-Pech
26. Januar 2022

Die Zukunft stellt man sich zumeist futuristischer vor, als sie dann tatsächlich wird. Im jüngst eröffneten Restaurant »Momoda« in Graz, das seinen Gästen eine Kombination aus Teppanyaki Buffet und brasilianischen Rodizio serviert, bringt ein Roboter die bestellten Getränke an den Tisch. Er ist mehr ein Marketinggag als eine echte Verstärkung im Service. Denn auch »Momada«-Chef Thomas Liu sagt: »Personal kann der Roboter nicht ersetzen. Ohne Mitarbeiter funktioniert so ein Lokal nicht.«

In der Katzwanger Straße 150 in Nürnberg ist man da (zumindest teilweise) anderer Meinung. An dieser Adresse ist mit »Resmio« der nach eigenen Angaben führende Anbieter von Reservierungs- und Managementsystemen beheimatet. Mehr als 10.000 Restaurants in gut 150 Ländern zählt man bereits zu seinen Kunden. Sie profitieren u. a. von Tools wie der digitalisierten Speisekarte, die auch eine automatisierte Bestellfunktion ermöglicht. »Die Anfragen an unsere Systeme haben sich seit der Pandemie verdoppelt«, sagt Geschäftsführer Christian Bauer im Gespräch mit Profi. »Die aktuelle Situation hat die Digitalisierung in der Gastro extrem vorangetrieben. Die Gastronomen erkennen nun den Nutzen der Systeme. Was jetzt passiert, ist aber erst der Anfang.« Am Ende der Vision stehen voll automatisierte Abläufe, bei denen die Technologie für höchstmögliche Effizienz beim Gästekontakt sorgt: Reservierung, Tischzuteilung, Bestellung, Bezahlung, Datenerfassung, automatischer Newsletterversand.

»Die Anfragen an unsere Systeme haben sich durch die Pandemie verdoppelt.«
Christian Bauer, Geschäftsführer »Resmio«

»Entwicklungen wie diese finden derzeit in fast allen Bereichen statt«, sagt auch Juan Sanmiguel, Gründer und Geschäftsführer des Technologieunternehmens »Hotelbird«, das in Deutschland Marktführer im Bereich der digitalen und somit kontaktlosen Check-in/-out Services ist. »Der digitale Wandel war in der gesamten Hotellerie längst überfällig. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern nur noch wann die digitale Technik in einem Hotel Einzug hält. Und das gilt nicht nur für die Kettenhotellerie, sondern auch für kleinere Individualhotels«, so Sanmiguel, dessen Unternehmen inzwischen mehr als 40 internationale Hotelketten unter Vertrag hat.

Alle nötigen Formalitäten, angefangen vom Check-in inklusive des digitalen Meldescheines über den digitalen Zimmerschlüssel bis hin zur Bezahlung und Check-out können einfach über eine Software abgewickelt werden. Hotelgäste genießen mehr Freiheit durch ein komfortables und digitales Hotelerlebnis. Gleichzeitig sparen Hotels mit der smarten Technologie Zeit und Kosten und entlasten ihre Mitarbeiter an der Rezeption. Sanmiguel: »Die Pandemie hat den Digitalisierungsdruck ganz klar erhöht. Sie hat uns den Spiegel auf unseren jetzigen Stand vorgehalten und den digitalen Wandel in der Hotellerie vorangetrieben.«

»Guest Journey« über das Mobiltelefon

»Im Jahr 2021 ist es vollkommen sinnbefreit, dass wir Gäste an der Rezeption Daten auf ein Blatt Papier schreiben lassen und sie für diesen Prozess vielleicht auch noch Schlange stehen lassen«, sagt Bruno Marti, Chief Brand Officer der»25hours Hotels«. Die innovative Hotelgruppe testet derzeit an drei Standorten den Einsatz der »AeroGuest«-App, eine aus Skandinavien stammende Technologie, die die sogenannte »Guest Journey« komplett über das Mobiltelefon möglich macht – vom Check-in bis zum Öffnen der Türe, vom automatischen Ausfüllen des Meldescheins bis zur individuellen Auswahl des gebuchten Zimmers anhand des Grundrisses und natürlich die komplette Abwicklung des Zahlungsvorgangs. »Der persönliche Gästekontakt bleibt in unserer Philosophie weiterhin ein wesentlicher Bestandteil. Die Digitalisierung wollen wir behutsam und nur genau dort einsetzen, wo sie für unsere Gäste einen Mehrwert darstellt. Der menschliche Kontakt ist und bleibt für uns aber wichtig«, so Marti. Spannend seien diese Systeme vor allem für Stammkunden. »Für Neukunden ist der technische Aufwand zu groß, da ist man froh über die persönliche Beratung«, so Marti.

Auf kontaktlose Kommunikation mit den Gästen setzen zunehmend auch die Luxus-Hotelmarken wie Hyatt, Kempinski oder auch das »Atlantis the Palm« in Dubai. Sie alle zählen zu den Kunden des Österreichers Andreas Krobath und seinem auf die Hotellerie spezialisierten IT-Unternehmen »ATVisions«. »Die Kommunikation mit den Gästen ist wichtiger denn je. Allerdings muss das nicht mehr nur ausschließlich persönlich funktionieren. Heute ist es wichtig, diese Kommunikation an so vielen Touchpoints wie möglich voranzutreiben. Das reicht vom WIFI-Login und der Hotel-App bis hin zum Hotel-TV«, sagt Krobath. Wichtig sei, dass derartig angebotene Lösungen aus einer Hand stammen und die Technik damit gut zusammenspielt.

Digitalisierung ist die Gegenwart

In einem Punkt sind sich alle einig: Zukunftsmusik ist die Digitalisierung in der Branche keine mehr. »Es ist die Gegenwart«, sagt »Hotelbird«-Chef Sanmiguel. Wer die kontaktlose Strategie klug umsetzt, der kann seinen Fokus auch verstärkt auf die (unverzichtbaren) menschlichen Kontakte richten, die es dann in einer ganz neuen Qualität geben kann. Nicht zuletzt musste das auch jenes Hotel zur Kenntnis nehmen, das vor einigen Jahren als erstes Roboter-Hotel weltweit bekannt wurde. Inzwischen wurden die meisten der 200 Roboter-Mitarbeiter im japanischen »Henn na«-Hotel aber »entlassen«. Die Roboter in Menschengestalt hatten auf Fragen der Gäste keine Antwort, der Sprachassistent auf dem Zimmer weckte schnarchende Gäste, und die Kofferträger erreichten nur ebene Gänge – und damit die meisten Zimmer gar nicht. Die Zukunft stellt man sich zumeist futuristischer vor, als sie dann tatsächlich ist. In Wirklichkeit hat sie aber schon längst begonnen.

Erschienen in

Falstaff Profi Magazin

Nr. 03/2021

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