Tasting vom 15.06.2020
BORDEAUX LIEGT IM VENETO
In den norditalienischen Provinzen Verona und Vicenza wachsen seit über 150 Jahren Cabernet, Merlot und, als spezielle Besonderheit, Carménère. Spannend dabei ist, dass der Cabernet bereits um 1820 über die Habsburger und das Haus Arenberg ins Veneto kamen. Was zunächst als Cabernet (gefragt war vor allem der Franc) angesehen wurde, stellte sich später als dessen würziger Vetter Carménère heraus. Der Merlot kam um 1880 dazu. Diese Sorten haben also lange Tradition im Veneto.
Die Gebiete um den Colli Berici, den Colli Euganei, Breganze, den Colli Asolani und dem Val D’Agno zeigen sich als sehr geeignet für den Weinbau. Einige Weinberge in den Colli Euganei, stehen sogar auf vulkanischen Böden. Das verleiht den Weinen einen zusätzlich mineralisch-salzigen Touch und ausgeprägte Saftigkeit.
Dass die hier produzierten Weine definitiv unterschätzt sind, zeigt spätestens auch unsere Probe. Die Durchschnittsqualität ist hoch, vor allem bei den Top-Platzierten auf dem Stockerl. Mit dem Capo di Stato von Loredan Gasparini siegt ein Wein, den es bereits 1964 das erste Mal gab und der bei Insidern schon lange hohes Ansehen hat. Der Wein mit dem markanten Etikett vom Künstler Tono Zancanaro besteht aus Cabernet Sauvignon, Merlot, Cabernet Franc und. Bestechend durch seine Würze und seiner leichtfüßigen Eleganz und Komplexität ist er der würdige Sieger unserer Verkostung. Auf den Plätzen 2 und 3 folgen dicht der Carménère Oratorio di San Lorenzo der Familie Inama aus den Colli Berici und der Montepulgo Merlot von Masari aus dem Val D’Agno. Die Inamas sind zwar hauptsächlich für ihren hervorragenden Soave bekannt, glauben jedoch ganz fest an den Carménère und sind der treibende Motor hinter der Renaissance der Grandi Rossi Veneti. Produziert werden gleich drei Etiketten Carménère. Masaris Montepulgo hingegen besticht durch seine Saftigkeit und Salzigkeit, die er von den vulkanischen Böden des Val D’Agno erhält. Dieser reinsortige Merlot wird nur in den besten Jahrgängen produziert und gilt als kompletter Underdog. Noch.
Simon Staffler