Aufgereihte Ferraris beim »Cavallino Classic Modena 2023«.

Aufgereihte Ferraris beim »Cavallino Classic Modena 2023«.
© Nacchio Brothers

Der »Ferrari«-Chefkoch über unterschätzte Zutaten und das schwierigste Gericht seines Lebens

Riccardo Forapani lernte über ein Jahrzehnt beim legendären Massimo Bottura. Im Interview spricht der charismatische Chefkoch über die am meisten unterschätzte Zutat in der Küche, sein schwierigstes Gericht und teilt seine gastronomischen Geheimtipps.

Im Reich der gehobenen Gastronomie tanzen und harmonieren Aromen und Zutaten miteinander, um sich auf den Tellern in geschmackvolle Kunstwerke zu verwandeln. In diesem Reich gibt es einige außergewöhnliche Köche, die die Fähigkeit besitzen, Grenzen zu überschreiten und kulinarische Meisterwerke zu kreieren. Ein solcher Visionär ist Chef de Cuisine Riccardo Forapani des renommierten »Ristorante Cavallino« in Maranello – der Heimatstadt von Ferrari in der Emilia-Romagna. Mit seinem innovativen kulinarischen Ansatz und seiner unermüdlichen Leidenschaft für die Gastronomie hat sich Forapani als Wegbereiter in der kulinarischen Welt etabliert und sich aus dem Schatten einer der besten Köche der Welt hervorgekocht.

Schüler Massimo Botturas

Geboren und aufgewachsen in Mirandola, etwa 20 km von Modena entfernt, studierte Riccardo Forapani am »Istituto Alberghiero«, bevor er seine Karriere in einem kleinen lokalen Restaurant begann. Schon immer ein Bewunderer von Massimo Bottura, trat Forapani im Alter von 24 Jahren in dessen Team der legendären »Osteria Francescana« ein. Das Drei-Sterne-Restaurant zählt schon lange zu den weltbesten und wurde 2016 und 2018 zum »World’s Best Restaurant« gekürt. In den folgenden 13 Jahren arbeitete Forapani in der »Osteria Francescana« an der Perfektionierung und Modernisierung italienischer Traditionsgerichte.

Als das Projekt »Cavallino« im Jahr 2020 langsam zu seiner aktuellen Form kam, entschied sich Bottura in der Rolle des neuen Küchenchefs für Riccardo Forapani. Hier vereinen sich zwei seiner großen Leidenschaften: die Liebe zur traditionellen Küche, die er von seiner Mutter, einer großartigen Köchin aus Modena, in den Genen trägt und die Liebe zu Motoren, die er von seinem Vater geerbt hat, einem Mechaniker, der für seinen Sohn von einer Zukunft in der »Ferrari«-Welt träumte.

Der Geist des Gründers

Das »Ristorante Cavallino« befindet sich nur wenige Meter entfernt von den »Ferrari«-Werken. Der Geist Enzo Ferraris steckt in jedem Detail des historischen Bauernhauses mit elfenbeinfarbenem Terrakottaboden und eichengetäfelten Wänden: von dem ersten von »Ferrari« gewonnen Formel-1-Pokal aus dem Jahr 1952, über Original-Skizzen des Gründers für die ersten Sportwägen an den Wänden bis hin zur Gardinenspitze mit feingesticktem »Ferrari«-Emblem. Enzo Ferrari selbst aß hier zweimal täglich, bis er 1988 verstarb. Auch nach dem Tod seines berühmtesten Stammgastes wurde das Restaurant weitergeführt – 2019 wurde das »Cavallino« von seinen vorherigen Besitzern geschlossen und blieb bis zur großen Wiedereröffnung mit Chefkoch Bottura 2021 geschlossen.

Underdog, Genie oder beides?

In der Küche des Restaurants betritt man das Reich Riccardo Forapanis. Hier zaubert der lebhafte Chefkoch und verwandelt feinste regionale Zutaten auf Basis neuinterpretierter Rezepte der Emilia-Romagna in lukullische Köstlichkeiten.

Falstaff hat den jungen talentierten Chefkoch zum Gespräch getroffen und mit ihm über »Ferraris« Einfluss im »Ristorante Cavallino«, seine gastronomischen Geheimtipps in der Region und Gerichte mit kulinarischen Kindheitserinnerungen gesprochen: eine Stippvisite in der bemerkenswerten Welt dieses gastronomischen Virtuosen.

Falstaff: Was ist Ihrer Meinung nach die am meisten unterschätzte Zutat in der Küche?

Riccardo Forapani: In der Emilia ist natürlich der Parmigiano Reggiano unsere beste Zutat, die wir überall verwenden. Aber die am meisten unterschätzte Zutat? Ich würde sagen, in unserer Tradition haben wir die Cotechino-Würste. Und ich glaube, die Leute mögen sie normalerweise nicht, weil sie so fett ist. In unserem Restaurant bringen wir den Cotechino auf eine neue Ebene, indem wir ihn in eine Art Filetto Rossini verwandeln.

Wenn Sie ein Gericht für den Rest des Lebens essen müssten. Nur ein einziges Gericht. Welches wäre das?

Tortellini.

Welche Art von Tortellini?

Die Tortellini meiner Mutter.

Woraus sind die gemacht?

Tortellini alla Panna, also handgemachte Tortellini in Schinken-Sahne-Sauce. Wenn wir geboren werden, ist das erste, was unsere Mütter uns in den Mund stecken, ein Stück Parmigiano Reggiano. Das zweite sind Tortellini.

Ihre drei gastronomischen Geheimtipps in der Region?

»Franceschetta58« natürlich. »Ahimè« in Bologna ist sehr interessant. Und für mich das »Dalla Gioconda« von meinem guten Freund Davide di Fabio, mit dem ich 13 Jahre lang in der »Osteria Francescana« zusammengearbeitet habe.

Welche Rolle spielt »Ferrari« im »Ristorante Cavallino«? Im täglichen Leben, in der Küche, bei den Gerichten?

Es ist von »Ferrari« inspiriert. Vom alten Stil »Ferraris«. Wir sind inspiriert vom Look, dem ganzen Stil. Diesen alten Stil übernehmen und modernisieren ihn. Ganz wie beim »Ferrari Daytona«. Wenn Sie den »Daytona« aus den Sechzigern nehmen, den 62er »Ferrari Daytona« und daneben den neuesten »Daytona«, werden sie feststellen: die beiden eint die gleiche Linie. Und der Look, die Vorstellungskraft dabei ist so wichtig für uns. Und das versuchen wir auch in der Küche auf die Teller zu zaubern.

Welches war das schwierigste Gericht, das Sie je zubereitet haben? Und warum war es so schwierig?

Zuppa Inglese. Mütter und Großmütter machen Zuppa Inglese für die Kinder. Aber Zuppa Inglese ist nicht schön. Niemals. Es ist ein großer Kuchen, viel Sahne, viel Schokolade oder viel Alchermes (italienischer Kräuterlikör, Anm. d. Red.), zu alkoholisch. Das mag ich nicht. Aber ich habe die Idee und die Form geändert und daraus dieses wunderschöne neue Dessert kreiert. Und wenn man dieses Dessert isst, reist man zurück in das Haus der Kindheit, wo Mamma dieses nostalgische Dessert für die ganze Familie zubereitet.

Was ist die ungewöhnlichste Speisekombination, die Sie gekocht haben und die unerwartet gut funktionierte?

Aal mit Taube, gegrillt in einem Josper Holzkohleofen. Wir machen diesen glasierten Aal, der erst im Holzkohleofen gebraten wird und dann füllen wir den Aal mit Taubenfleisch und servieren ihn mit einer Zwiebelcreme und Giardiniera. Das ist für mich ein wunderbares Gericht und die beiden besten Zutaten: Aal und Taube.


Nichts mehr verpassen!

Melden Sie sich jetzt für unseren Newsletter an.

Ferdinand von Vopelius
Ferdinand von Vopelius
Portalmanager Österreich
Mehr zum Thema
Emilia-Romagna
Fasnachtschüechli
Gualtiero Marchesi verrät in dem Kochbuch «Globis italienische Küche» wie die «Chiacchiere al...
Starkoch Massimo Bottura und Kaltern-Kellermeister Andrea Moser
Südtirol
Kalterersee goes Bottura
Der oft als einfacher Jausenwein geschimpfte Kalterersee trumpft bei Massimo Bottura in der Osteria...
Von Othmar Kiem