Grundlage für Prosecco ist die lokale Glera-Traube. Um deren zartes Aroma zu erhalten, wird Prosecco im Tankgärverfahren erzeugt.

Grundlage für Prosecco ist die lokale Glera-Traube. Um deren zartes Aroma zu erhalten, wird Prosecco im Tankgärverfahren erzeugt.
© Cantine Farrari

Feine Perlen: Die besten Schaumweine Italiens

Feine Wein-Perlen liegen in Italien im Trend. Die Weingenießer lieben das feine Prickeln und die anregende Frische in den Schaumweinen. »Bollicine« – Bläschen – wird liebevoll alles genannt, was schäumt. Das können Schaumweine in klassischer Flaschengärung – Metodo Classico – oder auch solche aus Tankgärung sein. Prosecco hat Italien zum größten Schaumweinerzeuger der Welt gemacht.

Aperitivo ist in italienischen Städten ein weit verbreiteter Brauch, mehr noch, ein Lebensstil. Aperitivo markiert den Zeitpunkt, an dem die Arbeit endet und die Freizeit beginnt. Spätesten da genießen viele Italiener zum ersten Mal am Tag ein Glas »Bollicine«. Meist handelt es sich dabei um Prosecco, das kann aber auch ein Metodo Classico sein, ein feiner Franciacorta, ein rassiger Trentodoc, ein eleganter Alta Langa. Der Trend zu Produktion von Schaumweinen ist auf der gesamten Apenninenhalbinsel feststellbar. Der Schwerpunkt liegt klar in den nördlichen Regionen Piemont, Lombardei, Venetien, Trentino und Südtirol, von wo über 90 Prozent aller in Italien erzeugten Schaumweine stammen.

Beeindruckend

Italien hat eine lange Tradition in der Erzeugung von feinen Schaumweinen aus klassischer Flaschengärung. Bereits Ende des 19. Jahrhunderts waren Häuser wie Gancia, Contratto oder Martini & Rossi bei Asti im Piemont für ihre Spumanti bekannt. Zeugen dieses damals überaus florierenden Gewerbes sind die beeindruckenden Gewölbekeller, die heute als »unterirdische Kathedralen« Teil des UNESCO-Weltkulturerbes sind. Durch die beiden Weltkriege kam die Schaumweinproduktion nahezu vollständig zum Erliegen. Mit dem Alta Langa versucht man nun, an den alten Glanz anzuschließen. 2011 übernahm Giorgio Rivetti La Spinetta die Marke Contratto im Zentrum von Canelli und hauchte dem Traditionshaus neues Leben ein. Zu Beginn wurde einfach Metodo Classico erzeugt, ohne nähere Herkunftsangabe. Seitdem die von Rivetti angelegten Weinberge in den Hügeln über Alba in den Ertrag gekommen sind, setzt man bei Contratto voll auf Alta Langa. Ein Besuch in den historischen Gewölbekellerräumen von Contratto darf auf keiner Piemont-Reise fehlen.

Die beiden wichtigsten italienischen Gebiete für Metodo Classico sind die Franciacorta in der Lombardei und das Trentino. Als Franciacorta werden die Hügel am Südufer des Iseosees bezeichnet, zwischen Brescia und Bergamo gelegen. Während der letzten Eiszeit lagerte der große Alpengletscher hier Steine aus den Bergen ab. Mineralstoffreiche Böden, warme Tage und kühle Nächte sind wie geschaffen für strukturierte und bukett­reiche Grundweine. Ca’ del Bosco zählt zu den bekanntesten Erzeugern von Franciacorta. Das Haus wurde zwar schon vor Jahren von der Santa-Margherita-Gruppe übernommen, Gründer Maurizio Zanella ist aber nach wie vor fest in den Betrieb eingebunden. Mit seiner diesjährigen Kollektion beweist Ca’ del Bosco einmal mehr, dass es die Referenz für Franciacorta ist.

Eine beeindruckende Palette legt auch Monte Rossa vor. Emanuele Rabotti und seine Mitarbeiter haben gerade einen neuen Keller bezogen, der technisch auf dem letzten Stand ist. In den nächsten Jahren dürfen wir uns von Monte Rossa noch einige großartige Franciacorta erwarten. Voll überzeugen konnte dieses Jahr auch Mosnel. Das Haus hat eine klare, betont trocken gehalten Linie. Beeindruckend ist die Riedizioni-Linie, in der besonders lange auf der Hefe gereifte Preziosen aufgelegt werden. Angebaut werden in der gesamten Franciacorta in erster Linie Chardonnay und Pinot Noir. Die autochthone Sorte Erbamat steuert regionalen Charakter bei. Nach dem Vorbild der Champagne nennt sich der Schaumwein aus der Region seit 1996 einfach »Franciacorta« und trägt eine eigene DOCG-Bezeichnung.

Die Weinberge im Trentino eignen sich hervorragend für die Erzeugung feiner Sektgrundweine. Daraus entsteht Trentodoc, stets in klassischer Flaschengärung. Das hohe Renommee von Trentodoc ist in erster Linie Ferrari in Trento zu verdanken. Mit über fünf Millionen Flaschen Jahresproduktion ist Ferrari, geleitet von der Familie Lunelli, nicht nur der mit Abstand größte Erzeuger von Trentodoc, sondern auch größter Erzeuger von Metodo Classico in ganz Italien. Ferraris Riserva Giulia zählt regelmäßig zu den besten Schäumern Italiens, so auch in diesem Jahr. Im Windschatten von Ferrari bildeten sich in den vergangenen Jahrzehnten eine Reihe weiterer hervorragender Erzeuger von Trentodoc heraus. Im Grenzgebiet der Provinzen Verona und Vicenza entsteht mit Lessini Durello ein überaus interessanter Schaumwein. Die lokale Durella-Traube ist prädestiniert für die Schaumweinproduktion: Sie reift spät und zeigt markante Säure. Zu führenden Erzeugern von Lessini Durello zählt die Familie Dal Cero. Ihr Cuvée Augusto, das zehn Jahre reift, konnte uns begeistern.

Prosecco hebt ab

Dank Prosecco entwickelte sich das Veneto in den vergangenen zwei Jahrzehnten zur führenden Schaumweinregion Italiens. Der unkomplizierte und heitere Schäumer ist zum Ausdruck des italienischen Schaumweins schlechthin geworden. Rund 700 Millionen Flaschen Prosecco wurden 2022 gefüllt. 20 Prozent davon werden im Land selbst konsumiert, der große Rest geht in alle Welt. Es gilt, zwischen Prosecco DOC und Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG zu unterscheiden. Der Löwenanteil der Produktionsmenge entfällt auf Prosecco DOC, vom hochwertigeren Prosecco Superiore DOCG werden »nur« knapp 100 Millionen Flaschen erzeugt, rund 23 Millionen macht Asolo DOCG aus, der gesamte Rest entfällt auf Prosecco DOC. Die Hügel um die Orte Conegliano und Valdobbiadene nordwestlich von Treviso sind das ursprüngliche Produktionsgebiet für Prosecco, nur Schaumwein, der dort entsteht, darf sich Conegliano Valdobbiadene Prosecco Superiore DOCG nennen.

Die Weingärten für den Superiore werden in aufwendiger Handarbeit bearbeitet, die Ertragsmengen sind geringer. Das kommt im Wein durch mehr Finesse und größere Ausdruckskraft zum Tragen. Basis für Prosecco ist die Glera-Traube, die einen Anteil von mindestens 85 Prozent haben muss. Den Rest bilden weitere lokale Sorten. Die Glera-Traube zeichnet sich durch zarte Aromatik aus. Damit diese erhalten bleibt, wird Prosecco im Tankgärverfahren erzeugt. Nach einer Lagerung von drei bis vier Monaten ist der Wein fertig. Das erklärt den im Vergleich zu Metodo Classico günstigeren Preis für Prosecco.


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Erschienen in
Sparkling Special 2023

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Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
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