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Carnuntum: Im roten Wunderland

Carnuntum, ein kleines Gebiet östlich von Wien, zählt zu einer der bekanntesten Rotweinregionen Österreichs.

Obwohl erst vor 30 Jahren als eigenständiges Weinbaugebiet definiert, präsentiert sich Carnuntum heute besonders leistungsstark. Das verhältnismäßig kleine Gebiet östlich von Wien hat sich zu einer der bekanntesten Rotweinregionen Österreichs entwickelt. Seit 2019 ist Carnuntum zudem eine geschützte DAC-Herkunft.

Bis sich das heutige Weinbau­gebiet Carnuntum im Osten von Wien über die Selbstständigkeit erfreuen und unter eigenem Namen eine steile Karriere antreten durfte, firmierte die Region unter eine Vielzahl von Begriffen. So stand nach dem Weltkrieg auf den Etiketten als Herkunft bis 1971 noch Donauland, danach Traismauer-Carnuntum, von 1976 bis 1985 zählte man die Weine gar zu Klosterneuburg und bis 1993 lief man unter Donauland-Carnuntum. Erst ab da durfte die Region Carnuntum heißen und zuletzt – seit 2019 – noch mit geschützter Herkunft à la DAC.

Den Winzern der kleinen und überschaubaren Region war von Anfang klar, dass der Weg zum Erfolg nur über engen Zusammenhalt führt. Und noch bevor Carnuntum auch wirklich Carnuntum heißen durfte, schlossen sich im Jahr 1987 bereits nicht weniger als 70 Erzeuger zusammen, um eine eigene Marke namens »Primus Carnuntum« zu lancieren. In jener Zeit dominierte allerdings noch der Weißwein klar das Weinbau-Geschehen und so verwundert es nicht weiter, dass dies ein frischer, leichtfüßiger Grüner Veltliner war, bei dem man sich ein klein wenig auch an den Erfolgsrezepten der Wachauer Qualitäten Steinfeder und Federspiel orientierte.

© Stefanie Hilgarth / carolineseidler.com

Der Wechsel zu rot

In den Folgejahren aber verlagerte sich der Produktionsschwerpunkt in Richtung Rotwein. Statt nach Jungweißwein stand den Winzern in Carnuntum der Sinn nach gehaltvollen Rotweinen als Gebietsmarkenzeichen. So wurde 1992 der »Rubin Carnuntum« aus der Taufe gehoben und niemand ahnte auch nur ansatzweise, dass damit ein kompletter Paradigmenwechsel eingeläutet wurde. Für diesen Wein diskutierten die Winzer – viele der Jüngeren hatten zuvor einschlägige Praktika im Ausland absolviert – Themen, die aus heutiger Sicht längst selbstverständlich erscheinen, damals aber für viele Alteingesessene nach Revolution klangen: Grünernte, Weinlese bei maximaler Reife, einjährige Reifung im Holzfass und vieles mehr. Das erklärte Ziel war ein Rotwein, der sich vom damals aktuellen Sortiment abheben sollte, ein Wein mit Fülle, Eleganz und hoher physiologischer Reife. Der so entstandene Rubin Carnuntum war in den 1990er-Jahren der Top-Wein bei jedem Winzer des Gebietes. Und er entwickelte sich rasch zu einem Bestseller dank der generell wachsenden Beliebtheit der heimischen Rotweine und nicht zuletzt auch wegen seines ansprechenden Preis-Leistungs-Verhältnisses.

Bald stellte sich der Blaue Zweigelt als ideale Basis für dieses Konzept heraus. In der Folge zogen die Betriebe ihre Qualitätsschrauben immer weiter an und brachten neue und immer ehrgeizigere Weine auf den Markt. In den 1990er- und 2000er-Jahren wollte man beweisen, dass man in der Lage ist, Weine mit internationaler Stilistik zu produzieren. Ab den 2010er-Jahren kam es aber schließlich zu einer Besinnung auf die eigenen Werte und zur Suche nach einem selbstständigen Profil des Gebietes – was zu einem Fokus auf die Einzellagen führte.

Carnuntum war bis dahin stark von Cuvées mit Fantasienamen geprägt. Nun verlagerte sich die Aufmerksamkeit vom Keller auf die einzelnen Weinberge. Lagenreine Weine wurden zum Aushängeschild des Gebietes. Der Schritt zum Beitritt im Verein der Österreichischen Traditionsweingüter (2018) und zu einem DAC war da nicht mehr weit. Neun Einzellagen in Carnuntum wurden klassifiziert und tragen seither die Bezeichnung 1ÖTW-Lage, nämlich: Stuhlwerker, Schüttenberg, Rosenberg, Haidacker, Bärnreiser, Steinäcker, Aubühl, Kirchweingarten und Spitzerberg.

Die Terroirs in Carnuntum

Die Weinberge von Carnuntum erstrecken sich über drei Gebiete: das Leithagebirge, das Arbesthaler Hügelland und die Hundsheimer Berge. An den Hängen des Leitha­gebirges wachsen die Rebstöcke auf sehr lehmigen, schottrigen Böden mit hohem Kalkgehalt. Die Weingärten sind hier nach Westen ausgerichtet. Das bewaldete Leithagebirge schirmt diese Lagen vor den allzu warmen und oft feuchten Klimakonditionen des Neusiedler Sees ab. Hier können besonders frische und fruchtbetonte Weine produziert werden. In Trautmannsdorf, Sarasdorf, Stixneusiedl und Bruck an der Leitha sind die wichtigsten Produzenten dieser Lagen angesiedelt.

Das Arbesthaler Hügelland ist eine von Geländewellen durchzogene Landschaft, deren nach Süden ausgerichtete Hänge dem Weinbau gewidmet sind. Die höheren Lagen der Hänge sind von Schotter geprägt, während der Boden in tieferen Lagen immer mehr Lehmanteil aufweist. Die Jahressonnenscheindauer von mehr als 2000 Stunden liegt im europäischen Spitzenfeld. Der Klimamix aus warmen Luftströmungen aus dem Becken des Neusiedler Sees und frischwürzigen Luftmassen, die von der nördlich fließenden Donau und der großen Fläche des Maria-Ellender-Waldes stammen, sind die idealen Voraussetzungen für gut ausreifende, sehr aromatische Trauben, die fruchtintensive Weißweine und warme, samtige Rotweine garantieren. Arbesthal, Göttlesbrunn und Höflein sind die Weinbauzentren dieses Hügellandes.

Das Massiv der Hundsheimer Berge gehört geologisch bereits zu den Kleinen Karpaten, von denen es jedoch durch den Donaudurchbruch getrennt ist. Der Boden besteht aus Glimmerschiefer und Granitgneis, teilweise auf Kalk aufgebaut. Die beiden Berge, also der Hundsheimer und der Spitzerberg, sind nur knapp 300 Meter hoch. Da die Umgebung aber bereits zur pannonischen Tiefebene zählt, stellen diese Erhebungen tatsächlich einen »Höhepunkt« dar. Reben sind an den nach Süden und Südwesten ausgerichteten Abhängen der Hundsheimer Berge gepflanzt. Die karge Bodenstruktur und die weitaus geringeren Niederschläge als in den beiden anderen Zonen machen die Hundsheimer Berge zum »spätesten« Gebiet in Carnuntum.

Ladies and Nature first

Als Besonderheit der Region ist zu bemerken, dass außergewöhnlich viele Weingüter von Frauen geführt werden – man kann davon ausgehen, dass etwa vier von zehn Betrieben von Winzerinnen bewirtschaftet werden. Und sogar sechs von zehn Flaschen, die in der Region Carnuntum produziert werden, kommen aus Weingütern, die in weiblicher Hand sind. Eine Tendenz, die Carnuntum in der über weite Strecken von Männern dominierten österreichischen Weinwirtschaft zur charmanten Ausnahme macht. Auch die Entwicklung hin zur biologischen Arbeitsweise hat in Carnuntum einen hohen Stellenwert. Im Jahr 2023 sind bereits mehr als 40 Prozent aller Betriebe als organisch, viele weitere bereits als nachhaltig zertifiziert. Ziel der Winzer in Carnuntum ist, dass bis zum Jahr 2028 alle Anbauflächen zertifiziert biologisch bewirtschaftet werden.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2023

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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Von Redaktion