Charles Schumann

Charles Schumann
Thomas Schauer/Zwiesel Kristallgals AG

Cocktails im Kloster: Charles Schumanns einmonatiges Japan-Gastspiel

Es ist eine »Gastschicht«, so ungewöhnlich, wie es zu einer Bar-Legende passt: Vom Münchener Hofgarten wechselt Charles Schumann in einen Zen-Tempel in Kyoto. Wir haben die Details zum Gastspiel des 82-jährigen Japan-Fans.

In Tokio gab es Charles Schumann dieser Tage doppelt. In der Drink-Klassikern gewidmeten Bar »Flying Bumblebee« stand der Münchner selbst mit dem Shaker parat – im Hofgarten ein praktisch nie zu sehender Anblick – bei einer sonntäglichen Film-Soirée. Gezeigt wurde die Dokumentation »Schumanns Bargespräche«, der auch einen ausführlichen Teil über Tokio enthält. Doch diesmal ist die japanische Hauptstadt nur der Auftakt. Von 1. bis 30. März findet nämlich ein ungewöhnliches Gastspiel des »Schumann's Bar«-Gründers in der alten Kaiserstadt Kyoto statt.

Ort des Geschehens ist »Kanga-an«, ein Tempel von Ōbaku-shū, einer der Schulen des Zen-Buddhismus. Denn neben der Kontemplation und dem Rezitieren von Mantras betreiben die Mönche dort auch ein Restaurant, dessen (ausschließlich vegetarische) Küche zu den Geheimtipps Kyotos gehört. Doch selbst Japan-Kenner Charles Schumann hatte es überrascht, »dass es in dem Kloster auch eine Bar gibt«. Doch während neben Bier und Sake ansonsten vor allem eine internationale Whisky-Auswahl lockt, stehen diesen März in der Nähe der U-Bahn-Station Kuramaguchi Kreationen aus dem Münchner »Les fleurs du Mal« für die Gäste bereit.

Zurück in einem Sehnsuchtsland

»Ich muss mich vorbereiten«, feilte Schumann daher schon vor Wochen an seinen Drinks für dieses lange Gastspiel. Die Bemerkung zeigt einmal mehr die Arbeitsauffassung der Barlegende, die sich in Kyoto keineswegs im – in Japan gewaltigen! – Ruhm sonnen will. Sondern lieber im täglichen Mixen seine Cocktail-Ästhetik präsentiert. Ganz nach dem bekannten Schumann-Diktum, dass ein Drink dann perfekt ist, »wenn man nichts mehr weglassen kann«.

Die Liebe zu Japan, neben Frankreich dem zweiten Sehnsuchtsland des 82-Jährigen, ist ohnehin seit Jahrzehnten legendär. Sie geht auf Zusammenarbeiten mit dem Designer Yōji Yamamoto ebenso zurück wie eine frühe Leidenschaft für Sake im Cocktail (»Es ist nicht damit getan, Sake anstelle der Basisspirituosen zu nehmen«). Selbst bei den Cocktailgläsern präferiert Schumann »die zarten japanischen, keine dickwandigen Tumbler«. Die Sprache perfektioniert er ohnehin seit Jahren in wöchentlichen Konversationsstunden.

Der »Kanga-an«-Tempel in Kyoto. Foto beigestellt
Der »Kanga-an«-Tempel in Kyoto. Foto beigestellt
Der »Kanga-an«-Tempel in Kyoto. Foto beigestellt

Grüntee mit lokalem Allstar-Team

Es war daher auch ein logischer Schritt zu einer eigenen Produktlinie namens »Schumann's House«, die vor einigen Jahren in Japan entwickelt wurde. Seine Vertraute Maria Cobo verantwortet diese handverlesenen Produkte, zu denen neben geröstetem Grüntee (»Bo Houchjicha«) auch der berühmte Sencha der Insel Yakushima gehört. In der »Schumann’s Tagesbar« in München ist er längst ein Renner wie der stadtbekannt gute Espresso. Gemeinsam mit Gin, Sake und Honig wird daraus aber auch der mit Soda verlängerte Highball »Energy«, der Teil des Cocktail Menus in Kyoto sein könnte. Denn bis zuletzt ließ man die genaue Bar-Karte offen.

Zubereitet werden die Drinks neben Schumann himself jedenfalls von japanischen Barkollegen wie Kousei Sai (aus dem »Mimosa Pudica« in Kobe) oder Campari-Markenbotschafter Naoto Ogawa. Gemixt wird von 16.30 bis 21 Uhr, wobei das fünfköpfige Team bewusst aus japanischen Kollegen besteht. »Das kannst Du nur mit Leuten vor Ort machen«, geht es Charles Schumann nicht um den Show-Effekt. Sondern darum, einen prägenden Einfluss auf seinen Stil in dessen Heimat Reverenz zu erweisen. Mit einem von Schumanns japanischen Lieblingsausdrücken ist der Tempel-Bar daher こちらへどうぞ(kochira e dōzo) zu wünschen: »Seien Sie mir gewogen!«


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Roland Graf
Autor