© Roger Oberholzer

Schützengarten: Die Langsam-Brauer

Die St. Galler Brauerei Schützengarten ist die älteste Brauerei der Schweiz, bis heute unabhängig, traditionsreich – und genau deshalb voll im Trend.

Hinter den St. Galler Klostermauern brauten die Mönche bereits im Mittelalter Bier. Satte drei Brauereien existierten im Jahr 825, wie der Klosterplan von damals zeigt. Der Grundstein für die Brauerei Schützengarten, die älteste noch existierende Brauerei der Schweiz, die im Jahr 1779 von Johann und Ulrich Tobler gegründet wurde. Bis heute ist Schützengarten ein Familienbetrieb und unabhängig. Darauf ist man zurecht stolz, hegt und pflegt, was über die Jahrhunderte gewachsen ist.

Auch während der Corona-Krise, die das St. Galler Traditionsunternehmen wie so viele in der Schweiz vor grosse Herausforderungen stellte. «Natürlich wurden wir während der Krise gebeutelt, schliesslich gehört die Gastronomie seit jeher zu unseren Hauptabsatzkanälen. Langfristig betrachtet ist das Ganze aber positiv zu sehen, denn wir konnten auch in dieser besonders herausfordernden Zeit unseren Werten treu bleiben und unsere Unabhängigkeit bewahren. Ohne schnellen Profit zu forcieren», erklärt Peter Moor, Verkaufsleiter der Brauerei.

Die Rolle als Pionier behält die älteste Brauerei der Schweiz bis heute bei und trat beispielsweise im Jahr 2014 als erste und einzige Brauerei der Schweiz dem Club der Prädikatsbrauereien von Slow Brewing bei. Vom Lager bis zum Stout reifen alle Biere nach den Vorgaben des Vereins mindestens acht Wochen im Tank, bevor sie auf die Flasche kommen. In der heutigen Zeit, in der ein Bier in zwei bis drei Wochen hergestellt und auf den Markt gebracht werden kann, eine Besonderheit.

Bei Schützengarten nichts weiter als eine logische Schlussfolgerung des bisherigen Wirkens, denn bei der Bierqualität, die durch die schnellen Brauverfahren durchaus leidet, geht man seit 1779 keine Kompromisse ein. Das Brauhandwerk und Tradition, die damit einhergeht, werden gehegt und gepflegt. «Und ein gutes Bier braucht eben Zeit», sagt Moor.

© Thomas Hary

Schützengarten will die Schweizer Bierlandschaft aktiv mitgestalten. Will zu den Hauptakteuren gehören, dabei Tradition und Moderne auf gekonnte Weise verbinden. Vor allem will die Brauerei aus St. Gallen aber eines: Den Genuss in den Vordergrund stellen, ihn zelebrieren.

Hierbei spielt der Aufschwung, den Bier in den letzten Jahren in der Wahrnehmung der Konsumenten erfuhr, durchaus in die Karten. «Bier ist heute weit mehr als nur Lagerbier, Festzelt und Fussball-Match. Bier ist ein Genussprodukt», erzählt Moor. Und fügt an, dass die Craftbierszene in den letzten Jahren viel in Bewegung brachte, auch bei grösseren Brauereien wie Schützengarten.

Ein Kind dieser Entwicklung ist beispielsweise die neue alkoholfreie Bierlinie, welche die Brauerei im letzten Jahr lancierte. Darunter findet sich etwa ein alkoholfreies Pale Ale, das trotz null Alkohol, aber dank drei verschiedener Hopfensorten mit maximalem Geschmack besticht.

Davon konnte sich auch die Falstaff-Redaktion überzeugen, die das Bier bei einer kürzlichen Degustation mit satten 90 Punkten kürte. Ein extrem hoher Wert für ein Bier ohne den intensivierenden Geschmacksträger Alkohol. Extrem hoch ist auch das Engagement der St. Galler Brauerei, was das Thema Nachhaltigkeit angeht. Auch hier ist sie Pionier. Bereits im Jahr 1895 baute Schützengarten ein eigenes Wasserkraftwerk an der Sitter, bespeiste neben den eigenen Anlagen auch die ersten elektrischen Strassenlaternen der Stadt St. Gallen mit Strom und ist heute laut Moor unabhängig von externer Energie.

Mit zusätzlichen Fotovoltaikanlagen auf dem Dach der Brauerei produziert Schützengarten sogar zu viel Strom, die überschüssige Energie wird in das allgemeine Stromnetz eingespeist. Auch im sozialen Bereich engagiert sich Schützengarten seit langer Zeit und intensiv.

Neben über 1'000 Vereinen, die man unterstützt, engagiert man sich mit der Billwiler-Stiftung pro Jahr bei über 100 Projekten im kulturellen und sozialen Bereich in der gesamten Deutschschweiz. Diese reichen von Konzerten, bis hin zu Engangements im Rahmen von Projekten wie «Tischlein deck dich» beispielsweise, bei dem Menschen in Not mit Lebensmitteln versorgt werden.

Schützengarten ist schon lange nicht mehr nur in St. Gallen zu Hause. Auch in Winterthur, Luzern und Zürich wird das Bier aus dem Osten der Schweiz immer beliebter. Früher undenkbar laut Moor, doch heute spiele der Lokalpatriotismus vielerorts eine untergeordnete Rolle.

Werte, wie sie Schützengarten vertritt, ihre Unabhängigkeit und die Tradition, werden dafür immer wichtiger. «Zürich bietet gastronomisch sehr viel. Und für uns ist es immer wieder eine Bestätigung, dass wir auf dem richtigen Weg sind, wenn ein Restaurant dort unser Bier anbietet. Wobei es doch mal vorkommt, dass ein FCZ-Fan unser Bier nicht will, weil wir Sponsor des FC St. Gallen sind», sagt Moor und lacht.

Schützengarten wurde 2014 als
erste und bisher einzige Brauerei der Schweiz mit dem Slow-Brewing-Gütesiegel ausgezeichnet.


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