Die »Riesling-Versteher« Franz III. und Franz jun. sind bei ihren Weinen stets einer Meinung: Nur die höchste Qualität besteht.

Die »Riesling-Versteher« Franz III. und Franz jun. sind bei ihren Weinen stets einer Meinung: Nur die höchste Qualität besteht.
© Julius Hirtzberger

Warum die Hirtzberger Rieslinge weltbekannt sind

Der Riesling aus der Wachauer Terrassenlage Ried Singerriedel vom Weingut Hirtzberger ist der vielleicht bekannteste Weißwein Österreichs. Seit dem Premierenjahrgang 1988 fasziniert er Liebhaber auf der ganzen Welt.

Der Name Hirtzberger taucht das erste Mal im Jahre 1757 nachweislich in der Wachau auf. Ein Schneider namens Martin Hiertzberger war damals aus dem steirischen Pöllau als Geselle nach Wösendorf zugezogen, wo er nun ansässig wurde. Sein Sohn Leopold war ebenfalls gelernter Schneider, heiratete eine Hauerstochter aus Feuersbrunn und betätigte sich bereits um das Jahr 1800 nebenbei als Weingärtner. Ende des 19. Jahrhunderts übersiedelte sein Nachfahre Eduard Hirtzberger von Wösendorf nach Spitz, wo er als Hauer und Essigproduzent erfolgreich war. Und sein 1890 geborener Sohn Franz kann als Gründer des heute längst legendären Weinguts Franz Hirtzberger gesehen werden, das sich in einem schmucken, uralten Hauerhof aus dem 13. Jahrhundert am Fuße eines steil aufragenden Weinbergs namens Singerriedel etablierte. Franz Hirtzberger II., im Jahre 2007 im 85. Lebensjahr verstorben, legte nicht nur den qualitativen Grundstein in der Weinproduktion, er hinterließ den kommenden Winzergenerationen der Wachau auch ein wichtiges Erbe: Im Jahr 1972 wurden Pläne zur Errichtung eines Donaustaukraftwerks in der Wachau bei Rossatz bekannt. Hirtzberger gründete als damaliger Bürgermeister von Spitz den »Arbeitskreis zum Schutz der Wachau« und organisierte mit Gleichgesinnten den Widerstand gegen das Stauprojekt, von dem negative Auswirkungen für den Weinbau und die einzigartige Kulturlandschaft befürchtet wurden. Abertausende Unterschriften wurden gesammelt, Prominenz aus Kunst, Kultur und Wissenschaft mobilisiert, ein Blaubuch verfasst und Regierung und Bundespräsident überreicht. Zu guter Letzt sah die Donaukraftwerksgesellschaft DOKW vom Bau ab, und die Wachau durfte ihr altes Antlitz bewahren. Sie wurde im November 2000 in die Liste des UNESCO-Weltkulturerbes aufgenommen.

Bereits seit dem 13. Jahrhundert besteht der Winzerhof in Spitz, seit Anfang des 19. Jahrhunderts ist er Sitz der Familie Hirtzberger.
© Julius Hirtzberger
Bereits seit dem 13. Jahrhundert besteht der Winzerhof in Spitz, seit Anfang des 19. Jahrhunderts ist er Sitz der Familie Hirtzberger.

Riesling-Mekka Spitz

Die malerische Marktgemeinde Spitz an der Donau ist das Tor zum flussabwärts gelegenen, klassischen Anbaugebiet der Wachau. Die Ortschaft schmiegt sich an den Tau­send­eimerberg, was ihr den Ruf eingebracht hat, »sie hätte am Hauptplatz einen Weinberg« stehen. Während am unteren Ende der Wachau bei Loiben noch deutliche Einflüsse des warmen pannonischen Klimas prägend sind, herrschen in Spitz, an der Grenze dieser Klimazone, merklich kühlere Bedingungen. Die Unterschiede zwischen Tages- und Nachttemperaturen sind hier deutlich ausgeprägter. Der Spitzer Graben führt zusätzlich kalte Luft vom Waldviertel Richtung Donautal heran, was dazu beiträgt, dass die Reifebedingungen bei Spitz etwas weniger günstig erscheinen als vergleichsweise in Loiben oder Dürnstein. Es dauert hier länger, bis die Trauben die volle Reife erreichen, und die Bedingungen prägen im Ergebnis den unverwechselbaren Stil der Spitzer Gewächse. Die Weine gelten als zartfruchtig, sind feiner strukturiert, zierlicher im Bukett und wirken oft leichtfüßiger als andere Wachauer Herkünfte. Sie benötigen Zeit, um sich vollends zu entwickeln, auch Dekantieren hilft den Weinen, ihre feine Aromatik im Glas zu zeigen.

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Auch in Niederösterreich gibt es eine Vielzahl begehrenswerter (Wein)-Wanderwege.
© Markus Haslinger / pictureesk
Auch in Niederösterreich gibt es eine Vielzahl begehrenswerter (Wein)-Wanderwege.

Weingut von Weltrang

Seit den Achtzigerjahren sind Irmgard und Franz Hirtzberger III. die treibenden Kräfte bei der Weiterentwicklung des kleinen Weinguts hin zum Betrieb internationalen Ranges, den es heute darstellt. Bei der Übergabe des Weinguts von Franz II. an Franz III. bestand es aus etwas über sechs Hektar in bester Lage, um das Jahr 1980 waren davon vier Hektar mit Grünem Veltliner und je ein Hektar mit Riesling und Müller-Thurgau bepflanzt. Heute stehen Franz Hirtzberger IV., der nun gemeinsam mit seinem Vater für den Keller die Verantwortung trägt, bereits stattliche 25 Hektar zur Verfügung.

Der schrittweise und unermüdliche Ausbau der Ried Singerriedel, Heimat eines der weltweit begehrtesten Rieslinge, steht für das organische Wachstum, das das Weingut in den letzten Jahrzehnten verzeichnen konnte. In mühevoller Handarbeit wurden verfallene Terrassen in dem steilen Hang rekultiviert und so dem Berg Jahr für Jahr mehr Fläche für den Riesling abgerungen. Bei diesem unmittelbar hinter dem Gutshaus gelegenen Weinberg ist der Boden extrem mineralisch, hier bieten Paragneis, Glimmer und Schiefer, aber auch erzhaltiges Gestein das Fundament für die Weine der Familie.

Die Hirtzbergers verstehen sich als Wein-Gärtner, und die Pflege der Reben ist eine echte Familienangelegenheit. »Wir kennen alle unsere Rebstöcke beim Namen«, schmunzelt Franz Hirtzberger – und meint es doch ganz ernst. Die Pflege, die man den Weingärten angedeihen lässt, sieht man den prächtigen Anlagen an, Tausende Arbeitsstunden werden von den Familienmitgliedern, Mitarbeitern und Praktikanten vom Frühjahr bis zur Ernte investiert.

Wachauer Klassiker

Das Sortiment des Weinguts Hirtzberger beginnt mit einem feinziselierten, trinkfreudigen Grünen Veltliner der leichtesten Kategorie der Wachauer Trilogie, der »Steinfeder« aus dem Donaugarten, einer flussnahen Lage mit Schwemmböden auf Donauschotter. Die Kategorie von 11,5 bis 12,5 Prozent Alkohol, das »Federspiel«, wird bei Hirtzbergers von einem Grünen Veltliner »Rotes Tor« und vom Riesling »Steinterrassen« abgedeckt. Die große Mehrzahl der hier abgefüllten Weine entspricht aber der Top-Kategorie »Smaragd«. Den Einstieg bietet auch hier der Grüne Veltliner »Rotes Tor«, dann folgen die Lagenveltliner:

  • der würzig-salzige »Wösendorfer Kirchweg«,
  • der saftige »Spitzer Axpoint«
  • und der ungemein facettenreiche »Spitzer Hochrain«, eine herausragende mineralische Südlage am Fuß des Singerriedels.

Freunde weißer Burgundersorten schätzen die klassisch ausgebauten Weißburgunder, Grauburgunder und den Chardonnay, der zum Bedauern der Wachauer nicht als Feinburgunder bezeichnet werden darf. Auch der stoffig-milde Neuburger fehlt nicht im Sortiment. In geeigneten Jahrgängen werden zudem edelsüße Spezialitäten gekeltert. Rieslingfreunde schließlich können aus vier Lagen-»Smaragden« wählen:

  • Auf 300 Metern Seehöhe liegt am Eingang zum Spitzer Graben die Ried Setzberg auf reinem Gneisverwitterungsboden. Kühle Fallwinde vom Norden und das Terroir lassen hier kühl-rassige Rieslinge entstehen.
  • Die Ried Steinporz, ein mittelhoch gelegener Terrassenweingarten, steht auf verwittertem Paragneis mit geringer Humusauflage.
  • Der Hochrain liegt unter dem Singerriedel hinter dem Weingut, wo eine dünne Schicht sandigen Lehms den Verwitterungsboden bedeckt.
  • Der berühmteste Wein des Hauses ist der Riesling aus der Traumlage Singerriedel. Das erste Drittel dieser Ried ist nach Südosten orientiert, der Hauptteil nach Süden, und das letzte Stück wird noch am späten Nachmittag von der Sonne verwöhnt. »In den Mauern der Terrassen wohnen unzählige Grillen, die in den frühen Abendstunden zirpen. Dann beginnt der Weinberg zu singen – so kam der Singerriedel wohl zu seinem Namen«, erzählt Franz Hirtzberger.
Grosse Weissweine werden durch Reife nur noch besser. Franz Hirtzberger jun. (eigentlich Franz IV.) in der gut bestückten «Schatzkammer» des Weinguts.
© Raphael Gabauer
Grosse Weissweine werden durch Reife nur noch besser. Franz Hirtzberger jun. (eigentlich Franz IV.) in der gut bestückten «Schatzkammer» des Weinguts.

Einzigartiges Trinkerlebnis

Angestrebt wird beim Singerriedel die höchste denkbare Reife, daher werden die Trauben hier selten früher als Anfang November geerntet. Die Lese – sie dauert manchmal bis in den Dezember – besorgt ein eingespieltes Team von Erntehelfern, bis zu vier Durchgänge werden gemacht. Sollte etwas Edelfäule auftreten, bereitet das kein Kopfzerbrechen. »Wir streben die Botrytis nicht an, aber einem großen Riesling hat ein bisschen davon noch selten geschadet, solange es sich um eine gute, gesunde Edelfäule handelt«, so Franz Hirtzberger, der beim Ausbau je nach Jahrgang auf eine Maischestandzeit von zehn bis fünfzehn Stunden, Gärung im Edelstahl und Ausbau im großem Akazien-Holzfass setzt. Seit dem »Smaragd«-Premierenjahrgang 1988 gibt es eine ununterbrochene Reihe von Singerriedel-Weinen, von denen jeder einzelne für sich ein einzigartiges Trinkerlebnis und einen Spiegel seines Jahrgangs darstellt. Zu den zahlreichen Stars unter den über 30 bisher produzierten Jahrgängen sind 1990, 1997, 2005, 2007, 2011, 2013 und 2017 zu zählen, wobei gerade das letzte Jahrzehnt absolut nicht mit großen Weinen geizte.

Restaurant und neues Weingut

Im Sommer 2013 startete die Familie eine Mission back to the roots: In Wösendorf, wo sich seinerzeit der erste Hiertzberger niederließ, wurde der Florianihof erworben, und seit 2014 ist dort das Restaurant »Hofmeisterei Hirtzberger« untergebracht. Das Gasthaus ist zuletzt vom Falstaff-Restaurant­guide mit 92 Punkten und drei Gabeln ausgezeichnet worden. 2014 schließlich hat auch Mathias, der jüngere Sohn, sein eigenes Weingutprojekt gestartet, die »Weinhofmeisterei«. Und 2019 konnte er mit Ehefrau Hanna das sehenswerte neue Gut in Wösendorf eröffnen, wo er Weine aus besten Wösendorfer Lagen mit sicherer Handschrift vinifiziert. Und in der »Hofmeisterei« stehen selbstverständlich die Weine beider Söhne auf der umfangreichen Weinkarte.

Tasting: Best of Hirtzberger

Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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