Eine Traumtänzerei zwischen Edelrosenblüten, Inselidylle und Märchenpanoramen.

Eine Traumtänzerei zwischen Edelrosenblüten, Inselidylle und Märchenpanoramen.
© Zürich Tourismus

Long Weekend Zürich: Kleine Fluchten

So sehr Zürich mit Kultur und Köstlichkeiten lockt, zahlt es sich doch manchmal aus, der Stadt an der Limmat untreu zu werden und auch die Schönheiten im Umland zu besuchen.

Nach der Ankunft in Zürich beziehen wir ein schönes Zimmer im Hotel «Florhof», einen Steinwurf vom Kunst- und Schauspielhaus entfernt. Obwohl mitten in der Stadt gelegen, ist das gastliche, sanft modernisierte Haus aus dem 18. Jahrhundert, ein ehemaliges Patrizieranwesen der Familie Oeri-Lavater, eine Oase der Ruhe in der hektischen City. Wir ruhen uns im friedvollen Garten aus und machen uns dann zu Fuss auf zum Abendessen ins Restaurant «Gustav». Dabei durchqueren wir die Altstadt und passieren im Niederdorf am Neumarkt 27 das Geburtshaus zum Goldenen Winkel des Schweizer Nationaldichters Gottfried Keller (1819-1890) und darauf den Wohnort der Jugendjahre im Haus zur Sichel am Rindermarkt 9.
Über die Limmat spazieren wir zur Bahnhofstrasse und erreichen das neue Quartier Europaallee am Rande der Bahngeleise. Das von Spitzenkoch Antonio Colaianni bespielte Restaurant «Gustav» am Gustav-Gull-Platz besitzt eine Champagner-Karte, die sich gewaschen hat. Sie zählt 125 Positionen und enthält die besten Winzerchampagner und ausgesuchte Preziosen der grossen Häuser. Es wird mit einem niedrigen fixen Zuschlag gerechnet, so dass auch die besten Schäumer erschwinglich werden. So läuten wir unser Zürich-Weekend mit einer Flasche Champagner ein, bevor wir uns Colaiannis geschmacksintensiver, sinnlicher Küche hingeben.
Sie verbindet italienische Finesse mit grossem Handwerk. Unbedingt probieren muss man beispielsweise seine Variante der Bouillabaisse: grossartig die Geschmackstiefe des Süppchens, eine Cuvée aus Fischfond, Krustentiernage, Hühnerbouillon, Noilly Prat und Mandarinenöl. Auf den Punkt gegart die darin badenden Fische und Schalentierchen. Der Weg zurück in den Florhof gerät zu einem vergnüglichen Verdauungsspaziergang. Wer dabei mit einem Absacker in einer der vielen Bars des Niederdorfs nachhilft, geht sicherlich nicht fehl.

Anderntags wird ausgeschlafen und gefrühstückt. Darauf gilt es einen Entscheid zu treffen: Bleiben wir in der Stadt oder machen wir einen Ausflug aufs Land und verbinden das Unternehmen mit einer Schifffahrt? In der Stadt bietet sich ein Besuch des Landesmuseums mit seinem neuen, verspielten und wuchtigen Erweiterungsbau an. Aktuell schaut das Landesmuseum in die Kochtöpfe der Schweizer unter dem Motto «Was isst die Schweiz?». Zudem geht das Museum in der Dauerausstellung «Geschichte der Schweiz» der Frage nach, warum die Schweiz im 19. Jahrhundert zu dem wurde, was sie heute ist.
Bevor wir uns am Nachmittag einem öffentlichen Stadtrundgang durch die Altstadt anschliessen (Beginn 15 Uhr, Startpunkt Zürich Information im Hauptbahnhof Zürich), sollte vielleicht noch der kleine Hunger gestillt werden. Der Engadiner Edelmetzger Ludwig Hatecke hat hinter dem Löwenplatz eine Filiale eröffnet – die Bacharia Alpina Hatecke. Hier gibt es eine wunderbare Gerstensuppe oder ein köstliches Fleischplättli. Für die Land- und Seepartie dagegen besteigen wir am Bahnhof Stadelhofen die S 7 nach Rapperswil. Wir fahren entlang der Goldküste zum hübschen Rosenstädtchen am oberen Ende des Zürichsees, das nicht mehr zum Kanton Zürich, sondern zu St. Gallen gehört. «Rosenstadt» nennt sich der Ort, weil zwischen Juni und Oktober rund 15.000 Edelrosen in den Gärten und Gassen in und um die Altstadt blühen. Wir besichtigen die historische Altstadt und steigen zum Schloss hinauf, das – im frühen 13. Jahrhundert erbaut – hoch über dem Zürichsee thront.

Auf zur Klosterinsel Ufenau

Nach der Stadtbesichtigung und/oder einem vor allem jüngere Gäste begeisternden Besuch des Knie Kinderzoos geht es mit dem Schiff hinüber zur Insel Ufenau. Es fährt um 13.30 oder 15.30 Uhr. Die Insel Ufenau gehört seit 965 dem Kloster Einsiedeln und ist öffentlich zugänglich. Sie ist die grösste Insel der Schweiz, die nicht über eine Brücke mit dem Festland verbunden ist, und liegt im Naturschutzgebiet und in der Moorlandschaft Frauenwinkel. Zur Insel gehören die Kirche St. Peter und Paul sowie die Kapelle St. Martin, beide aus dem Mittelalter stammend. Die 1681 erbaute Gastwirtschaft «Haus zu den zwei Raben» wurde kürzlich nach aufwendiger Sanierung neu eröffnet und lohnt eine Einkehr. Empfehlenswert sind die klostereigenen, in Freienbach in der Leutschen wachsenden Weiss- und Rotweine. Sie werden in Einsiedeln im Klosterkeller gekeltert. Allerdings sollte man nicht zu tief ins Glas schauen, denn es gilt das letzte Kursschiff nicht zu verpassen.
Es bringt einen um 17.47 in einer prächtigen, einstündigen Fahrt über den See zurück nach Zürich.
Schweizer Weine stehen auch beim Abendessen auf dem Programm. Wir besuchen die «Wirtschaft Neumarkt» mit dem schönsten Restaurantgarten von Zürich. Das «Neumarkt» des stadtbekannten Wirts René Zimmermann ist Partnerrestaurant des «Mémoire des Vins Suisses». Es offeriert auf seiner fabelhaften Weinkarte ausgesuchte und rare Tropfen von fast allen Mitgliedern dieser exklusiven Schweizer Winzervereinigung. Und das notabene zu einem äusserst fair kalkulierten Preis.

Heute werden wir Zürich erneut für ein paar Stunden untreu. Wir planen einen Tapetenwechsel und fahren in die Innerschweiz. Eine halbe Stunde bloss benötigt die Bahn ab Hauptbahnhof nach Zug. Zug ist klein (30.000 Einwohner), schmuck, mit einer pittoresken, bis ins kleinste Detail herausgeputzten Altstadt und dazu einmalig gelegen am idyllischen Zugersee. Der ergiebige Altstadtbummel dauert eine Stunde und führt an den zwölf wichtigsten Stationen vom Zytturm bis zum Kolinbrunnen, vom Rathaus bis zur Kirche St. Oswald. Zug Tourismus hat hier ein informatives Detailblatt vorbereitet (www.zug-tourismus.ch). Zur Route gehören auch das Kunsthaus und das historische Museum Burg, die beide einen Besuch lohnen.
Als kulinarischen Zwischenhalt bieten sich Stefan Meiers «Bistro im Rathauskeller», der «Widder» oder das «Schiff» an. Nicht verpassen sollte man den Genuss einer Tranche Zuger Kirschtorte. Die von Speck, Meier (neu: Strickler) oder Treichler gelten als die köstlichsten.  Wer danach noch einen überwältigenden Blick auf Zug, den See und die Innerschweizer Alpen werfen will, steigt auf den 1000 Meter hohen Zugerberg. Er fährt mit Bus Nummer 11 zur Talstation Schönegg und nimmt die Bahn. Die Fahrt dauert acht Minuten. Nach den ein- bis vierstündigen, total erholsamen Streifzügen über den Bergrücken kehren wir wacker und in aufgefrischter Verfassung wieder nach Zürich zurück.

Dort sind dann schon der letzte Abend und das letzte Abendessen angesagt. Es liesse sich nun die exquisiteste Karte ziehen und bei Heiko Nieder im «Dolder Grand» («The Restaurant») oder bei Stefan Heilemann («Restaurant Ecco») im «Atlantis» zu Tisch sitzen. Beide kochen modern, hochartifiziell und auf Weltklasse­niveau. Etwas bescheidener, aber nicht minder authentisch isst es sich bei Didi Brunau in «Didi’s Frieden» an der Stampfenbachstrasse in der Nähe des Central. Brunau serviert eine Art edle Grossmutterküche, begleitet von immer wieder überraschenden Abstechern ins Leichte, Elegante, Unerwartete. Dazu präsentiert er eine originelle und klug durchdachte Weinkarte. Wenn eine Reservation bei allen Adressen angeraten ist, hier ist sie besonders am Platz.
Heute am Abschiedstag beschränken wir uns auf ein knappes Frühstück im Florhof, packen, deponieren das Gepäck im Hotel und besuchen zum Abschluss das nahe Kunsthaus. Angesagt im Kunsthaus am Pfauen ist die Ausstellung «visionäre Sachlichkeit» mit Bildern von Magritte, Dietrich und Rousseau sowie die spektakuläre, weit in die Tiefe der Kunstgeschichte zurückgreifende Sammlung.  Für ein letztes Essen fahren wir ins nahe Restaurant Sonnenberg hoch, geniessen nochmals die Aussicht auf See und Stadt und huldigen dort dem Sonntaglunch –  schliesslich will die Rückreise nicht verpasst werden. Marcus G. Lindner, einer der besten Köche der Stadt, bietet im Restaurant der Fifa, das kürzlich in die Vereinigung «Les Grandes Tables de Suisse» aufgenommen wurde, am Sonntag zwischen 12 und 15 Uhr ein grandioses Gourmetbuffet an. Der Preis für die kulinarische Reise beträgt 108 Franken pro Person, inklusive eines Glases Champagner. Damit lässt sich trefflich auf das gelungene Long Weekend in Zürich anstossen.

Martin Kilchmann
Martin Kilchmann
Wein-Chefredakteur Schweiz
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