Herbert Diess © Privat

Herbert Diess © Privat

Herbert Diess im Interview: Vom VW-Chef zum Schnapsbrenner, Rinderzüchter und Hotelier

Der ehemalige CEO der Volkswagen AG verrät, was er mit seinen neuen Unternehmen alles vor hat und wie es überhaupt dazu gekommen ist.

von Julia Weninger
04. April 2024

Für viele erfolgreiche Führungskräfte stellt sich früher oder später die Frage nach dem Leben nach der Karriere. Einige entscheiden sich für ein ruhiges Rentnerdasein, andere suchen nach neuen Herausforderungen oder engagieren sich in sozialen Projekten. Doch für Herbert Diess, der ehemalige CEO der Volkswagen AG, war der Übergang in den Ruhestand nicht das Ende, sondern der Beginn eines aufregenden neuen Kapitels.

Seit über einem Jahrzehnt hat Diess seine Augen auf ein ganz besonderes Projekt gerichtet – die Restaurierung und Umgestaltung eines historischen Anwesens in den malerischen Naturschutzgebieten zwischen Bilbao und Santander. Doch hinter den restaurierten Mauern von »Pico Velasco« verbirgt sich nicht nur ein Rückzugsort für den ehemaligen Manager, sondern auch der Keim für ein neues unternehmerisches Abenteuer.

Schauen, was die anderen so machen

Bereits vor über zehn Jahren kaufte sich der deutsche Top-Manager und heutige Aufsichtsratsvorsitzende von »Infineon« das historische Gebäude »Pico Velasco«, das 1653 vom ersten Grafen aus dem Geschlecht der Pico Velasco im heutigen Naturschutzgebiet »Las Marismas de Santoña«, zwischen Bilbao und Santander errichtet wurde, und begann dann mit der Restaurierung. »Ganz klar denkt man als Manager auch an die Zeit danach – wenig, weil man wenig Zeit hat, aber eben doch«, erzählt Diess im Gespräch mit Falstaff. Natürlich habe er erst einmal geschaut, »was die anderen so machen«. Von denen gibt es für Diess zwei Kategorien: Die, die einfach weiterarbeiten an den selben Themen bis zum Untergang oder völliger Inkompetenz, weil sie nicht mehr offen genug für Neues sind und die, die an Themen weiterarbeiten, die ihnen Spaß machen, die Welt verschönern und dabei auch noch etwas lernen.

Für ihn selbst sei schnell klar gewesen, dass er etwas mit Landwirtschaft machen wolle. »Meine Großeltern waren Landwirte – damals ein Wirtschaftssektor mit hoher Beschäftigung. Fast alle Ferien habe ich auf dem großelterlichen Bauernhof im Innviertel verbracht. Je nach Jahreszeit standen Ernte, Acker, Obst, Waldarbeit und Wartungsarbeiten am Programm«, so Diess. Die größte Freude habe ihm aber das Traktorfahren bereitet. Kein Wunder also, dass er sich bereits zwischen Bilbao und Santander eine kleine Landwirtschaft gekauft hat. »Ein Platz, der der Familie ins Herz gewachsen ist«, erzählt er.

Expertise vom »Schnaps-Papst«

Vom Wetter und den Bodenverhältnissen begünstigt, wäre dort eigentlich ein guter Ort für Wein. »Und eigentlich macht man als Ex-Auto Mann auch Wein«, schmunzelt er. Bernd Pischetsrieder, Ex-Vorstandschef von BMW und Volkswagen, wurde zum Winzer, der ehemalige Vorstandsvorsitzend der »Premier Automotive Group«, Wolfgang Reitzle, ebenso.

Dem Meer zugewandt nach Norden mit kalkig sandigen Böden sei die Location aber besser für Obst geeignet, wie ihm auch »Schnaps-Papst« Hans Reisetbauer versicherte. »Es stellte sich also nur mehr die Frage: Was sollen wir brennen? Apfelanbau ist verbreitet – die Cidres des angrenzenden Asturien sind weltberühmt. Nach Überlegungen zur Elsbeere kamen wir schließlich auf die exklusive Rote Williams«, verrät der frühere VW-Boss.


Erdproben wurden genommen, die Wettertafel und Sonnenstunden verglichen und in Südtirol 1.000 »Rote Williams«-Bäume gekauft. »Schon im zweiten Jahr konnten wir das erste Mal brennen. Wir waren begeistert. Milperales‹ war geboren«, erzählt Diess nicht ohne Stolz. Das Klima, der ökologische Anbau, der Boden und der extrem optimierte und saubere Prozess bei Reisetbauer in Axberg liefern ein ganz herausragendes Produkt. Diese konnte in den ersten beiden Jahren nur von Freunden genossen werden, mittlerweile reicht die Ernte für einen kleinen Kreis von Kunden, die gerne einen guten, speziellen Obstbrand trinken.

»Wie früher auf dem Bauernhof meiner Großeltern: die Kinder helfen, wenn sie da sind, im Obstgarten mit und unsere Künstlerin Caro gestaltet die Etiketten jedes Jahr neu, Sandra die Mutter meines Patenkindes kümmert sich um die Buchhaltung. Und natürlich hilft Hans immer mit: bei der Qualitätsüberwachung, beim Brennen, und mit seiner Logistik«, erzählt der Neo-Brenner.

Nachhaltigkeit ist dem ehemaligen Manager ein überaus wichtiges Anliegen. Das beginnt bei den Birnen, die nicht gespritzt werden, zieht sich über das Hotel weiter, das ganz auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist, und endet bei den Rindern. 20 Stück grasen auf dem Anwesen, für jedes Rind steht ein Hektar zur Verfügung. »Es wird nichts zugefüttert, ganzjährig frisches Weidegras und Kräuter machen ein herrlich frisches Aroma«, schwärmt Diess. Kosten kann man es, wie könnte es anders sein, im »Hotel Restaurant Pico Velasco« unter der Leitung von Sternekoch Ignacio Solana.

Ein Hobby, das sich lohnt

»Milperales« hingegen wird überwiegend in Kitzbühel, bei weisshaus.at und in ausgewählten Geschäften in München vermarktet.  Die Einnahmen aus dem »Milperales«-Projekt dienen dazu, das Landgut zu erhalten und auch das Hotel noch mit einem – laut Diess für Spanien sehr eigenwilligen – besonderen Produkt zu ergänzen. »Ich mache das als Hobby, aber es muss sich lohnen«, so Diess abschließend.

Lesenswert

Johannes Kattus, Karl Wurm und Maximilian Nimmervoll, Foto beigestellt

Johannes Kattus, Karl Wurm und Maximilian Nimmervoll, Foto beigestellt

Großhandel

Aus »Kattus-Borco« wird »Johann«

Zurück zu den Wurzeln: »Kattus« stellt sein Getränke-Vermarktungsunternehmen neu auf und benennt es nach dem Gründer Johann Kattus. Karl Wurm übernimmt als Managing Director.

Marek Andryszak © Tui/Christian Wyrwa

Marek Andryszak © Tui/Christian Wyrwa

Karriere

»DSR Hotel Holding« holt Ex-»Tui«-Chef Marek Andryszak

Der 51-Jährige folgt auf Karl J. Pojer.

Frank Lindner, Arno Schwalie und Stefanie Brandes © Lindner Hotels AG

Frank Lindner, Arno Schwalie und Stefanie Brandes © Lindner Hotels AG

Hotellerie

Stefanie Brandes verlässt die »Lindner Hotel Group«

Die 49-Jährige wird COO bei »Dorint«.

Christian und Barbara Wymetal © SeVi

Christian und Barbara Wymetal © SeVi

Interview

»Wir wurden angesehen, als kämen wir von einem anderen Stern«

Christian Wymetal ist Hotelier im Paradies – nämlich auf Sansibar. Im Interview mit PROFI erzählt er, wie es dazu gekommen ist, womit er seine Frau und seinen Hotelmanager zum Verzweifeln bringt, wie der wachsende Tourismus Sansibar verändert hat und dass es gar nicht so einfach ist, einen österreichischen Spitzenkoch auf die Insel zu locken.

Luciana Jezerčić © Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München

Luciana Jezerčić © Hotel Vier Jahreszeiten Kempinski München

Karriere

Ein Job mit Zukunft: Feel Good Manager:in

Sie denken Personalführung und Arbeitsplätze neu, haben ein offenes Ohr für die Anliegen der Mitarbeiter:innen und trotzen auf diese Weise dem Fachkräftemangel. Gestatten: Feel Good Manager:in.

Eckhart Hilgenstock, Foto beigestellt

Eckhart Hilgenstock, Foto beigestellt

Interview

Revolution durch Künstliche Intelligenz: Wie Unternehmen in Hotellerie und Gastronomie durch KI-Innovationen profitieren können

Im Interview mit PROFI spricht Berater, Coach und Manager Eckhart Hilgenstock über sein neues Buch »KI-Einsatz in Unternehmen: Chancen, Risiken, Erfolge« und hat auch ein paar Tipps für Hoteliers und Gastronomen, die digital einen Gang hoch schalten wollen.

Meist gelesen

Karin Mitchel © Susanne Böcksteiner

Karin Mitchel © Susanne Böcksteiner

Interview

Die Zukunft des bargeldlosen Zahlungsverkehrs

Erfahren Sie, wie innovative Lösungen den bargeldlosen Zahlungsverkehr revolutionieren und Unternehmen dabei helfen, ihre Prozesse zu optimieren und ihre Mitarbeiter:innen zu entlasten. Im exklusiven Interview spricht »Hobex«-CFO Karin Mitchell über die Herausforderungen und Chancen der Digitalisierung in der Zahlungsbranche.

Jury-Mitglied Aaron Waltl mit den drei Erstplatzierten in der Kategorie »Küche« 2023: Theresa Putz (3. Platz), Sanna Elisa Kabas (1. Platz) und Mario Ludwig (2. Platz). © Conny Leitgeb Photography

Jury-Mitglied Aaron Waltl mit den drei Erstplatzierten in der Kategorie »Küche« 2023: Theresa Putz (3. Platz), Sanna Elisa Kabas (1. Platz) und Mario Ludwig (2. Platz). © Conny Leitgeb Photography

Young Talents Cup

»Falstaff Young Talents Cup 2024«: Jubiläumsedition feiert ein Jahrzehnt kulinarischer Spitzenleistungen

Zum zehnten Mal versammelt der YTC die besten Nachwuchstalente der Gastronomie, damit sie ihre Kreativität und ihr Können unter Beweis stellen können.

Gerhard Stübe und Renate Androsch-Holzer © Thomas Grundschober/Austrian Convention Bureau/convention-photography.at

Gerhard Stübe und Renate Androsch-Holzer © Thomas Grundschober/Austrian Convention Bureau/convention-photography.at

Karriere

»Austrian Convention Bureau«: Renate Androsch-Holzer ist die neue Präsidentin

Gerhard Stübe gibt nach fünf Jahren sein Amt ab. Erstmals führt eine Frau den Dachverband der Kongress- und Tagungsbranche

Markus Lorbeck © Elisabeth Fotografie

Markus Lorbeck © Elisabeth Fotografie

Karriere

Markus Lorbeck fokussiert auf »Arc to Eat«: Ein neuer Weg für kulinarische Visionen

Der Kochprofi, bekannt aus Gourmet-Kreisen und dem Fernsehen, verlässt das Restaurant »Die Fliegerei« in Zell am See, um sich vollständig seinem internationalen Beratungsunternehmen zu widmen.

Vivien Schulter spricht über Mitarbeiterbindung und was diese in der Hotellerie, Gastronomie und im Tourismus bewirken könnte.

© Rene Strasser

Food & Beverage

Erfolgsstrategien zur Mitarbeiter:innenbindung: Tipps für Hotellerie, Gastronomie und Tourismus

Vivien Schulter im Interview: Die Expertin für Personalentwicklung und Motivation spricht über Mitarbeiterbindung in der Hotellerie, Gastronomie und im Tourismus. Sie gibt praktische Tipps zur Überwindung branchenspezifischer Herausforderungen, zur Schaffung einer positiven Arbeitskultur und zur Förderung beruflicher Entwicklung. Mitarbeiter langfristig binden und den Wettbewerbsvorteil steigern – das ist das Ziel!

Andreas Heindl © Heindl

Andreas Heindl © Heindl

Schokolade

Andreas Heindl: »Schon Sisi hat sich die ›Pischinger‹-Torten liefern lassen«

Der »Heindl«-Chef verrät im PROFI-Interview wie ihn Heurigenbesuche zum »Pischinger«-Fan gemacht haben, ob Schokolade bald zum Luxusgut wird, warum der erste »Pischinger«-Shop ein tolles Business ist und wie das Unternehmen die multiplen globalen Krisen unbeschadet überstanden hat.

Der Newsletter für echte Profis

Be inside and take your chance! Regelmäßige Karriere-Updates aus Gastronomie und Hotellerie, kostenlos in Ihr Postfach!