DIE ARDGOWAN-DESTILLERIE WESTLICH VON GLASGOW SOLL DIE ERSTE KLIMANEGATIVE BRENNEREI DER WELT WERDEN - AUCH DANK DES INVESTS DES WIENER WHISKY-HÄNDLERS ROLAND GRAIN

DIE ARDGOWAN-DESTILLERIE WESTLICH VON GLASGOW SOLL DIE ERSTE KLIMANEGATIVE BRENNEREI DER WELT WERDEN - AUCH DANK DES INVESTS DES WIENER WHISKY-HÄNDLERS ROLAND GRAIN
© Ardgowan Distillery

Vom Händler zum Hersteller: Wie ein Österreicher in den Lowlands den Traum einer eigenen Brennerei verwirklicht

Für die meisten Whisky-Liebhaber bleibt dieser Traum unerfüllt: einmal seine eigene Destillerie in Schottland betreiben. Der Wiener Roland Grain, der seit vielen Jahren das Fachgeschäft »Potstill« in der Laudongasse 18 betreibt, ist aber gerade im Begriff, sich diesen zu erfüllen – mit der ersten CO2-negativen Brennerei der Welt.

Der Boom der schottischen Whiskys ist seit Jahren kaum aufzuhalten und der Single Malt gilt bei vielen Genießern als die Krone der Whisky-Schöpfung. Eines gehört aber zu jedem Boom dazu: Wo ein Geschäft lockt, sind Investoren nicht weit. Kein Wunder also, dass nicht zuletzt Großkonzerne immer wieder hohe Millionenbeträge in den Ausbau oder die Wiedereröffnung von Whisky-Destillerien investieren. Seltener ist es, dass derartige Initiativen von Privatleuten gestartet werden, doch Roland Grain, selbst Whisky-Händler und -Enthusiast, bestätigt hier die Ausnahme. Gut 35 Kilometer westlich von Glasgow, in Inverkip an der Inverkip Bay, entsteht momentan die Ardgowan Destillerie, an der auch Roland Grain maßgeblich beteiligt ist. Falstaff hat mit ihm über den Status quo, Ziele und Klimaneutralität gesprochen.

Falstaff: Zuallererst die sicherlich spannendste Frage: Wie schafft man es, sich den Traum einer eigenen Brennerei zu verwirklichen? Wie stemmt man so ein Investment?

Roland Grain: Die Finanzierung ist ein persönliches All-In meinerseits und wir haben weitere Investoren aus acht Ländern mit an Bord. Aktuell haben ca. 100 Personen oder Firmen investiert und wir suchen noch weitere Investoren, um unser Ziel, den besten und umweltfreundlichsten Whisky zu erschaffen, auch umsetzen zu können.

Falstaff: Jede der schottischen Whisky-Regionen steht im weitesten Sinne für einen eigenen Whisky-Stil. Die Ardgowan-Brennerei entsteht in den Lowlands. Welche Art von Scotch dürfen wir also erwarten?

Roland Grain: Wir werden hauptsächlich ungetorften, Sherry-gereiften Whisky erzeugen, aber auch eine kleinere Linie mit getorften Whisky haben. Wir haben hierfür einen eigenen Fasstyp entwickelt, welcher auf extrem lange Lagerung und exzellente Reifung ausgelegt ist. Unser »Infinity Cask« kostet 20 bis 30 Mal mehr als ein Standardfass (i.d.R. Ex-Bourbon, A.d.Red) und wird besonders lange mit Sherry vorbelegt um später die bestmögliche Reifung unseres Whisky zu gewährleisten. Dieses Fass hat schon für reichlich Aufregung in der Branche gesorgt, da unsere Positionierung völlig gegen den Markttrend geht. Wir wollen unser Produkt langsamer reifen lassen und länger lagern als dies üblich ist, da wir der Meinung sind so die Qualität unseres Produkts garantieren zu können. Wir setzen dafür auf einen bewährten Fassproduzenten in Spanien, wo diese Fässer aus europäischer Eiche in Handarbeit gefertigt werden und auf den ehemaligen Master of Wood von Macallan -  Stuart MacPherson. Wir haben bereits die Fässer für die ersten vier Jahre unserer Produktion in Spanien in einem traditionellen Dunnage Warehouse, welches in ähnlicher Distanz zum Meer liegt wie die Distillery selbst, eingelagert und diese erwarten ihre Befüllung Ende dieses Jahres.

Falstaff: Bis die Brennerei ihren ersten eigenen Single Malt auf den Markt bringen kann, wird es also noch ein wenig dauern. Wird es daher in der Zwischenzeit andere Liquids geben um die Wartezeit zu überbrücken?

Roland Grain: Ja, wir haben bereits eine preisgekrönte Produktserie unter dem Namen Clydebuilt auf dem Markt. Unser Whiskymaker Max Macfarlane (ehemals Masterdistiler, Whiskymaker bei Highland Park/Macallan) hat diese Serie von Blended Malts kreiert und wir planen 2025 ebenfalls unter dem Namen „Clydebuilt“ einen Single Malt auf den Markt zu bringen. Dieser schlummert einstweilen noch speziellen Fässern um unseren Qualitätsansprüchen gerecht zu werden. „Clydebuilt“ ist ein Synonym für handwerklich ausgezeichnete Arbeit und wir haben mit den bisherigen Produkten Berufe aus dem Schiffsbau gewürdigt, vom „Segelmacher“ bis zum „Kupferschmied“ ist alles vertreten. Dies soll das Erbe des Schiffsbaus am Fluss Clyde und der stolzen Arbeiter in den Werften würdigen und den maritimen Einfluss auf unseren Whisky verdeutlichen.

 Falstaff: Welche Märkte haben Sie für Ihre Whiskys im Blick?

Roland Grain: Wir sind in UK und Österreich gestartet und sind gerade dabei weitere fünf bis sieben Märkte in den kommenden Monaten neu zu beliefern, darunter auch Deutschland und die USA. Wir achten hier besonders darauf, dass unser Mitgliederprogramm »Clan Ardgowan« auch mitbetreut werden kann. Wir wollen, lange bevor wir die ersten Produkte in größeren Mengen liefern können, bereits Fans in aller Welt um uns scharen. Sie werden ein wesentlicher Teil unserer DNA sein und uns ermöglichen, unserem Whisky die Zeit zu gegeben, welche er braucht, um ein Spitzenprodukt zu sein. Es gibt schon eine Gruppe von Clan Mitgliedern in Österreich, welche hoffentlich noch rasant wachsen wird.

Falstaff: Die Ardgowan-Brennerei soll die erste CO2-negative Destillerie der Welt werden. Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?

Roland Grain: Wir sammeln das CO2 der Vergärung, welches nicht als CO2-Output zählt und wandeln dieses mit Hilfe von Wasserstoff in Biogas um, welches wir wiederum in das Gasnetz einleiten. Im ersten Schritt kaufen wir grünen Wasserstoff dafür zu und betreiben auch die Brennerei mit grünem Wasserstoff und sind daher deutlich CO2 negativ. In der Phase 2 kommt die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf dem Gelände dazu. Hierzu ist der Bau entweder mehrerer Windräder oder eines kleinen Wasserkraftwerks notwendig. Der zusätzliche Vorteil der eigenen Wasserstofferzeugung ist, dass die Abwärme der Erzeugung bereits für den Betrieb der Destillerie ausreicht und der grüne Wasserstoff vollständig weiterverkauft wird. Zudem ist auch der der Bau einer Biogasanlage geplant, welche die biologischen Abfälle der Brennerei verwertet. Hier laufen bereits Gespräche, auch andere Destillerien mit an Bord zu bringen. Die erzeugte Biogasmenge sollte ausreichen, um den Bedarf der nahegelegen Stadt Greenock zu decken.

Falstaff: Wann darf man mit den ersten eigenen Ardgowan-Abfüllungen rechnen?

Roland Grain: Eigene Abfüllungen wird es voraussichtlich ab 2029/2030 geben.

 


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Alexander Thürer
Alexander Thürer
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