In der offenen Küche von Drei-Sterne-Koch Massimo Bottura agiert ein perfekt eingespieltes Team jeder Handgriff sitzt.

In der offenen Küche von Drei-Sterne-Koch Massimo Bottura agiert ein perfekt eingespieltes Team jeder Handgriff sitzt.
© Angelo Dal Bó

Best of Chefs: Die zehn besten Köche Italiens

Die Italiener sind ohne Zweifel große Genießer. Und ihre Speisen, Weine und Süßwaren sind traditionell einfach und verführerisch gut. Aber auch in Sachen Gourmetküche sind Italiens Köche ganz vorne dabei – ist doch die Zahl der Sterne-Restaurants aktuell auf 378 gestiegen. Damit liegt sie so hoch wie nie zuvor. Falstaff nimmt Sie mit auf eine kulinarische Reise zu den besten Köchen des Landes.

Wenn man einen Italiener fragt, wo man am besten essen kann, lautet die Antwort immer gleich: bei Mama. Nicht umsonst heißt es in Italien »Mamma Mia« – der Spruch bezieht sich auch auf die Freude und Überraschung über das, was Mutter oder Nonna, die Großmutter, auf dem heimischen Kochherd hervorgezaubert haben. Zum Glück ist es auch heute noch so, dass das gemeinsame Essen mit der Familie fest in der italienischen Kultur verankert ist. Jung und Alt kommen dabei zusammen, ganz gleich, ob zu Hause in den eigenen vier Wänden oder im Restaurant. Das hat Tradition, vermittelt das Gefühl von Beständigkeit und Sicherheit in einer unruhigen Welt. Auch was die Gerichte selbst angeht, stehen traditionelle Speisen im Vordergrund. Das sind nicht nur Pasta und Pizza, sondern auch köstliche Vorspeisen wie Bruschetta oder Salate, gehaltvolle Suppen wie Minestrone oder Fisch- und Fleischgerichte, zubereitet aus hochwertigen Zutaten. Denn am Essen würden die Italiener als Allerletztes sparen. Diese Küche hält wenig Überraschungen bereit, sorgt aber für tiefe Befriedigung. Sie steht nicht unbedingt für Innovation, vielmehr für unzählige Variationen und unterschiedliche regionale Ausprägungen.

Mauro Uliassi, einer der innovativsten Köche des Landes, hatte es deshalb nicht leicht, sich mit seinen neuen kulinarischen Kreationen einen Namen zu machen. 1986 eröffnete er in Senigallia, einem Küstenort an der Adria, eine Pizzeria. Das Geschäft lief gut, doch Uliassi hatte bald keine Lust mehr auf diese Art von Gastronomie. Zusammen mit seiner Schwester Catia startete er 1990 in einer ehemaligen Strandbar das »Uliassi« und setzte dabei auf Speisen, die fest in der Region verwurzelt sind. Doch er verfeinerte die bäuerlich geprägten Gerichte immer weiter und setzte auch auf ganz neue Kreationen. Der Erfolg kam nur langsam, aber er kam. Heute gilt Mauro Uliassi als Vorzeigekoch, und sein Restaurant, seit 2018 mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet, zählt zu den Besten in ganz Italien. Neben seinem klassischen Menü gibt es das extravagante Menü »Lab«, das jedes Jahr neu im »Labor« entsteht. Dazu begibt sich Uliassi mit seinen Köchen immer vor Ostern einige Wochen in Klausur, einfach um zu experimentieren und ein neues »Lab«-­Menü zu kreieren. Nur so kommt man wohl auf die Idee, Innereien von Fischen zu einem intensiv nach Meer schmeckendem Gericht zu verarbeiten.

Die italienische Gastronomie und der Gast haben sich auf der Grundlage alter Traditionen behutsam weiterentwickelt. Zu beobachten ist eine zunehmende Akzeptanz für unbekanntere Produkte und ungewöhnliche regionale Spezialitäten. Und dann sind da auch noch die vielen Touristen, die in ihrem Urlaub im Land der blühenden Zitronen gerne gut essen wollen. Für viele Genießer gehört dann ein Besuch in der Sterne-Gastronomie einfach dazu. Manche reisen sogar eigens dafür nach Italien. Es ist eine Reise, die sich lohnt. Einige der besten Köche werden im Folgenden vorgestellt. Buon Appetito!

Massimo Bottura

»Osteria Francescana« ***, Modena
Modena ist eine kleine Stadt mit einer ausgeprägten gastronomischen Tradition. 1995 eröffnete Bottura unweit vom zentralen Domplatz seine »Osteria Francescana« mit zwölf Tischen. Sein Anspruch: die italienische Küche in die Postmoderne zu katapultieren. Seit 2011 hält er drei Sterne und erkocht sie jedes Jahr aufs Neue. Bottura bringt regionale Produkte auf den Teller, die wie Kunstwerke aussehen. Das zwölfgängige Degustationsmenü ist ein einzigartiges Feuerwerk an Kreativität und Geschmack. Großartig: der verschieden lang gereifte Parmesan in unterschiedlichen Formen – als Souffle, als Mousse, als Sauce, als Chip und als Luft.

Via Stella 22, 41121 Modena
T: +39 059 223912, osteriafrancescana.it


Claudio Sadler

»Ristorante Sadler« *, Mailand
Claudio Sadler ist kein Unbekannter in Sachen Sterne-Gastronomie. Seit über 40 Jahren ist er eine Symbolfigur der italienischen Kochszene. Anfang dieses Jahres fand er im feinen Boutique-Hotel »Casa Baglioni« einen neuen, eleganten Rahmen für sein Restaurant. Im Mittelpunkt stehen modern interpretierte Gerichte seiner lombardischen Heimat wie das Risotto alla Milanese mit 27 Monate gereiftem Grana Padano, etwas Balsamico, verfeinert mit etwas Agar-Agar und Erdnussöl sowie feinem Schinkenkrokant, oder eine wunderbare Polenta, zubereitet mit den besten Zutaten aus der Region.

Claudio Sadler.
Foto beigestellt
Claudio Sadler.

c/o Casa Baglioni, Via dell’Annunciata 14, 20121 Mailand
T: +39 02 58104451, ristorantesadler.it


Massimiliano Alajmo

»Le Calandre« ***, Sarmeola di Rubano
Im Restaurant, das in einem Dorf in der Nähe von Padua liegt, offeriert Massimiliano Alajmo drei Menüs: das »classico« mit seinen Signature Dishes, das saisonal aktualisierte »max« und das ebenfalls saisonal wechselnde, aber innovativere »raf«. Die Gäste können einzelne Gänge aus allen Menüs bestellen. Nicht fehlen sollte dabei der Cuttlefish Cappuccino, dessen Geschmack an Muttermilch denken lassen soll. Tintenfisch, Kartoffelcreme, Olivenöl und etwas Schnittlauch verbinden sich zu einem großartigen Geschmackserlebnis. Und das Safranrisotto mit Lakritzpulver und Weihrauchblättern gehört wohl zu den besten Risotti weltweit.

Via Liguria 1, 35030 Rubano
T: +39 049 630303, alajmo.it


Antonino Cannavacciuolo

»Villa Crespi« ***, Orta San Giulio
Die »Villa Crespi« ist ein Schmuckstück in exponierter Lage direkt am Ortasee. Einst als Landsitz für einen Baumwollindustriellen erbaut, logieren heute zahlende Gäste im luxuriösen Anwesen. Und im Restaurant verwöhnt Antonino Cannavacciuolo anspruchsvolle Gourmets. Seine meisterhafte Küche ist eine gelungene Vereinigung kulinarischer Traditionen aus seiner Heimatstadt Neapel und derer seiner Wahlheimat am Ortasee. Die Speisekarte liest sich denn auch wie eine Reise vom Süden in den Norden. Ravioli mit rohen Scampi, Filet vom Wolfsbarsch und schwarze Trüffel sind nur einige der köstlichen Stationen.

Via Fava 18, 28016 Orta San Giulio
T: +39 0322 911902, villacrespi.it


Enrico Bartolini

»Ristorante Mudec« ***, Mailand
Enrico Bartolinis Gourmet-Tempel befindet sich im von David Chipperfield gestalteten, futuristisch anmutenden Museo delle Culturale, kurz »Mudec«. Seine Kochphilosophie beschreibt Bartolini nüchtern mit »Contemporary Classic« und verspricht gleichermaßen einen Aufbruch zu neuen Geschmackswelten und die Bewahrung althergebrachter Kochtraditionen. Vier Menüfolgen stehen zur Auswahl, mit Klassikern wie die Teigtaschen Bottoni mit Cacciucco und gegrilltem Oktopus und Risotto mit roten Rüben und Gorgonzolasauce. Ein tolles Dessert: traditioneller Eierlikör mit Bronte-Pistazien und Aromen von Orangen.

Via Tortona 56, 20144 Mailand
T: +39 02 84293701, enricobartolini.net


Mauro Uliassi

»Uliassi Restaurant« ***, Senigallia
Das Restaurant liegt direkt am Strand des Adria-Städtchens Senigallia, der Heimat von Mauro Uliassi. In einer einstigen Strandbar verband er bäuerliche Traditionen der Region mit denen der Adriafischer, jedes Jahr auf höherem Niveau bis hin zum dritten Stern. Die Gäste wählen »The Lab« oder entscheiden sich für »The Game«. Beide jährlich wechselnden Degustationsmenüs führen in zehn Etappen in den kulinarischen Himmel. Und es gibt Überraschendes: zum Beispiel Auster im Salzbett mit der Würze von frischer Salami oder Osso Buco Marinara aus Stockfischkutteln, Mark vom Kalbsknochen und Vongole-Sud. Einfach köstlich!

Banchina di Levante 6, 60019 Senigallia
T: +39 071 654463, uliassi.com


Enrico Cerea

»Da Vittorio« *** , Brusoporto
Die elegante Villa liegt in einem großen Park vor den Toren von Bergamo. Zum Anwesen gehören stilvoll eingerichtete Hotelzimmer und das von Enrico und Roberto Cerea geführte Feinschmecker-Restaurant. Es ist ein wahres Paradies der Aromen, in dem die Gäste aus mehreren kreativen Menüs wählen können. Liebhaber von Krustentieren kommen ebenso auf ihre Kosten wie Gourmets, die sich mit Fleischspezialitäten verwöhnen lassen wollen. Auf jeden Fall sollte man das legendäre Pastagericht »Il Pacchero« probieren. Zum Abschluss gibt es großartige Desserts, etwa Variationen vom Mozzarella mit knusprigen Himbeeren, Mascarpone-Eis und kandierten Cherrytomaten.

Enrico Cerea.
© Simone Casetta
Enrico Cerea.

Via Cantalupa 17, 24060 Brusaporto
T: +39 035 681024, davittorio.com


Heinz Beck

»La Pergola« ***, Rom
Der Bayer ist so etwas wie der kulinarische König der Ewigen Stadt. Er residiert hoch über den sieben Hügeln von Rom. Sein Restaurant im neunten Stock des luxuriösen »Cavalieri Waldorf«, edel und mit vielen Antiquitäten eingerichtet, bietet auch einen umwerfenden Blick auf Rom mit dem Petersdom. Noch besser als das Panorama ist das Essen: Beim zehngängigen Gourmet-Menü ist jedes einzelne Gericht vom Saibling mit Schwertmuschelmilch und Holunderpulver über das mit Bergkiefer marinierte Aostataler Rindfleisch bis hin zur Torte mit Ricotta und Weichseln ein harmonisches und ausbalanciertes Geschmackserlebnis.

Via Alberto Cadlolo 101, 00136 Rom
T: +39 06 35092152, romecavalieri.com


Riccardo Monco

»Ristorante Enoteca Pinchiorri« ***, Florenz
Es ist ein schöner Renaissance-Palast im Herzen von Florenz, in dessen stilvoll und mit vielen Antiquitäten eingerichteten Räumen Annie Feolde und Riccardo Monco traditionell geprägte toskanische Küche modern interpretieren. »Heart Mother« und »Evolution« heißen die beiden neungängigen Menüfolgen. Bestellt
werden können aber einzelne Gerichte. Einfach köstlich: der Salat mit Seekammmuscheln, Chicorée, Mandelmilch und Seeigel oder Tagliolini alla Marinara, also mit einer fantastisch verfeinerten Tomatensauce. Dazu kommen absolute Spitzenweine, kredenzt von Sommelier Giorgio Pinchiorri.

Via Ghibellina 87, 50122 Florenz
T: +39 055 26311, enotecapinchiorri.it


Enrico Crippa

»Piazza Duomo« ***, Alba
Das Piemont ist ein Schlaraffenland für Genießer. Es ist nicht nur die Heimat legendärer Weine wie Barolo und Barbaresco. Auch der weiße Trüffel, der in den Eichenwäldern des Monferrato heranwächst, ist untrennbar mit Alba und seiner Trüffelmesse verbunden. Da versteht es sich von selbst, dass bei Enrico Crippa im Herbst die nussigen Edelpilze Bestandteil seiner Kreationen sind. Regionale Aromen bilden aber das gesamte Jahr über den Mittelpunkt seiner Kreationen. Viel Gemüse und Kräuter kommen aus dem eigenen Garten. Geboten werden ein eher traditionelles Barolo-Menü oder eine international geprägte Genussreise.

Enrico Crippa.
© L. Cigliutti
Enrico Crippa.

Piazza Risorgimento 4, 12051 Alba,
T: +39 0173 366167, piazzaduomoalba.it

Erschienen in
Falstaff Nr. 04/2023

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Detlef Berg
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