Matthias Winkler, Geschäftsführer der Sacher-Holding.

Matthias Winkler, Geschäftsführer der Sacher-Holding.
© Sacher Hotels

»Der Tourismus fährt derzeit Hochschaubahn«

Matthias Winkler, Geschäftsführer der Sacher-Holding, gibt im exklusiven Falstaff-Interview einen Einblick in die aktuelle Situation der gehobenen Hotellerie, erklärt, warum für ihn die Maske immer noch das kleinste Übel ist, er lieber von Herausforderungen statt von Problemen spricht, und wie er Optimist bleibt.

Gastronomie und Hotellerie machen auch 2022 turbulente Zeiten durch. Nachdem die Pandemie die Branche geschwächt hat, gesellen sich nun auch steigende Preise für Energie sowie die Problematik des Fachkräftemangels dazu.

Falstaff: Produzenten wie Konsumenten, Handel, Industrie  und Tourismus bangen täglich um Neuigkeiten über die Energieversorgung. Inwieweit  fühlt sich bisher auch die Gastronomie und Hotellerie von den negativen Entwicklungen betroffen?

Matthias Winkler: Der Tourismus fährt derzeit Hochschaubahn: Im Frühjahr 2020 die tiefe Krise ausgelöst durch Corona, dann zumindest in der Ferienhotellerie ein großartiger Sommer Mitte 2020, gefolgt von einer Talfahrt wieder mit Corona im Herbst 2020 und so ging es weiter.
 Aktuell trifft uns der Ukraine Krieg, die Teuerung durch Inflation und die Energiekrise, so wie alle anderen Branchen und wie jeden Menschen.

Problemtisch dabei ist, dass wir nicht aus Zeiten der wirtschaftlichen Erfolge, sondern aus der beschriebenen Hochschaubahn kommen und deshalb die Auswirkungen noch stärker sind.

Falstaff: Wie wird dies der Gast zu spüren bekommen? Wie steht es in Ihren Betrieben um die Kostenstruktur?

Matthias Winkler: Am Beispiel der Stadthotellerie lässt es sich wahrscheinlich am besten erklären. Wir konnten zwei Kalenderjahre nicht positiv wirtschaften, es waren viel zu wenige oder gar keine international Reisenden in den Städten. Kaum bahnt sich Erholung an, steigen sämtliche Kosten fast explosionsartig an.

Natürlich können auch wir die höheren Kosten nicht als Verkaufspreis 1:1 weitergeben, das bedeutet die Marge leidet beziehungsweise leidet weiter. Von Gewinnen also keine Rede, die Branche braucht diese aber für die zukünftigen Investitionen. Auch hier heißt es jetzt, positiv in die Zukunft zu blicken und im Team gut zu managen.

Falstaff: Führen auch die Entwicklung der Kundennachfrage und damit die Auslastung zu Problemstellungen?

Matthias Winkler: Ich bin und bleibe Optimist. Deshalb vermeide ich das Wort Problem und nenne es lieber Herausforderungen. Ja, die aktuelle Situation hält viele Herausforderungen für uns bereit, diese sind aber machbar.

Die Nachfrage entwickelt sich immer besser, sie wird kurzfristiger und spontaner, wir sind also an allen Ecken und Enden gefordert.

Falstaff: Sehen Sie hier eher Stadt- oder Ferienhotellerie betroffen? Gibt es unterschiedliche Strategien, um dem entgegenzuwirken?

Matthias Winkler: Der Tourismus als solches ist betroffen. Es gibt wenige sehr tüchtige Helden, die mit sehr unterschiedlichen Konzepten zeigen, wie es auch in der Krise funktionieren kann. Aber nicht jeder und jede kann so agieren, aus den unterschiedlichsten Gründen. Es sind also alle betroffen, unterschiedlich stark.

Ein paar Eckpunkte für Strategien lauten: Weiter wie bisher funktioniert seit 2020 schon nicht mehr, ich bin fest davon überzeugt, dass jedes Haus, jeder Gastwirt, jedes Skigebiet etwas ganz Spezielles hat und kann, das gilt es zu finden und zu promoten.

Dabei sind die Region, die Stadt, die Kolleg:innen immer Mitspieler und nicht Konkurrenten – diese Erkenntnis würde uns weiterhelfen! Leider wird noch viel zu oft klein-klein gedacht, in Tälern gedacht, da gibt es noch viele Gräben zu überwinden.

Digitalisierung ist unser Freund, sie hilft uns derzeit ganz besonders, wenn wir sie bloß richtig nutzen. Mitarbeiter:innen sind unser Gold, den Worten müssen aber auch Taten folgen.

Falstaff: Worauf müssen sich Gastronomen und Gäste in der bevorstehenden Wintersaison gefasst machen?

Matthias Winkler: Auf hohe Kosten, auf volatile und sehr kurzfristige Gästeanfragen und auf selbstbewusste Mitarbeiter:innen, die eine genaue Idee von dem haben, was sie wollen und was nicht. Die guten Unternehmer werden sich darauf bestmöglich einstellen und umgehen.

Falstaff: Werden auch die wirtschaftlichen Existenzen und damit auch Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen?

Matthias Winkler: Das lässt sich noch nicht abschätzen, aber die Reserven, wenn überhaupt welche da waren, sind großteils verbraucht, es gibt wenige, die noch den langen Atem haben können, das Sacher gehört glücklicherweise dazu!

Falstaff: Stichwort »Fachkräftemangel«. Was kommt hier auf Österreich zu? Welche Initiativen setzen Sie hier?

Matthias Winkler: Ich komme gerade von einer Aufsichtsratsitzung der »Leading Hotels of the World«.Auch dort haben wir viel über fehlende Mitarbeiter:innen im Tourismus gesprochen, das ist kein österreichisches Phänomen, sondern ein globales. Es gibt internationale Studien dazu ohne Ende, die das beweisen.

Es gibt leider auch weder einfache noch schnelle Lösungen auf breiter Ebene, dennoch kann jeder Arbeitgeber auch ein guter Arbeitgeber sein. Dazu gehört meines Erachtens mal zuzuhören, was den Mitarbeiter:innen besonders wichtig ist, was sie stört, was wir anders machen können.

Ganz wichtig ist mir persönlich immer, dass unsere Kolleg:innen auch wissen, warum wir etwas tun und warum wir manches auch nicht machen, oft fällt vieles leichter, wenn man auch die Hintergründe für Entscheidungen bekannt sind.

Das alles haben wir schon vor der Krise getan und deshalb gibt es im »Sacher« eine Mitarbeiter:innen Charta. Sie trägt den Titel: »Unsere Arbeit macht Freude, Spaß und Sinn«. Darin sind Rechte und Pflichten aller Beteiligter, inklusive des Unternehmens festgeschrieben.

Das Miteinander muss von ehrlicher und täglich gelebter Wertschätzung geprägt sein, was natürlich nicht bedeutet, dass jeder Wunsch in Erfüllung gehen kann, aber diskutiert und besprochen muss er zumindest werden. Und dann gibt es natürlich auch neben einem fairen Gehalt zahlreiche Benefits. 

Falstaff: Auch die Maskenpflicht wird wieder heiß diskutiert. Was würde das für Ihre Betriebe momentan bedeuten?

Matthias Winkler: Für uns ist Sicherheit immer das höchste Gebot, und zwar für unsere Gäste genauso wie für unsere Mitarbeiter:innen. Die Maske scheint immer noch das kleinste Übel, wir wünschen sie uns nicht aber wir tragen sie selbstverständlich, wenn wir müssen.

Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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