Weinberge, Olivenbäume, Zypressen, historische Bauten und der weite Blick ins Orcia-Tal: das ist die Essenz von Montalcino.

Weinberge, Olivenbäume, Zypressen, historische  Bauten und der weite Blick  ins Orcia-Tal: das ist die Essenz von Montalcino.
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Ein fulminanter Jahrgang: Best of Brunello di Montalcino 2019

Brunello di Montalcino: dieser Name lässt die Herzen von Weinliebhabern auf der ganzen Welt höher schlagen. Brunello kommt erst fünf Jahre nach der Ernte auf den Markt und ist damit der italienische Rotwein mit der längsten Lagerzeit. Jeder neue Jahrgang wird mit Spannung erwartet, vor allem auf dem Hauptmarkt, den USA. Mit dem 2019er wurde nun ein herausragender Jahrgang präsentiert – Kenner sehen ihn in einer Reihe mit den legendären Jahrgängen 2016 und 2010. Aber auch die Riservas 2018 sind nicht zu verachten.

Montalcino liegt im Süden der Toskana, knapp 40 Kilometer unterhalb von Siena. Der Hauptort befindet sich in luftiger Höhe auf 560 Metern. An den Hängen und Hügeln ringsum erstrecken sich die Weinberge. 3.500 Hektar groß ist die Rebfläche im Ortsgebiet von Montalcino. Auf 2.100 Hektar der Gesamtfläche wird Brunello angebaut, und bis vergangenen Herbst waren 510 Hektar für Rosso di Montalcino reserviert, den Zweitwein des Brunello, der weniger lange Reife benötigt und frisch und saftig daherkommt, dabei aber auch guten Tiefgang zeigt. Kurz vor Jahresende wurde beschlossen, die Anbaufläche für Rosso di Montalcino um weitere 350 Hektar zu erweitern. 

Auf geringe 60 Hektar ist hingegen die Anbaufläche für Moscadello di Montalcino zusammengeschmolzen. Moscadello, das ist der ursprüngliche Wein von Montalcino, der bereits seit dem Mittelalter hier angebaut wird – ein köstlicher Süßwein auf der Basis von Muskateller-Trauben. Von der allgemein schwindenden Nachfrage nach Süßweinen am internationalen Markt ist aber auch Montalcino nicht ausgenommen. So darf es nicht weiter verwundern, dass die Flächen stetig rückläufig sind. Die restlichen Rebflächen dienen der Erzeugung von Sant’Antimo DOC, zumeist eine Cuvée aus ursprünglich französischen Sorten und IGT Toscana. 

Die vier Seiten des Hügels

Montalcino zeichnet sich durch ein mediterranes Klima aus, mit warmen bis heißen Sommern und kühlen Wintern. An der Südseite öffnet sich das breite Tal des Orcia-Flusses. Von Sant'Angelo Scalo sind es nur 30 Kilometer bis ans Meer. Das Tal ist besonders wichtig für das Mikroklima im südlichen Teil des Anbaugebietes.

Das Meer auf der einen Seite, der Monte Amiata – ein mächtiger erloschener Vulkan – auf der anderen Seite. Zwischen dem hohen Monte Amiata, auf dem man im Winter auch Skilaufen kann, und dem Meer gibt es einen bedeutenden Temperaturunterschied, ein Generator für fortwährende Winde. Die sind kostbar für die Weinberge im Süden Montalcinos, da so die heißen Sommertemperaturen etwas gemildert werden.

Die Brunello-Weingärten liegen zwar alle innerhalb des gleichen Gemeindegebietes, zwischen Nord und Süd, zwischen Ost und West gibt es aber einige wichtige Unterschiede. Auf diese Unterschiede wird in Montalcino zunehmend Bedacht genommen. Von einer kleinteiligen Einteilung nach Lagen, wie das in vergleichbaren Gebieten schon gemacht wurde (Barolo, Soave, Vino Nobile), will man in Montalcino vorerst noch wenig wissen. Nach Geologie, Geografie, Kleinklima und Ausdruck in den Weinen aber kann man klar die vier Seiten des Hügels von Montalcino unterscheiden: Nordwesten, Nordosten, Südosten und Südwesten. Die Nord-West-Seite ist größtenteils von Wald dominiert. Die Weingärten sind hier dünn gesät. Mit Castiglione del Bosco und Tenute Nardi gibt es hier zwei Betriebe mit größerer Fläche. 

An der Süd-West-Seite ist das Klima deutlich wärmer, im Sommer wird es mitunter drückend heiß. Durch das Orcia-Tal strömt etwas abkühlende Luft. Waldbestand gibt es hier wenig, es dominieren großflächige Wein- und Getreideflächen. Hier liegen einige der flächenmäßig größten Betriebe wie Castelgiocondo (Frescobaldi), Pian delle Vigne (Antinori), Col d’Orcia, und Banfi. Weitere namhafte Erzeuger im Südwesten sind etwa Argiano, Pieve di Santa Restituta oder Soldera. 

Die Nord-Ost-Seite fällt vom Hauptort Richtung Buonconvento ab. Das Klima ist hier etwas kühler, in Normaljahren auch regenreicher als im Süden. In den zunehmend heißen und trockenen Jahren aber ist diese Seite immer öfter im Vorteil. Hier liegen viele klassische Betriebe wie Altesino und Caparzo ganz im Norden, etwas näher an der Stadt befinden sich Fuligni, Canalicchio di Sopra, Siro Pacenti, Il Marroneto, Baricci oder Capanna. Eine besondere Kleinlage hier ist der Montosoli-Hügel, geschätzt für finessenreiche Weine. 

Die Süd-Ost-Seite gilt als das Gebiet mit der längsten Weinbaugeschichte. Sie erstreckt sich vom Hauptort Richtung Castelnuovo dell’Abate. In diesem Bereich liegen die Weinberge von Biondi Santi, ebenso ein großer Teil von Casanova di Neri (das auch noch Weingärten ganz im Süden bei Castelnuovo besitzt) und jene von Pian dell’Orino. Weiter Richtung Castelnuovo begegnen wir dann Betrieben wie Mastrojanni, Poggio di Sotto und Ciacci Piccolomini. Um Sant’Angelo del Colle sind es schließlich Betriebe wie Poggione, Talenti, Lisini und Giodo. Auch die etwas höher gelegenen Betriebe wie Poggio Antico oder Le Ragnaie werden noch zum Südosten gezählt.

Der Jahrgang 2019

Ein Brunello di Montalcino darf ausschließlich aus Sangiovese erzeugt werden. Die Weine aus dieser wichtigsten italienischen Rotweintraube kennzeichnen sich durch eine leuchtende, von Rubin ins Granat gehende Farbe, ansprechenden Duft nach Kirsche, Zwetschge, Brombeere und Tabak, eine betonte Säure, die Saftigkeit verleiht, und präsentes, kerniges Tannin. Ein Brunello muss fünf Jahre im Keller reifen, davon mindestens zwei im Holzfass. Der Brunello 2019 kommt daher erst in diesen Monaten in den Handel. 

Der Winter 2018/2019 war recht mild, zwischen Mitte Januar und Mitte Februar fiel ausreichend Regen, sodass die Böden gute Wasserreserven bilden konnten. Das Frühjahr zeigte sich recht kühl, Ende Mai gab es einen Rückstand in der Vegetation von rund zwei Wochen. Juni und Juli zeigten sich sonnig, die mittleren Temperaturen lagen um die 25 Grad, also nicht zu heiß. Die Pflanzen waren keinem Trockenstress ausgesetzt, die Vegetation lief kontinuierlich weiter. Heiß wurde es im August mit Temperaturen zwischen 30 und 35 Grad. In den Böden waren aber noch genügend Wasserreserven gespeichert; der Reifeprozess wurde somit nie unterbrochen. Anfang September gab es einigen Regen, der die Trauben vom Staub befreite und den Zuckergehalt etwas eindämmte. Die Lese erfolgte bei trockenem und warmem Wetter ab Ende September.

Der Jahrgang kann als klassisch bezeichnet werden. Die Weine zeigen sich im Duft zwar teilweise noch etwas verhalten, auch Säure und Tannin sind sehr präsent, haben insgesamt aber wirklich grandiose Anlagen. Am besten, man legt die 2019er mal für die nächsten fünf Jahre auf die Seite, danach werden sie strahlen. Bis dahin kann man sich an die 2018er halten. Sie sind deutlich zugänglicher, haben zum Teil betörende Nasen und einen tollen Trinkfluss. 

ZUM GANZEN TASTING

Trophy Brunello di Montalcino 2019

Brunello 2019

Dunkles Rubinrot mit leicht violetten Reflexen. In der Nase komplex, Eisen, dunkle Kirschfrucht, satte Pflaume, etwas Liebstöckel. Am Gaumen mit viel Salz und Saft, komplex, kommt in vielen Schichten, mit engmaschigem Tannin, druckvoll und mit voller Pracht, kommt ständig wieder, groß.
Toskana, Italien
Leuchtendes, elegantes Rubinviolett. In der Nase ausdrucksstark, einladend, mit satter Frucht, tiefe Kirsche, Blutorange, ein Hauch reife Himbeere, Hagebutte, sehr komplex und einladend, hohe Eleganz, burgundisch. Am Gaumen saftig, geschliffen, mit klarer Frucht, harmonisch, kommt in vielen Schichten, enorme Eleganz und Finesse, dazu saftig und mit hervorragendem Trinkfluss.
Toskana, Italien
Leuchtendes Rubinrot. In der Nase auf erdigen Tönen, satter Kirschfrucht, etwas Blutorange, nicht ganz präzise, wenngleich in sich stimmig. Am Gaumen geschliffen, elegant, mit engmaschigem, packendem Tannin, kompakt, sehr saftig, toller Stil, druckvoll, mit anhaltendem Abgang.
Toskana, Italien
Funkelndes Rubingranat mit aufhellendem Rand. Charmante und einladende Nase, duftet nach frischen Waldhimbeeren und baumreifen Kirschen, dazu Granatapfel und Tabak. Viel saftige Frucht am Gaumen, wiederum Kirsche und Himbeere, öffnet sich dann mit viel feinmaschigem, präsentem Tannin, sehr gute Spannung und langer Nachhall.
Toskana, Italien
Sattes, funkelndes Rubin mit feinem Granatschimmer. Einprägsame Nase mit viel fleischiger Zwetschken- und Brombeerfrucht, dazu Rosenblätter und Tabakwürze. Satt und saftig in Ansatz und Verlauf, zeigt wunderbar eingebundenes Tannin, öffnet sich in vielen Schichten, im Finale zarte Minze.
Toskana, Italien
Intensives leuchtendes Rubin mit feinem Granatschimmer. Präsentiert sich mit einprägsamer Nase, viel knackige Frucht, Blutorange und Kirsche, etwas Zitronenmelisse. Am Gaumen feinmaschiges Tannin, das sich in vielen Schichten ausbreitet, baut sich lange auf, dazu sehr gut herausgearbeitete Frucht, sehr langer Nachhall mit sattem Druck.
Toskana, Italien
Reife Sangiovese-Trauben, der Stoff für Brunello-Träume.
© Shutterstock
Reife Sangiovese-Trauben, der Stoff für Brunello-Träume.

Gebietsprofil


Das Gebiet
Montalcino liegt im südlichen Binnenland der Toskana, eine knappe Autostunde von Siena entfernt. Das Anbaugebiet von Brunello ist auf ein einziges Gemeindegebiet beschränkt, das von Montalcino. Der große Weinboom kam in den 90er-Jahren in die Stadt. Davor war es nur ein Erzeuger, der den Namen Brunello in die Welt hinaus trug. Heute erzeugen über 200 Betriebe einen Brunello di Montalcino. 

Die Sorte
Sangiovese und nichts sonst, das ist die Vorschrift für die Erzeugung von Brunello. Für viele Kenner findet diese Ur-italienische Traubensorte in den Weingärten um Montalcino ihren höchsten Ausdruck. 


Brunello 2018 und Riserva 2018

Dunkles, glänzendes Rubinrot. In der Nase einladend, nach dunklen Kirschen, satten Waldfrüchten, etwas Leder, Grafit und Kerzenwachs. Am Gaumen präsent, zugänglich und geschliffen, mit toll herausgearbeiteter Frucht, dazu edles erdiges Tannin, kommt in mehreren Schichten, kann lagern, bereitet auch jetzt schon viel Freude.
Toskana, Italien
Leuchtendes, klares Rubinrot mit funkelndem Kern. In der Nase nach getrockneter Tomate, satter Kirschfrucht, Rosmarin, feiner Würze und leicht steinig-erdigen Komponenten. Am Gaumen sehr elegant, mit geschliffener, tiefgründiger Beerenfrucht, kommt ständig saftig wieder, groß.
Toskana, Italien
Dunkles, sattes Rubinrot. Schöne reife, offene Nase, zugänglich, Zwetschken, Waldhimbeere, Tabak, im Nachhall auf Lakritze. Am Gaumen überraschend saftig, tolle Fruchtfrische, öffnet sich mit präsentem, seidigem Tannin, gute Spannung, im Finale noch ein wenig trocknend.
Toskana, Italien

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Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2024

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Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
Simon Staffler
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