In der »Terra« Bar können sich Gäste unter anderem auf einen Black Negroni freuen.

In der »Terra« Bar können sich Gäste unter anderem auf einen Black Negroni freuen.
© Roland Graf

Nicht geschüttelt, nicht gerührt: Münchens innovative Neueröffnung »Terra«

Cocktails in Flaschen sind keine Corona-Erfindung und sie bleiben uns erhalten. Mit dem »Terra« stehen sie im Mittelpunkt einer neuen Bar in der Isarvorstadt.

»Von der Barer Straße in die Baaderstraße« könnte man angesichts der Eröffnung der Bar »Terra« sagen. Denn bislang standen die Cocktails aus Flaschen von Ludwig Lützgendorf und Christian Eder in der Produktionsstätte an der Barer Straße im Mittelpunkt. Neu hingegen ist, dass ihre Marke »Boco«, die für »bottled cocktails« steht, nun auch eine Art Flagship Store in der Isarvorstadt erhalten hat. Zwei Faktoren waren dafür ausschlaggebend: Das Erdgeschoss des ehemaligen Hotels »Advokat« wurde im Zuge des Umbaus frei – das Haus eröffnet in wenigen Wochen neu als »H’Otello B’01«. Zum anderen war ihr alter Schulfreund Markus Novak auf der Suche nach einer neuen Bar-Stelle. Zuletzt sorgte er in der temporären Rooftop-Bar »Transit« im angesagten Münchner Werksviertel für die Drinks. Zu dritt eröffnete man daher im März Deutschlands erste Bar, die ausschließlich mit »bottled cocktails« arbeitet.

Neun Flaschen ergeben 26 Cocktails

In der »Terra« ist das Rückbuffet dementsprechend überschaubar. Neun Flaschen und ihr bunter Inhalt sind die Basis für die Cocktailkarte. Dabei zeigt ein erster Blick auf das elegante Klemmbrett mit der Logo-Spange die Vielseitigkeit der abgefüllten Drinks. »Anderswo nervt die Frage, ob man auch einen kleinen Negroni haben kann, meistens – bei mir ist das kein Problem«, schildert Novak einen ersten Vorteil dieser Arbeitsweise. Er betrachtet die vermeintlich fertigen Cocktails von »Boco« nicht anders, als man es in der Barszene normalerweise mit so genannten »Premixes« macht. Diese vorbereiteten Gemische werden dann à la minute zum fertigen Cocktail, was in vollen Häusern dabei hilft, Zeit zu sparen.

Das gilt vor allem für die sechs »Signature Drinks« in der Baaderstraße 1. Während die einfach aus der Flasche auf Eis servierten »Bocos« schnell im Glas sind, »gebe ich die gesparte Zeit unseren Spezial-Drinks«, so Novak. Diese sind ebenso auffallend in Szene gesetzt wir schmackhaft. Die Spicy Margarita, für die man die Flaschen-Fassung des Tequila-Drinks mit Jalapeños aufpeppt, hat Anwartschaft auf Münchens pikantesten Drink. Ebenfalls mit Agaven-Destillat – in diesem Fall Mezcal – bekommt der Terragroni sein Finale. Das leicht rauchige Element steht dem pechschwarzen Aushängeschild der Bar bestens. Den Namen verdankt das »Terra« übrigens dem markanten Tresen, der mit Terracotta-Fliesen das zentrale Element der gemütlichen Bar mit vielen Grünpflanzen bildet.

Lokale Zutaten am Terracotta-Tresen

A propos Grün: Der an sich schon erfrischende Gin Basil Smash wird mit Gurkenlimonade vom bayrischen Abfüller »M.A.T.« noch leichter und sommerlicher gemacht. Denn auch Longdrinks lassen sich leicht auf Basis der vorhandenen Flaschen mixen. Gin & Tonic gibt es aber keinen, allerdings haben den »bisher auch erst zwei Leute bestellen wollen«, sieht Barchef Novak hier keinen Nachteil. Dafür lassen sich auch schrägere Highballs wie der Espresso Tonic oder der Hey Mario!, ein weiterer Negroni mit Rosmarin-Tonic, verkosten. Österreichische Gäste erfrischt abseits der Drinks der Spritzer – die Schorle gibt es wahlweise von »Winzz« bereits vorgemischt oder mit alkoholfreiem Verjus.

Diese Optionen für das Day drinking sind auch der frühen Öffnungszeit geschuldet; als Teil des Hotels wird ab 14 Uhr ausgeschenkt. Nach einem weiteren Umbau im Mai werden auch der eigene Eingang und offene Glasfronten für eine Garten-Saison mit den »Boco«-Kreationen sorgen. Einen Vorgeschmack gibt der Blue Boy, der mit Spirulina-Algen blau kolorierte Old Fashioned, der mit Lavendelsirup vom Viktualienmarkt einen unwiderstehlich südlichen Twist erhält. Dass solch hochpreisige Zutaten – die Drachenfrucht-Espuma beim Fly Pink wäre ein weiteres Beispiel – eingesetzt werden, liegt am kalkulatorischen Vorteil des »Terra«-Konzepts. Zudem ist man mit der mit wenigen Handgriffen servierten Mehrheit der 26 Drinks auch abgekoppelt von der aktuellen Personalmisere.

Lockeres Personal kennt keine Krise

»Wir suchten uns Leute mit sozialer Kompetenz, die einfach Bock auf Gäste haben sollten«, formuliert es Markus Novak. Dass vom studentischen Service mitunter zur Sicherheit beim Chef nachgefragt wird, welche Eiswürfel nun ins Glas kommen, lässt sich locker verschmerzen. Viel wichtiger ist die Fröhlichkeit, die das junge Team beim Bestellen und Servieren verbreitet. Denn wenn die Bar, in der nie geshaket wird, eine Mission hat, dann die Schwellenangst vor der »manchmal einschüchternden Cocktailwelt zu nehmen«, so Markus Novak. Dazu soll dann auch das Barfood ab Mai beitragen. Mit dem Münchener Foodblog »Auf die Faust« hat man eine Reihe von »sopes«, mexikanischen Maisteig-Böden mit pikanter Füllung, entwickelt.

Doch im Fokus werden die Flaschen-Drinks, von der Shot-Größe bis zum halben Liter zum Mitnehmen, bleiben. Denn im »Terra« kommen ihre Vorzüge mit professionellem Mixen zusammen. Oder, wie es Christian Eder gegenüber Falstaff formuliert: »Bottled Cocktails sollen immer den Geschmack möglichst vieler Kunden treffen – in der Bar können wir das noch für jeden Gast verfeinern.«

INFO

Terra
Baaderstraße 1
80469 München


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Roland Graf
Autor
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