© ÖBB / Andreas Scheiblecker

Renaissance der Nachtzüge: Mit dem neuen ÖBB-Nightjet durch Europa

Der »Nightjet der neuen Generation« rollt ab Dezember quer durch Europa. Falstaff war bei der Weltpremierenfahrt durch die Landeshauptstädte dabei und eins steht fest: Die neuen Nachtzüge stellen alles zurzeit Vergleichbare in den Schatten.

Der neueste Nachtzug auf Europas Schienen ist schneller, ruhiger, gemütlicher und bis unter das Dach mit neuester Technik ausgestattet. Wenn die ÖBB einen neuen Nightjet präsentieren, dann ist das nicht einfach nur die Enthüllung eines neuen Zugs. Der »NJnG«, wie der neue Nightjet liebevoll abgekürzt wird, ist das neue glänzende, rollende Aushängeschild der österreichischen Bahnen.

Weltpremiere: Auf der »Tour d’Autriche« durchs ganze Land

Die Premierenfahrt wird zur medienwirksamen »Tour d’Autriche« quer durchs ganze Land. Mit Medienvertretern und Ehrengästen geht es in zwei Tagen durch die acht Bundesländer, in denen der Nightjet in den kommenden Jahren im Fahrgastbetrieb sein wird.

Von Linz und Salzburg über Bregenz bis nach Graz: An jedem Bahnhof hält der Zug für Medientermine mit Landeshauptleuten und Verkehrsreferenten. Und bei jedem Stopp stehen ungeduldige Zug-Enthusiasten, die in langen Schlangen vor den Türen warten, um einen Blick auf das Interior des brandneuen Zugs zu erhaschen.

Ursprünglich war der Start für 2022 geplant, doch wie so oft durchkreuzte die Corona-Pandemie die Pläne. Zum Fahrplanwechsel am 10. Dezember 2023 sollen die ersten neuen Nightjets die Schienen erobern. Und ab Herbst 2024 sogar täglich verkehren. Besser spät als nie, heißt es ja.

Fahrende Oase des modernen Reisens

Der erste Nachtzug in Europa, der nicht aus der Nostalgie-Schublade gezogen wurde, bringt nicht nur mehr Platz und Privatsphäre, sondern auch eine gehörige Portion zeitgemäßer Technologie mit auf die Schienen. Als fahrende Oase des modernen Reisens gibt es Schlafkapseln, digitale Bediendisplays und hochfahrbare Tische – und das WLAN funktioniert tatsächlich durchweg tadellos.

Den ab 2024 in der EU als Ladestandard angesehenen USB-C-Anschluss sucht man jedoch leider im ganzen Zug vergeblich. Und mit den zunehmend größer werdenden Smartphones stellt sich auch die Frage nach der Daseinsberechtigung der schmal gebauten, induktiven Ladehaltern in den Abteilen in den kommenden Betriebsjahren.

Mit sanfter Eleganz durch die Nacht

Aber was macht den neuen Nightjet so besonders? Da wären primär die neu entwickelten Drehgestelle von Siemens zu nennen, die dem Zug eine sanfte Eleganz verleihen. Laufruhig und schnell – so soll die Reise ablaufen. Die Züge dürfen mit bis zu 230 Kilometer pro Stunde durch die Nacht gleiten, geschmeidig, als würden sie auf einem Catwalk des Schienenverkehrs defilieren.

Auf der »Tour d’Autriche« gelingt dieses Defilee hervorragend: Egal, an welchen Städte oder Dörfern auf der »Tour d’Autriche« Halt gemacht wird – die Blicke von Reisenden, Schienenpersonal und gut informierten Trainspottern sind einem sicher.

Was kostet eine Fahrt mit dem neuen Nightjet?

Von Sitzplätzen ab 30 Euro bis zu Schlafwagenpreisen von 150 Euro – die Preisspanne ist breit, und sie richtet sich nach der Auslastung und dem Buchungszeitpunkt. So viel kostet das Reisen mit dem neuen Nightjet:

  • Sitzwagen: Ab 30 Euro bleibt der Startpreis für einen Sitzplatz bleibt stabil. Hier besteht die Möglichkeit, zwischen einem Sitz mit oder ohne Tisch zu wählen.
  • Liegewagen (Viererabteil): Der Startpreis ab 60 Euro entspricht den bereits in Betrieb befindlichen Liegewagen in den alten Nightjets. In der Praxis kann der Preis jedoch oft höher ausfallen – eine Mini Cabin ist möglicherweise die kostengünstigere Option.
  • Liegewagen (Mini Cabin): Ab 75 Euro zahlt man für eine Mini Cabin. Das ist nur geringfügig höher als für einen Platz in einem geteilten Abteil. Das positioniert die Schlafkapseln eher im niedrigen bis mittleren Preissegment – eine erfreuliche Nachricht für preisbewusste Reisende.
  • Schlafwagen: Die Preise für den Schlafwagen sind mit ab 150 Euro deutlich gestiegen und befinden sich nun im Hochpreissegment. In der Praxis liegen die Preise oft sogar bei 200 Euro oder mehr, insbesondere für ein einzelnes Bett in einem geteilten Abteil. Ein Einzelabteil ist noch teurer. Der Unterschied zwischen Standard- und Plus-Abteil ist dagegen gering.

Welche Städte steuert der Nightjet an?

Wohin führt der erste Streifzug des neuen Nightjets? Die Verbindungen zwischen Deutschland und Österreich stehen an erster Stelle. Hamburg–Wien und Hamburg–München–Innsbruck – das sind die Routen, auf denen der NJnG sein Debüt gibt. Und mit den Bestandszügen bringen die ÖBB die vor Jahren eingestellten Nachtzugverbindungen von Berlin nach Paris und nach Brüssel wieder zurück auf die Schiene.

Die geplante Reise nach Italien muss noch warten, denn strengere Brandschutzvorschriften verhindern vorerst den südlichen Ausflug. Aber wer weiß, vielleicht wird der Nightjet in Zukunft auch die italienischen Nächte erobern. Der neue Nightjet ist nicht nur ein Zug, er soll ein Versprechen sein: Fahren mit dem Nachtzug wird nicht mehr dasselbe sein.

Das unschlagbare Gefühl der Machtlosigkeit

Vergessen wird schnell, was während dieser Premierenfahrt des neuen Nightjets an kleinen Schnitzern auffällt  – es sind nur Kleinigkeiten im Angesicht des unschlagbaren Gefühls des machtlosen Hin- und Herschaukelns, das einen auf Fahrten in Nachtzügen früher oder später sanft in den Schlaf wiegt. Dieses Empfinden wird nie an Nostalgie und Geborgenheit verlieren, solange es Nachtzüge gibt. Und dieses Gefühl auch noch zu verbessern – das ist mit dem neuen Nightjet tatsächlich gelungen.

Der Geschmack des süßen Schlafs auf Schienen

Der nun schnellste Nachtzug der Welt dürfte die Marktführerschaft der ÖBB im europäischen Nachtzuggeschäft stark ausbauen und man muss sagen: Zu Recht, es ist auch einfach wahnsinnig komfortabel (geworden). Jetzt müssen in Zukunft nur ausreichend Tickets zu fairen Preisen verfügbar sein und die Renaissance auf Rollen kann beginnen. Auf dass auch die nächsten Generationen in den Geschmack des süßen Schlafs auf Schienen kommen.

Mehr Infos auf nightjet.com

Ferdinand von Vopelius
Ferdinand von Vopelius
Portalmanager Österreich
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