Das Weingut Joh. Jos. Prüm zu Gast bei KATE & KON am Attersee.

Das Weingut Joh. Jos. Prüm zu Gast bei KATE & KON am Attersee.
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Weingut Joh. Jos. Prüm: »Kein Ende der Legende«

Das Weingut Joh. Jos. Prüm ist außerhalb Deutschlands eines der bekanntesten Weingüter der Bundesrepublik. Grund dafür ist der stabil großartige Umgang mit fruchtsüßen Rieslingen. Jetzt gab es eine Verkostung am Attersee, von der man erzählen muss.

Nein, keine Sorge: das wird keine der üblichen Weinverkostungs-Nacherzählungen, die stets - und auch aus nachvollziehbarem Grund - einem ähnlichen oder gleichen Schema folgen. Nein, das hier wird eine Lobpreisung eines Weinguts, das - und das ist dann doch selten in Deutschland - seit Jahrzehnten schon für den grandiosen Ruf deutscher Rieslings-Kabinettweine und deutscher Rieslings-Spät- und Auslesen sorgt: das Weingut Joh. Jos. Prüm, salopp auch »Tschäj-Tschäj« genannt. Und dieses liebevolle

»Tschäj-Tschäj«, das vor allem eine junge Generation Sommeliers und Weinenthusiasten als alltäglich durchgesetzt hat, macht gleich etwas Wichtiges fest; nämlich, dass das Mosel-Weingut Prüm mit seiner riesig alten Tradition auch bei Weintrinkern der inzwischen zwei Online-Generationen als Teil einer jungen und leistbaren Alltags-Weinkultur erkannt wird.

Intellektuell

Die Verkostung, diese wichtige Verkostung, fand am Attersee statt, in den Räumlichkeiten des Forstamts in Steinbach, dem Familien- und Firmensitz der der Moderne zuzuschreibenden Weinhandelsfirma KATE & KON - übrigens auch allesamt nur junge Leute. Katharina Wolf von KATE & KON, eine der führenden Weinexpertinnen im deutschsprachigen Raum, hatte mit Katharina Prüm, die seit mehr als zwanzig Jahren wesentlich am Weingut wesentliche Verantwortung trägt, ein Verkostungs-Line-Up aufgestellt, das vor allem darauf abzielte, nicht nur die Unterschiede der beiden wesentlichen Lagen Wehlener Sonnenuhr und Graacher Himmelreich aufzuzeigen, sondern vor allem und sehr bestimmt, die Unterschiede von je zwei Jahrgängen pro Flight. So gesehen war das eine der wenigen intellektuellen Verkostungen, die es im Verkostungsreigen des bisherigen Jahres gab. Und es werden kaum noch welche folgen, die intellektuell einen ähnlichen Rang erreichen können. Nachsatz: Es gibt leider im Gesamten zu wenige intellektuelle Verkostungen, zu viel »Beef«, zu wenig »Geist«

 

Schauen wir uns jetzt mal gemeinsam die beiden intellektuell und geschmacklich interessantesten Flights dieses Abends an, die Flight-Fights der Jahrgänge 2003 und 2004 (Himmelreich und Sonnenuhr / Spätlese und Auslese). Katharina Wolf erklärte freien Herzens gleich zu Beginn der beiden Sessions, dass sie mit den Prüm-Weinen des Jahrgang 2003 gleich nach deren Erscheinen wenig anzufangen wusste. Und dass, obwohl sie mit Prüm-Weinen quasi seit ihrem 12. Lebensjahr vertraut war (ihr Vater, ein bedeutender Weinhändler, reichte ihr schon früh das eine oder andere Glas Riesling über den Tisch). Manfred Prüm sagte damals, also 2005 (und wenig schmeichelhaft), sie, also Katharina Wolf, verstehe diese Weine noch nicht. Bei der Verkostung jetzt gab ihm Katharina Wolf recht. Der Autor dieser Zeilen will einwerfen, dass auch er die Prüm-Weine aus 2003 damals kaum »verstand“, ja eigentlich gar nicht mochte. Und der Autor dieser Zeilen muss einwerfen, dass auch er sich irrte.

Wiewohl 2003 auch heute und länger ein ganz besonderer und ganz eigener Wein bleibt und bleiben wird, der in der Verkostung dem 2004er entgegengestellt den immensen Kontrast beider Jahrgänge aufdeckt. Zur Erinnerung: 2003 war damals das erste der richtig heißen Jahre – mit Temperaturen lange, lange Wochen weit über 35 Grad und kaum bis gar keinen Regen. Solche Jahre gab es danach in ihrer klimatischen Dramatik ähnlich wieder (etwa 2018), die Winzer jedoch hatten aus 2003 gelernt, ließen mehr schattenspendende Blätter an den Stöcken und ernteten auch früher. Deswegen bleibt 2003 immer ein Zeitzeugen-Jahrgang der ersten radikalen Warmphase der neuen und alten Klimabeobachtungen.

Der echt größte Bringer in Sachen Jahrgangsunterschiede

2003: Da sahen viele am Anfang schwarz: Viel konzentrierte Frucht und kaum Säure: So ein Jahrgang hält erfahrungsgemäß nicht lange und wird von Jahr zu Jahr plumper. Besser gleich trinken.

Was für ein Fehler! Ein Fehler, denn die Weintester begegneten dem Jahrgang 2003 mit den Erfahrungen anderer Jahre, die aber nicht für einen Vergleich taugen. Und heute zeigt sich, dass Prüms 2003er ein unerwarteter und delikater Langstreckenläufer ist, der noch viele Jahre bekömmlich groß sein wird - und doch das Klima, sein Klima, sein Wetter, nicht verleugnen kann und nicht verleugnen will.

2004 hingegen war ein feiner Jahrgang, der sich ebenso delikat präsentiert, aber kein Wunder darstellt, wie 2003 eines war. Der Autor bekennt: Prüm 2004 schmeckt ihm besser als Prüm 2003. Die beiden Jahrgänge parallel getrunken sind aber der echt größte Bringer in Sachen Jahrgangsunterschiede. Und diese nicht nur in Sachen Riesling und Mosel, sondern generell.

Zum Schluss der Verkostung gab es noch eine Wehlener Sonnenuhr Auslese Goldkapsel aus 2003, die dem Autor dieser Zeilen bewies, dass 2003 in dieser Goldkapsel-Kategorie noch ein paar Jahrzehnte länger präsent sein wird – wahrscheinlich sogar ein Jahrhundert lang.

Doch Moment: Wir sind noch nicht am Schluss

Denn der zweite Jahrgangs-Flight-Fight war, wenngleich nicht so deutlich, ein ebenso interessanter Aufprall von Jahrgangs-Gegensätzen: der Flight-Fight zwischen 2006 und 2008. 2006 war eines der wenigen Jahre, in welchem die Edelfäule Botrytis im Lesematerial der Spät- und Auslesen vorhanden war und so auch schmeckbar wurde. 2008 hingegen war ein überaus kühles Jahr – zwei in ihrer Art extreme Jahrgänge also. Was bei der Verkostung schmeckbar wurde ist, dass es erneut auf die kundige Winzerhand ankommt, wenn man mit Botrytis keltern muss. Das kann ordentlich schiefgehen. Oder zu solch grandiosen Weinen wie bei Prüm führen, die eine immense Trinkigkeit (ein seltsames, aber passendes Wort) mitbringen. Und das im Gesamten kühlere Jahr 2008? Das ergab bei Prüm Rieslinge, die mit immenser Eleganz (die im gewissen Maß die reduzierte Frucht brillant ersetzt) glänzen. Und ebenso: Langstreckenläufer wie alle Prüm-Rieslinge.

Zwei Tage später öffnete Manfred Prüm, der 89-jährige Grandseigneur, im privaten Kreis erneut die Jahrgänge 2003 und 2004, um erneut festzustellen, dass die 2003er eine epochal andere Entwicklung genommen haben, als die gesamte Weinwelt erwartete. Doch die allergrößte Überraschung aller von Prüm getrunkener Weine war eine Sonnenuhr-Spätlese aus 1985, die halbtrocken gekeltert wurde. Halbtrocken heißt Restsüße. Doch diese Restsüße war nur mehr im hinteren Schluck ein bisschen schmeckbar – der Wein war in den Jahren zum trockenen Wein mutiert und ein gigantisches Vergnügen; endlich ein trockener Prüm, wenngleich nicht mit Absicht.

So eine Entwicklung ist möglich, wenn Schmelz und Zucker sich in der Reife zurückbilden und Säure und auch gering Bitterstoffe in den Vordergrund treten. Doch das geschieht sehr selten: dieser Wein war ein Ausnahmeerlebnis. Ebenso Ausnahmeerlebnis war die Sonnenuhr-Auslese aus dem brillanten Jahrgang 1949, ein Wein, etwas nach seiner perfekten Trinkreife, der im langsamen Vergehen nochmal von seinem Glanz und seinen Möglichkeiten berichten konnte.

Das Wesentliche der Verkostung dieser Weine der modernen Klassik war für den Autor dieser Zeilen aber, dass man nicht nur die Spätlesen von Prüm, sondern auch die Auslesen ganz fantastisch zu Fisch und Gemüsegerichten trinken kann. Und auch zu Reh und anderem roten Fleisch.
Da tut sich eine Welt auf!

Manfred Klimek
Autor
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