Falstaff-Klassiker: Château Le Gay Pomerol

Tasting

Tasting vom 22.10.2010

Viele Jahrzehnte lang waren die beiden Weingüter Château Lafleur und Le Gay, die nur eine Straßenbreite voneinander getrennt unmittelbar nördlich von Château Pétrus in Pomerol liegen, im Besitz von Marie und Thérèse Robin. Le Gay stand immer im Schatten von Lafleur, die Hierarchie im Hause Robin war klar. 1994 entschlossen sich die Damen dazu, die Hälfte des Le­Gay­Weingartens zu verkaufen. Seitdem verstärkt der bessere Terroiranteil von Le Gay den Wein von Château La Fleur­Pétrus des Hauses J. P. Moueix. Diese Tatsache ist als klares Defizit der heutigen Möglichkeiten von Le Gay zu werten, das 2002 an Cathérine Péré­Vergé verkauft wurde, die umgehend umfangreiche Renovierungsarbeiten einleiten ließ sowie den Starönologen Michel Rolland mit der Leitung der Vinifikation beauftragte. Die Erben von Fräulein Marie Robin, die Familie Guinaudeau, die sich schon seit 1985 um die Weingärten gekümmert hat, entschieden sich im Jahr 2001 dazu, Château Lafleur zu behalten und Le Gay nun zur Gänze abzustoßen, um mit dem Erlös – kolportiert werden über 20 Millionen Euro – die in Frankreich sehr erhebliche Erbschaftssteuer begleichen zu können und so Château Lafleur als Familienbesitz zu erhalten. Auch wenn es aufgrund der Besitzverhältnisse naheliegt, dass Le Gay stilistisch Lafleur ähnlich ist, so erreichte der Wein dieses Gewächses doch so gut wie nie die Klasse von Lafleur. Der Wein, der zu zwei Dritteln aus Merlot und zu einem Drittel aus Cabernet Franc besteht, ist stärker von Würze als von Frucht bestimmt. Das unterscheidet ihn klar von den typischen Pomerols, die oft reine Merlot­Weine sind. Le Gay ist oft einem Saint­Estèphe näher; wer ihn also blind auf das »Linke Ufer« stellt, braucht sich nicht zu schämen, diese gedankliche Reise kann bei manchem Jahrgang auch gut im südlichen Rhônetal enden. Le Gay steht retrospektiv für kräftige, oft rustikale Tannine, einen höheren Säurebogen und eher rotbeerige als schwarze Frucht. Angeblich wurde Le Gay zu Zeiten der Schwestern Robin immer vor Lafleur geerntet. Die Qualitäten sind daher weit inhomogener, die recht rudimentäre Kellerwirtschaft und mangelnde Sauberkeit bei den Fässern haben das Ihre beigetragen. Alte Jahrgänge von Le Gay sind aufgrund der geringen Menge und der fehlenden Reputation selten anzutreffen. 1947 und 1950 gelten als legendär, dann überwiegen die Enttäuschungen die Offenbarungen bei Weitem. 1975 war gut, vor 12 Jahren war der 82er aus der Magnum noch vielversprechend. 1989 ist für mich das Paradebeispiel für einen großen Le Gay, er übertrifft den sehr guten 90er, dem eine schwache Phase folgte, die der wunderbare 1998er beendete. 2000 hat eine stilistische Nähe zum 1989er, erreicht diesen aber nicht ganz. 2004 glänzt mit einem tollen Preis­Leistungs­Verhältnis, mit 2005 setzte das neue Team rund um Michel Rolland ein erstes Zeichen. Die beiden jüngsten Jahrgänge, 2008 und 2009, beweisen, was man herausholen kann, wenn alle Bemühungen auf Topqualität abzielen. Wie sich der Wein stilistisch in der neuen Ära entwickelt, bleibt abzuwarten. Der Preis, der lange unter dem des Zweitweines von La fleur, dem »Pensées de Lafleur«, lag, zieht jedenfalls bereits deutlich an. Notizen von Peter Moser

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