Offenes Feuer, ein glühender Wok, die Essenz der Küche Indochinas. Ob in den zigtausenden Garküchen zwischen Thailand und Vietnam oder in den sterneprämierten Top-Restaurants der Region: Ohne die gusseiserne Pfanne läuft hier in den Küchen nichts.

Offenes Feuer, ein glühender Wok, die Essenz der Küche Indochinas. Ob in den zigtausenden Garküchen zwischen Thailand und Vietnam oder in den sterneprämierten Top-Restaurants der Region: Ohne die gusseiserne Pfanne läuft hier in den Küchen nichts.
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Im kulinarischen Herz Asiens: So schmeckt das Goldene Dreieck

Indochina, jener Teil Asiens zwischen dem indischen Subkontinent und dem Giganten China, stellt einen ganz eigenen, kulinarischen Mikrokosmos dar, der sich auf höchst vielfältige Weise entwickelt hat. Falstaff nimmt Sie mit auf eine geschmackvolle Reise durch Thailand und Vietnam, durch Laos und Kambodscha, durch eine gastronomische Welt, die ihresgleichen sucht.

Als »einzigartigen und lupenreinen Blick auf die moderne Thai-Cuisine« und »Beispiel für das Beste, was das Land gastronomisch zu bieten hat, inspiriert vom außergewöhnlichen landwirtschaftlichen Erbe und den jahrhundertealten Kochtechniken des Landes« bezeichnen die Juroren der 2023er-Liste der »50 besten Lokale Asiens« die Küche im »Le Du« in Bangkok. Und sezieren damit ganz präzise, worauf es in der Küche des Königreichs seit jeher ankommt: klare und strenge Regeln, frischeste Zutaten aus lokaler Produktion und im Finish eine fein abgeschmeckte Cuvée aus Tradition und Moderne – in diesem Fall ein leichter französischer Twist in der Zubereitung. Lohn für das »Le Du« (der Name klingt zwar sehr französisch, heißt aber auf thailändisch »Jahreszeit«) und seinen jungen Küchenchef Thitid Tassanakajohn: der Titel als »Bestes asiatisches Restaurant 2023« – und
jede Menge Publicity.

Thailands Küche konnte sich über Jahrhunderte entwickeln und kann immer auf beste Zutaten zurückgreifen.
– Wini Brugger, Gastronom

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»Frankreich des Ostens«

Aber das »Le Du« ist nur die Spitze des Eisbergs. Insgesamt kamen neun Restaurants in Bangkok in die »50 Best«-Liste, alleine vier unter die ersten zehn. Und bewiesen damit einmal mehr die herausragende Position der thailändischen Haute Cuisine in Fernost. Für Gastronomen wie den Kärntner Wini Brugger, mit seinen Asia-Fusion-Restaurants »Yohm« und »Indochine 21« um die Jahrtausendwende Austro-Trendsetter in Sachen asiatischer Haute Cuisine in Österreich, ist das wenig überraschend: »Thailands Küche genießt in der Kulinarikwelt einen gewaltigen Ruf, denn sie konnte sich über viele Jahrhunderte autochthon entwickeln, wird in einer eigenen Hochschule gelehrt und kann auf die besten Zutaten zugreifen, die man finden kann.« Es sei eine Situation, wie sie sonst eigentlich nur in Frankreich existiert: »Thailands Chefs finden alle Voraussetzungen vor, in den Küchen des Landes Außergewöhnliches zu schaffen. Und sie nutzen diesen Vorteil perfekt.«

Wobei es den meisten Küchenchefs zwischen Chiang Mai im Norden und Phuket im Süden gelingt, bei aller Höhe der Haute Cuisine niemals die Basis ihrer Aromenvielfalt aus den Augen zu verlieren – und die liegt im allgegenwärtigen Streetfood. Brugger: »Wenn man die gesamte Veredelung, die die Haute Cuisine auszeichnet, weglässt, dann kommen so gut wie alle Rezepturen der thailändischen Küche aus dem Alltag, aus der Volksküche, wie sie in den Familien und von den Straßenhändlern seit Ewigkeiten angewendet und überliefert wird.« 

Mal eben auf ein schnelles Bier in Hanoi: Der frühere US-Präsident Barack Obama und der – inzwischen verstorbene – Anthony Bourdain setzten sich 2015 für die TV-Show des Kochs in einer der unzähligen vietnamesischen Garküchen zusammen und plauschten.
© Presidential Photographs / Records of the White House Photo Office
Mal eben auf ein schnelles Bier in Hanoi: Der frühere US-Präsident Barack Obama und der – inzwischen verstorbene – Anthony Bourdain setzten sich 2015 für die TV-Show des Kochs in einer der unzähligen vietnamesischen Garküchen zusammen und plauschten.

Bestes Beispiel dafür ist Supinya »Jay Fai« Junsuta. Die Streetfood-­Virtuosin startete in Bangkok mit einem Wok auf einer mobilen Gar­küche. Ihre Kreationen, allen voran ihr »Signature Dish«, ein Krabbenomlette, waren bald über die Grenzen der Metropole hinaus so beliebt, dass sogar der Guide Michelin auf sie aufmerksam wurde und ihr 2018 einen Stern verlieh, den sie bis heute hält. Inzwischen betreibt sie ein kleines Lokal mit sieben Tischen, die Preise wurden angehoben und die Gäste stehen Schlange um den ganzen Block, um bei ihr zu essen. Aber letztlich ist ihr Lokal »Raan Jay Fai« nach wie vor ein Streetfood-Spot, wenngleich auch ein vielfach prämierter.

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Good morning, Vietnam!

Komplett anders verhält es sich mit dem östlichsten Staat Indochinas. Die Republik Vietnam hat – auch kulinarisch – eine sehr wechselvolle Geschichte hinter sich. Zahlreiche Völker hinterließen in den Küchen des Landes ihre Spuren und entwickelten die aus dem bäuerlichen Alltag heraus entstandenen Gerichte sukzessive weiter. Wie Thailand hat auch Vietnam eine extrem entwickelte Streetfood-Kultur, geschmacklich allerdings mit ganz anderen Vorzeichen: Statt Schärfe regieren frische Kräuter, Limetten und Zitronengras, statt elaborierter Zubereitungsarten setzt man auf Kreativität. Currys – eines der wichtigsten Gerichte in ganz Indochina – sind in Vietnam milder und molliger als in Thailand, statt Reis werden (Reis-)Nudeln als Beilage gereicht. Und die wichtigsten Food-Klassiker – die Pho-­Suppen, die gefüllten Baguettes Bánh Mi oder Bun Cha, haben allesamt französische Wurzeln. Dennoch – oder gerade deshalb – gewinnt die vietnamesische Küche immer mehr Fans. Einerseits rund um den Globus – die Zahl der Lokale weltweit, die das Wörtchen Pho im Namen tragen, ist längst ohne Zahl – und andererseits in Vietnam selbst. »Es bildet sich gerade eine Hochküche aus, und es finden sich immer mehr Gastronomen, die auf verlässlichem Niveau die Rezepte des Landes veredeln«, erzählt Vietnam-Fan Wini Brugger. Und spätestens, seit der frühere US-Präsident Barack Obama mit dem inzwischen verstorbenen Koch Anthony Bourdain medienwirksam in Hanoi Bier trank und Spezialitäten snackte, muss sich die Küche des Landes keinem mehr erklären.

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Sonst?

Kulinarisch ein Mauerblümchendasein fristen Laos und Kambodscha, die zwischen Thailand im Westen und Vietnam im Osten Indochinas liegen. Doch obwohl die Küchen der beiden Länder viele Anleihen bei ihren Nachbarn nehmen, haben sie auch lokale Besonderheiten zu bieten.

Alles in allem stellt Indochina einen kulinarischen Kosmos dar, der für Feinschmecker und Abenteuerlustige gleichermaßen eine unendliche Bandbreite an Verlockungen bereithält.


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Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2023

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Martin Kubesch
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