Das Bild von Cognac im Schwenker ist selten geworden. Heute genießt man ihn in schmäleren Gläsern oder als Cocktail.

Das Bild von Cognac im Schwenker ist selten geworden. Heute genießt man ihn in schmäleren Gläsern oder als Cocktail.
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Cognac: Ein neuer Cocktail-Trend?

Früher hat man seinen Cognac gerne im hintersten Regalfach versteckt. Heute erlebt der aromatische Weinbrand seinen zweiten Frühling – und weiß auch in Cocktails zu überzeugen.

Cognac hat – ob zu Recht oder zu Unrecht – ein etwas altbackenes Image. Vor dem geistigen Auge findet sich meist ein Kamin mit lodernden Flammen, vor dem sich einige ältere Herren auf bequemen Ledersesseln niedergelassen haben, um bei einem Glas Cognac und einer Zigarre über den Sinn des Lebens zu philosophieren. Man denkt bei Cognac auch nicht sofort an Cocktails. Und doch gehört
auch Weinbrand als Basisspirituose neben Whisky, Rum, Tequila, Gin und Wodka fix zur Cocktailkultur.
Zwar findet sich in Bars immer die eine oder andere Abfüllung eines Cognac-Hauses, allerdings oft wenig beachtet oder leicht angestaubt im Backboard, wo die schönen Karaffen eher dem optischen Aufputz dienen. »Dabei gibt es Cognac im Cocktail schon seit ewigen Zeiten«, sagt etwa Reinhard Pohorec, der wohl aktivste Cognac Educator, der international schon Hunderte Professionisten und Privatinteressierte in die Geheimnisse dieser Spirituose eingeführt hat: »Neu ist aber, dass Cognac langsam wieder die Aufmerksamkeit von Barkeepern bekommt, die er verdient. Wo sonst findet man in den verschiedenen Stilen einzelner Hersteller eine solche Breite an Möglichkeiten?« Als Trendspirituose wird Cognac noch nicht gesehen, aber immer mehr Barkeeper  haben für kreative Cocktailvariationen nicht mehr hauptsächlich Whisky und Rum im Fokus, sondern auch immer öfter Cognac.

Bartender’s Choice

Und das hat Tradition. Cocktailklassiker wie ein Sidecar oder ein Brandy Alexander schienen lange Zeit fast in Vergessenheit geraten zu sein, ebenso dass der Cocktail  Sazerac im Original nicht mit Whiskey, sondern mit French Brandy (also Cognac) gemacht wurde. Erst als der Cognac wegen der Reblauskrise in den 1870er-Jahren knapp wurde, erfolgte der Umstieg auf Rye Whiskey. »Es ist kein vom Publikum initiierter Trend«, meint der österreichische Barbetreiber Michael Kreuzer, »allerdings funktionieren Cognac-Cocktails auf Empfehlung sehr gut.«
Seinen Sazerac macht er zum Beispiel auf die ursprüngliche Art und auch für Eigen­kreationen greift er verstärkt auf Cognac zurück. »Die Leute sind begeistert, welche Geschmacksoffenbarungen dabei herauskommen können.« Insofern findet ein stetiger Prozess statt, der vor allem bei Stammgästen den Cognac mehr und mehr in den Mittelpunkt rückt.

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Auch seitens der Hersteller gibt es inzwischen verstärkt Bemühungen, dem Cognac wieder seinen angestammten Platz in den Bars der Welt zurückzugeben. So veranstaltet etwa Courvoisier mit beacht­lichem Aufwand die weltweite »The Toast of Paris«-Cocktail-Challenge, die dieses Jahr der österreichische Bartender Ferenc Haraszti (Bar »Mr. Mendez«, Wien) mit seinen Kreationen »Think Twice« und »Riverside« gewonnen hat. »Unsere Intention war es, die Vielseitigkeit von Cognac in das Bewusstsein der Kreativen hinter den Bartresen der Welt zu bringen«, erklärt Rebecca Asseline, die als weltweite Markenbotschafterin für Courvoisier viele Märkte beobachtet und den Wettbewerb initiiert hat.
Doch sind Wettbewerbe allein ausreichend, um Cognac aus der angestaubten Edelecke zu holen? Und lässt sich damit ein junges Publikum für VS- oder VSOP-Qualitäten sensibilisieren, ohne dass es einen Kredit zur Finanzierung der Drinks aufnehmen muss? Nach Meinung der Barkeeper sind Wettbewerbe ein gutes Tool, die Kreativität zu fördern und zu zeigen, dass Neuartiges entstehen kann.
Zusätzlich sind aber weitere Dinge, vielleicht Roadshows oder gemeinsame Aktionen verschiedener Cognac-Häuser erforderlich, um die Breite zu er­reichen, sodass letztlich von einem echten Trend gesprochen werden kann. »Es fehlt noch etwas an Lifestyle«, sagt der aus Asien stammende Barkeeper Kan Zou, Patron der »The Sign Lounge« in Wien, »die Call Orders sind noch sehr selten, ebenso sind noch kaum Signature Drinks im Bewusstsein der Gäste. Helfen würde eine Art Gin & Tonic mit Cognac, eben einfach ein verständlicher Drink, bei dem die Gäste wissen, dass man sich mit verschiedenen Abfüllungen unterschiedliche Geschmäcker in den Drink holen kann.«

Cognac funktioniert jedenfalls als Basis von Longdrinks hervorragend. Allerdings ist der ideale, um nicht zu sagen exklusive Filler – wieder verglichen mit Gin & Tonic – nicht so leicht zu identifizieren. Vielen ist Ginger Beer zu würzig – und es wird oft mit Rum assoziiert. Ginger Ale – weniger spicy – hat im Whiskey einen starken Partner gefunden, wobei auch Cognac toll dazu passt. Bewährt hat sich der Vorschlag, den 20 Top-Mixologen im Jahr 2008 bei einem Cognac-Gipfeltreffen für den BNIC (Bureau national interprofessionnel du cognac) kreierten: Cognac VSOP mit Zitronensoda, etwas frischem Ingwer und ein Limonentwist. Fazit: sehr erfrischend und mit viel Potenzial, wenn der Ingwer sparsam eingesetzt wird.
Dabei muss das Rad nicht immer neu erfunden werden. Der »Rickey« ist als Cocktail fast in Vergessenheit geraten, vielleicht weil er so einfach zu machen ist, dass er für Cognac fast zu banal erscheint. Dennoch ergibt ein schöner Weinbrand, der mit dem Saft einer halben Limette im Glas gemischt und dann mit etwas frischem Sodawasser aufgegossen wird, einen tollen Longdrink für zu Hause, der der Basis Cognac genügend Freiraum lässt, sich geschmacklich zu entfalten. Ein paar Tropfen Bitters können feine Akzente setzen.

Top-Cognac

Unbestritten ist Cognac im Segment der Luxusspirituosen fix verankert. Abfüll-ungen wie Rémy Martin Louis XIII sind schon optisch ein Ausdruck von feinster Eleganz, die Flaschen sind Kunstwerke für sich. Diese Art der Abfüllungen kreieren zu dürfen, ist ein absolutes Highlight für einen Kellermeister, denn in derartigen Kompositionen ist flüssige Geschichte enthalten, die bis zu 200 Jahre zurückreicht. Natürlich fallen auch Hennessy Paradis Imperial, Frapin Cuvée 1888 und L’Essence de Courvoisier in diese Kategorie, um nur einige zu nennen. Allerdings können die Cognac-Häuser in so gut wie allen Segmenten überzeugende Abfüllungen bieten.

Cognac als Allrounder

Obwohl das Gebiet von Cognac eingeschränkt, Rebsorten und Holzart genau definiert und die Regeln der Lagerung strenger Kontrolle unterworfen sind, stellt sich das Getränk heute vielseitiger denn je dar. Zu verdanken ist das den Menschen, die durch lange Erfahrung und viel Liebe zum Detail ihre Produkte auf allen Ebenen zu etwas Besonderem machen. »Cognac cooler machen, eine feminine Seite und den Lifestyle zeigen«, das ist auch das Anliegen von Eileen Schuch, die mit ihrer Plattform Fabdrinx zur Fußball-WM Hennessy-Drinks in den Fokus der Social Media brachte. Schuch: »Schließlich ist auch Public Viewing längst keine Männerangelegenheit mehr!«
Das »Best of Cognac« Tasting finden Sie im aktuellen Falstaff-Magazin 06/2018.
Einige Cognac-Cocktail-Rezepte finden Sie unter »Mehr entdecken«

Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2018

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Erhard Ruthner
Erhard Ruthner
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