Auf den Berghängen des Douros und seiner Nebenflüsse wachsen auf verwittertem Granit die Trauben für den Portwein.

Auf den Berghängen des Douros und seiner Nebenflüsse wachsen auf verwittertem Granit die Trauben für den Portwein.
© Quinta do Noval S. Chapuis

Das kleine Portwein-Lexikon

Der Port ist eine komplexe Materie. Es handelt sich bei diesen köstlichen Produkten nicht um Wein, sondern um Likörwein, da während der Produktion Branntwein im Verhältnis von rund 1:4 dem Most zugesetzt wird, damit der restliche Zucker im Endprodukt verbleibt. Die Bandbreite und Güte dieser Dessertweine ist groß, und das spiegelt sich auch in den Preisen wider.

Tawny Port und Ruby Port

Der relativ junge Portwein, genannt »Ruby«, zeigt eine dunkle rubinrote Farbe, die sich mit zunehmender Alterung Schritt für Schritt in eine Bernsteinfarbe, die im englischen »Tawny« (die Farbe der Löwenmähne) heißt, verändert. Die Tawnys und gereiften Tawnys sind aromatischer, delikater und leichter im Stil als Rubys, was sie der längeren Verweildauer im Holzfass verdanken. Die klassische Einheit für ein Reifefass ist 630 Liter, für eine Pipa sind es 550 Liter. Hier kommt ein in jeder Hinsicht elementarer Unterschied zum Vorschein. Tawnys reifen je nach Qualität für einen sehr langen Zeitraum im Holz, während der Ruby in seiner besten Form als Vintage Port sehr früh auf die Flasche kommt und dort in ganz anderer, nämlich reduktiver Weise heranreift.

Tawny – Ausbau im Holzfass

Wird der Portwein über einen längeren Zeitraum im Holzfass ausgebaut, entwickelt er sich durch die Mikro-Oxidation vom Ruby zum Tawny. Der Tawny Reserve Port ohne Altersangabe ist im Holz gereift. Dieser Weintyp zeigt sich von einer äußerst eleganten Seite, kombiniert die frische, jugendliche Frucht mit gewissen Elementen der Reife, seine Farbe hat sich bereits in eine mittlere goldbraune Farbe verwandelt. Bei der Gruppe Tawny mit Altersangaben sind vier Reifeschritte für diese Stilgruppe der im Holz gereiften Ports zugelassen, nämlich Tawny 10 years old Port, Tawny 20 years old Port, Tawny 30 years old Port und Tawny 40 years old Port.

Für diese Produkte ist ein jeweils typisches Geschmacksbild vorgesehen, dem diese Tawny-Cuvées entsprechen müssen. Die Produkte weisen auf dem Vorder- oder dem Rücketikett zusätzlich das Jahr aus, in dem sie abgefüllt wurden. Extrem rare Verschnitte wie der Honore Port, der zum 400-Jahr-Jubiläum von Quinta do Crasto aus über 100-jährigen Portbeständen komponiert wurde, erzielen Preise von mehreren Tausend Euro. Colheita Port sind Tawnys aus einzelnen Jahrgängen, die zunächst zumindest sieben Jahre im Holzfass verbringen müssen. Der Spezialist für Colheita Port ist das Haus »Niepoort«, das bis zum heutigen Tag wie kein anderes Haus über enorme Bestände an alten Jahrgangs-Tawnys verfügt. Bei einem Colheita Port steht wie bei einem Vintage Port der Erntejahrgang auf dem Hauptetikett, es ist aber auch das Jahr der Abfüllung angegeben.

Daniel Niepoort inspiziert die so genannten »Demijohn«, also große Glasflaschen, in denen Colheitas aus dem 19. Jahrhundert, die seine Vorfahren als flüssiges Erbe hinterlassen haben, gelagert werden.
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Daniel Niepoort inspiziert die so genannten »Demijohn«, also große Glasflaschen, in denen Colheitas aus dem 19. Jahrhundert, die seine Vorfahren als flüssiges Erbe hinterlassen haben, gelagert werden.

Ruby – Gereift in der Flasche

Bei der Premium Ruby Reserve handelt es sich um Ruby aus höherwertigeren Grundweinen – verglichen mit einem einfachen Ruby –, und zwar in Form einer Jahrgangscuvée, die nach vier bis fünf Jahren trinkfertig auf die Flasche kommt. Diese Produkte sind tiefer in der Farbe und haben eine ausdrucksvollere Aromatik. Man könnte sagen, es handelt sich um eine stilistische Vorstufe des Vintage Ports, weshalb man dieses Segment früher als »Vintage Character« bezeichnete. Führende Häuser bedienen sich heute eines Markennamens, um jede Verwechslung mit einem hochwertigen Vintage Port zu vermeiden. Beispiele wären Graham’s mit »Six Grapes« oder Taylor’s »First Estate«.

Late-Bottled-Vintage-(LBV)-Portweine sind eine lohnende Einstiegskategorie und Vorbereitung für das Verständnis der Vintage Ports. Der Grundwein für einen LBV stammt aus einem einzigen Jahrgang und reift in der Regel bis zu sechs Jahre im Fass. Frühestens dürfen sie nach vier Jahren abgefüllt werden. Diese Weine sind dann bei der Auslieferung trinkreif. Die Ausnahme bilden jene LBVs, die ohne Schönung und Filtration auf die Flasche kommen, also die »Unfiltered«-Versionen. Diese können sich auf der Flasche weiterentwickeln, müssen aber vor dem Genuss unbedingt dekantiert werden. Die von manchen Shippers früher verwendete Zusatzbezeichnung »Traditional« wurde mittlerweile vom IVP (dem Kontrollorgan »Instituto do Vinho do Porto«) verboten. Die LBVs kommen zumeist aus recht guten Jahren, in denen man auf die Produktion eines Vintage Ports verzichtet hat. Auf dem Etikett findet man neben dem Jahrgang zwingend auch das Jahr der Abfüllung.

Eine andere, in der Regel preisgünstige, Annährung an die Stilistik eines Vintage Ports ist der »Crusted Port«, der aus Grundweinen aus unterschiedlichen Jahrgängen stammt, eine tiefe Farbe und festen Körper aufweist. Während der als Minimum drei Jahre vorgeschriebenen Reifedauer auf der Flasche entwickelt sich ein deutliches Depot oder eine Depotkruste, englisch »Crust«, was diesen Weinen den Namen gab. Ihr alter Name »Vintage Character« ist längst nicht mehr zulässig. Eine selten gewordene Kategorie ist »Garrafeira Port«, ein Begriff, der auf eine ausgedehnte Reife in der Flasche hinweist, die nach einer vor­angegangene Fasslagerung von drei bis sechs Jahren im Holz weitere acht Jahre vor dem Verkauf verlangt. Niepoorts Garafeira 1977 reifte beispielsweise fünf Jahre im Holz und 25 Jahre auf etwa zehn Liter fassenden Demijohn-Glasflaschen.

Taylor’s zählt zu den legendären Porthäusern. Ein Besuch der Keller in Vila Nova de Gaia bei Porto samt Verkostung ist immer ein Erlebnis.
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Taylor’s zählt zu den legendären Porthäusern. Ein Besuch der Keller in Vila Nova de Gaia bei Porto samt Verkostung ist immer ein Erlebnis.

Vintage Port – Vom Fass in die Flasche

Den höchsten Stellenwert unter allen Portweinen räumt man der Kategorie »Vintage Port« ein. Der klassische Vintage trägt den Erntejahrgang und den stolzen Namen des Erzeugers, sei es Shipper oder Winzer. Als Qualitätsspitze wird er nur in den besten Jahren abgefüllt, solche werden von den Produzenten recht förmlich ausgerufen, auf englisch »declared«. Erklärt nur ein Teil der Erzeuger einen Vintage-Jahrgang, und dafür kann es viele Gründe geben, dann gibt es für jene, die einen Wein auf den Markt bringen, zwei Varianten. Man verwendet für diese Interims-Jahrgänge eine Zweitmarke (Beispiel: »Fonseca« in einem Topjahr, »Fonseca Guimaraens Vintage Port« in einem kleineren Jahr), oder man weicht auf den Wein eines einzigen Weinguts aus – die großen Häuser besitzen alle mehrere Quintas, die sich als Komponenten zum Grand Vin zusammenfügen – und bringt davon eine natürlich kleinere Menge als Quinta Port auf den Markt. (Beispiel: Taylor, Quinta de Vargellas und/oder Quinta de Terra Feita). Logischerweise vermitteln die Weine dieser Kategorie mehr von ihrer speziellen Herkunft und der Traubensorten, die dort dominieren, während der Kellermeister beim klassischen Vintage Port den Charakter des Hauses wiedererkennbar macht. Nicht jeder Vintage mit der Bezeichnung Quinta ist ein Interims-Jahrgangswein, diese tragen stets auch den Namen des Hauses.

Portwein genießt man am besten mit Muße und begleitet von der komplementären Gastronomie.
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Portwein genießt man am besten mit Muße und begleitet von der komplementären Gastronomie.

Vintage Port

Highlights in den ­letzten hundert Jahren.

Folgende Jahrgänge (Auswahl) stehen bei Portwein-Kennern hoch im Kurs, hervorragende Jahre sind fett markiert:

Jüngste und jüngere Jahrgänge, noch nicht trinkreif:
2020, 2019, 2017, 2016, 2015, 2011, 2009, 2007

Bereits gut antrinkbar:
2005, 2004, 2003, 2000, 1999, 1997, 1995, 1994, 1991

Gereifte Jahrgänge:
1985, 1983, 1982, 1980, 1978, 1977, 1975, 1970, 1967, 1966, 1963

Vinotheks-Highlights:
1960, 1955, 1948, 1945, 1942, 1938, 1935, 1931, 1927, 1924, 1920.


Die Quinta do Noval erzeugt mit dem »Nacional« den gesuchtesten Vintage Port, der aus Trauben von wurzelechten Reben stammt.
© Quinta do Noval S. Chapuis
Die Quinta do Noval erzeugt mit dem »Nacional« den gesuchtesten Vintage Port, der aus Trauben von wurzelechten Reben stammt.

Die großen Namen – exklusive Cuvées

Der gesuchteste Vintage Port trägt den Namen Quinta do Noval, eine Art Château Pétrus unter den Vintage Ports. Seit 1715 ist dieser Wein wahren Weinkennern ein Begriff, und dieser Grand Vin wird ausschließlich aus Weingärten der Quinta do Noval kreiert. Allerdings wurde der Wein der Quinta do Noval in einer Lodge in Vila Nova de Gaia in der Nachbarschaft zu Porto erzeugt, wie für alle Portweine gesetzlich vorgeschrieben. Erst nach einem verheerenden Brand übersiedelte man nach 1986 auf das Weingut direkt in die Weinregion im Dourotal und reihte sich unter die waschechten Single-Quinta-Port-Produzenten ein. Bis Ende 1978 war es Pflicht, die Jungweine flussabwärts in die Kellereien unweit von Porto zu bringen, wo sie gereift und abgefüllt wurden. Seither dürfen auch die Winzer auf den Weingütern Vintage Port herstellen, diese werden als »Single Quinta Port« bezeichnet.

In letzter Zeit ist es Mode geworden, zusätzlich zum Grand Vin noch Minimengen von speziellen Parzellen mit meist sehr alten Reben auszukoppeln. Als Vorbild dafür wird gerne die legendäre Abfüllung von Quinta do Noval genannt, die den Zusatz »Nacional« trägt und aus einem winzigen Weingarten mit wurzelechten Reben stammt. Wer also richtig Geld ausgeben will und Muße zur Suche hat, nimmt Weine wie Taylor’s Vargellas Vinha Velha, Graham’s The Stone Terraces von der Quinta dos Malvedos oder Capela da Quinta do Vesúvio ins Visier, die mit dem Nacional das Quartett der rarsten Vintage Ports bilden. Seit 2017 kann man auch noch den Sérikos Quinta da Roêda von Croft dieser Gruppe zurechnen. Wer auf Nummer sicher gehen will, ist bei den Klassikern von Quinta do Noval, Taylor's, Fonseca, Graham's und Dow's gut bedient, unter den neueren Namen (als Erzeuger von Vintage Port) gelten Niepoort, Quinta do Vesúvio oder Pintas Wine & Soul als sichere Aktien.

Last, but not least – White Port

Port wird in aller Regel aus Trauben blauer Sorten hergestellt, Produkte aus weißen Trauben sind aber auch am Markt. Das sind in der Regel recht einfache Likörweine, die heute nicht allzu lange gelagert werden, ehe man sie in Flaschen abfüllt und sie so in den Handel gelangen. Man kann die weißen Portweine in zwei Grundtypen unterteilen. Als sehr trockener »White Port« wird er in Portugal gerne als Aperitif gereicht. Der Typ mit mittlerer Süße, eher zart im Geschmack, wird vor allem in Frankreich und Schweden geschätzt.


Erschienen in
Falstaff Nr. 10/2022

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