Im Champagner-Gebiet Vallée de la Marne werden auf rund 10.000 Hektar Reben kultiviert.

Im Champagner-Gebiet Vallée de la Marne werden auf rund 10.000 Hektar Reben kultiviert.
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Die besten aus der Champagne

Die beeindruckende Vielfalt und Innovation der Champagner bereiten »Perlenliebhaber« und Weinfreunden aufregende Sternstunden.

Gemächlich und vorsichtig zieht der hochgewachsene Percheron-Kaltbluthengst den Pflug  durch den kalkgeprägten Boden zwischen den alten Rebstockreihen der Mikroparzelle »Fosse aux pourceaux«. Das 0,3 Hektar große, einzigartige Kleinod am Rande des Dorfes Avize, gehört zu einer der großen Grand Cru Lagen an der Côte des Blancs in der Champagne.

»Hier stehen unsere Reben für den Einzellagen Champagner »Venus«. Die Bodenbearbeitung ist sehr aufwendig und erfolgt ausschließlich mit unserem Pferd oder sogar per Hand.« erklärt Pascal Agrapart. Sein Sohn, der 27-jährige Önologe Ambroise ist entschlossen, die Philosophie seines Vaters weitertragen. »Der Ausdruck des Terroirs, der Parzelle sind für unsere Blanc des Blancs aus Chardonnay eines der wichtigsten Kriterien«, ergänzt er und zeigt stolz auf eine Flasche »Venus«. Sie gehört mit ihrem eigenständigen und präzisen kraftvollem Stil zum Besten, was die Champagner zu bieten hat. 

Zu weiteren hervorragenden Winzern, den »Récoltant Manupulant«, gehört auch Pierre Amillet von Champagne Moncuit aus Clos de Mesnil. Die geschliffen, geradlinige Eleganz und die Power seines »Les Romarines Rosé Grand Cru« überzeugen. Nach wie vor liegen die Rosé Champagner im Trend. Allein in Deutschland beträgt der Anteil zehn Prozent.

Westlich von Épernay öffnet sich das Vallée de la Marne. Hier weckten bereits in den letzten Jahren zwei Weingüter wie Moussé Fils und AR Lenoble, die Aufmerksamkeit. Céderic Moussé ist ein Perfektionist, der es wie kein anderer versteht aus der hier vorherrschenden roten Rebsorte »Meunier« (Schwarzriesling) hervorragende Champagner zu kreieren. »Diese Rebsorte ist Teil der Familienidentität. Sie bietet für mich viel Potential um feingliedrige und lagerfähige Champagner, von unserem nachhaltig bewirtschaftenden Terroir zu erschaffen«, erklärt er mit leuchtenden Augen.

Auch Champagner AR Lenoble überzeugt mit Champagnern von zunehmender Klasse. »Im Jahr 2020 können wir mit Stolz auf eine 100-jährige Familientradition zurückblicken«, erläutert Anne Malassagne, die mit Ihrem Bruder Antoine das Weingut leitet. »Die Komplexität und den eleganten vinösen Charakter erreichen wir u. a. durch die Zugabe von Reserveweinen aus der Magnum«, so Malassagne weiter.

Das Thema Nachhaltigkeit spielt in der Champagne eine immer größere Rolle. Ganzheitliche Ansätze wie Biodiversität, Düngung- und Pflanzenschutzstrategien sowie Wasserressourcen, die sie in dem Umweltlabel HVE (Haut Valeur Environnementale) aufgeführt sind, werden zur Zeit noch eher von kleineren Winzern oder Häusern umgesetzt.

Doch auch die größeren Maison de Champagner mit ihren Vertragswinzern stehen aufgrund der Klimaherausforderungen und der Bewahrung der Ressourcen vor der Notwendigkeit, umweltfreundliche Maßnahmen umzusetzen. Nachhaltiges Bewirtschaften ist jedoch nicht zu vergleichen mit zertifiziertem biologischen oder biodynamischen Anbau. Dieser beträgt in der Champagne lediglich rund drei Prozent. 

Die Machbarkeit biodynamischen Arbeitens im größeren Rahmen demonstriert jetzt schon eindrucksvoll »Champagne Louis Roederer.« Erstmalig verarbeitet dieses promintente Haus mit Weltruf ausschließlich biodynamisch zertifizierte angebaute Trauben in dem bekannten »Roederer Christal 2012«. Auch wenn das Prestige Cuvée noch in den »Kinderschuhen« steckt und für ein längeres Leben geschaffen ist, begeisterte es bei der Verkostung. 

Sechzig Meter tief im Meer vor der bretonischen Küste lagern die raren Champagner von Leclerc Briant dem »Abyss« bei perfekten Bedingungen. Dieser Champagner überzeugt durch elektrisierende Frische und – im wahrsten Sinne des Wortes - beeindruckender Tiefe. Ein wirkliches Geschenk des Meeres. 

Bei allen Champagnerproduzenten spielen zunehmend verlängerte Hefelager eine qualitätsentscheidende Rolle. Die Champagner entwickeln dadurch noch mehr Charakterstärke und Vielschichtigkeit. Dies wird wieder einmal vom Haus Krug im »Grand Cuvée« 168éme Edition anschaulich demonstriert. Durch den über 40 Prozent hohen Anteil von Reserveweinen, die bis auf das Jahr 1996 zurückgehen, gehört er zu den Topchampagnern in diesem Jahr.

Auch bei anderen Häusern wie bei Laurent Perrier dreht man an der Qualitätsschraube. Höhere Anteile von Chardonnay und längere Lagerzeiten steigern Eleganz und Finessenreichtum. Dabei sind die Spitzenchampagner aus dem Hause Laurent Perrier jetzt  schon eine Klasse für sich. Die 22. Iteration des »Grand Siècle«, der zu den Siegern in unserem Tasting gehört, besteht aus den Jahrgängen 2004, 2002 und 1999.

Zu den weiteren nennenswerten Neuentdeckungen in diesem Jahr gehört Charles Heidsick mit dem »Blanc des Millénaires« 2006. In den letzten 30 Jahren erschienen nur insgesamt sechs Jahrgänge von diesem außergewöhnlichen Champagner. »Für diesen Champagner nutzen wir seit unserem ersten Jahrgang 1983 immer die Trauben aus den fünf Crus-Lagen: von Oger, Le Mesnil-sur-Oger, Avize, Cramant und Vertus«, erklärt Kellermeister Cyril Brun die Philosophie der Assemblage.

Der Trend der Brut Nature oder Extra Brut dosierten Champagne aus den vergangenen Jahren setzt sich als Nischenprodukt nicht nur bei den Winzern, sondern auch bei den Häusern fort. Gerade in der Gastronomie bieten sie sich als hervorragende Speisenbegleiter an. Leider kommt der Einsatz von Champagner in den Restaurants nach wie vor zu kurz. Nicht nur die teuren Prestigecuvées, sondern auch die vielen hochwertigen, preislich attraktiven Winzerchampagner bieten im Food Match ein großes Potential geschmacklicher Neuentdeckungen.

Die vielen hervorragenden Bewertungen in diesem Jahr zeigen, dass die Champagnerproduzenten in ihren Qualitätsanstrengungen stetig nach vorne gehen. Sowohl Winzer, Häuser und die Kooperativen liefern eine beeindruckende Welt an Vielfalt und Innovation. Für »Perlenliebhaber« und Weinfreunde ist eine auf aufregende Entdeckungsreisen garantiert.

Erschienen in
Falstaff Sparkling Special 2020

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Gerhild Burkard
Redakteurin
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