Susanne Gräfin von Moltke ist Hoteliere und deutsche Generalsekretärin von Relais & Châteaux.

Susanne Gräfin von Moltke ist Hoteliere und deutsche Generalsekretärin von Relais & Châteaux.

»Küche und gehobene Gastfreundschaft für eine bessere Welt«

Susanne Gräfin von Moltke, im Interview, über den Weg aus der Werbebranche zu »Relais & Châteaux« welche Zielsetzungen sie in der Vereinigung vorantreiben will und über die Besonderheiten ihres »magischen 51 Hektar großen Heimatrefugiums Gut Steinbach«.

Susanne Gräfin von Moltke ist seit Ende 2022 neue deutsche Generalsekretärin von Relais & Châteaux. Sie ist im Executive Board in Paris und hochengagiert, wenn es um die Anliegen der 580 Hotels weltweit geht, die sich hier zusammengeschlossen haben. Falstaff hat mit ihr im Rahmen der starke Frauen Interviewserie über Nachhaltigkeit und Visionen für eine bessere Welt durch Küche und gehobene Gastfreundschaft sowie das »Gut Steinbach« bei Reit im Winkl, das sie mit ihrem Mann betreibt, gesprochen.

Falstaff: Sie haben über 20 Jahre lang in renommierten Werbeagenturen vor allem im Bereich der Markenartikelbranche gearbeitet. Wie kam es zum Branchenwechsel?

Von Moltke: Ich habe meinen Mann 2003 kennengelernt. Durch ihn habe ich einen Einblick in die Hotellerie bekommen und hatte direkt Spaß an beiden Welten: der Werbung und der Hotellerie. Hier lassen sich auch tolle Synergien bilden. Nachdem wir neben den Egerner Höfen 2011 auch unser Gut Steinbach gekauft und entwickelt haben, gab es nur eines: volle Kraft voraus und zwar mit meinem Know-how für unsere eigenen Unternehmungen.

Wie kommt man eigentlich als Deutsche zu einer Spitzenposition bei Relais & Châteaux?

Ich bin von den deutschen Mitgliedern 2016 als Delegierte in den Delegiertenausschuss für Deutschland gewählt worden und habe somit Deutschland im Board of Directors vertreten. Dieser Verwaltungsrat setzt sich aus zwei Ausschüssen zusammen: dem Exekutivausschuss und dem Delegiertenausschuss. Als sehr reisefreudiges Land hat Deutschland hier schon immer ein Gewicht. Deutsche Gäste sind weltweit sehr gern gesehen und brauchen eine Stimme. Im Oktober 2020 bekam ich einen Anruf des damaligen Präsidenten Philippe Gombert, der mich aufgrund meiner aktiven und visionären Rolle im Verwaltungsrat in seinen Exekutivausschuss berief.

Welche Voraussetzungen muss man dafür mitbringen?

Man muss sicherlich ein breites Know-how im Bereich der Hotellerie mitbringen, ein aktives Mitglied sein, Spaß am Weiterentwickeln einer solchen exquisiten, einzigartigen not-for-Profit Vereinigung, sowie ein betriebswirtschaftliches Know-how und ein Know-how im Bereich Marketing und PR, das ich mitbringe, haben.

Dies kommt vor allem dem Exekutivkomitee zugute, das jetzt aus acht Personen mit sehr unterschiedlichen Talenten besteht. Ich wurde vom neuen Präsidenten, Laurent Gardinier, zur Generalsekretärin ernannt. Im Allgemeinen legt der Exekutivausschuss die Entwicklungsstrategie fest und bewertet die vom Präsidenten vorgelegten Pläne zur Führung des Weltverbandes. Bei 580 Häusern in 65 Ländern und 340 Michelin-Sternen ist dies also eine große, sehr zeitgemäße Aufgabe.

Was sind die besonderen Zielsetzungen der Vereinigung für dieses Jahr? 

Auf Basis unseres Sustainability Reports Nachhaltigkeit als Service für unsere Mitglieder, beispielsweise in Form von Tools, Webinars etc. anzubieten, um sich jeden Tag weiterhin im Hinblick auf eine bessere Welt zu optimieren. Zum Beispiel betreibt mein Kollege im Exekutivkomitee und Vizepräsident der Gastronomie, Mauro Colagreco, das erste plastikfrei betriebene zertifizierte Restaurant mit drei Sternen und einem grünen Stern im Guide Michelin. Das ist jetzt Ansporn für uns alle.

Wir sehen uns als eine große Familie, die sich regelmäßig über wichtige Themen wie natürlich die Kulinarik austauscht. Aber natürlich geht es auch um internationale Sichtbarkeit, Verkaufs- und Marketingthemen on- und offline. Unsere Stärke liegt in der Tatsache, dass wir ein globales Netzwerk kleiner, unabhängiger Unternehmen sind. Es liegt an uns, die lokalen Traditionen der Gastfreundschaft und Küche zu verteidigen, wie es in unseren 20 Verpflichtungen in der Relais & Châteaux Vision zum Ausdruck kommt.

Darüber hinaus ist es auch wichtig, die Mitglieder in dem so wichtigen Bereich des Personalwesens zu unterstützen. Hier haben wir eine eigene weltweit operierende Plattform für den Austausch innerhalb unseres Verbandes, um ausgebildete Mitarbeiter in unserem Verband zu halten. Auch dies ist ein entscheidender Faktor der Nachhaltigkeit.

Wie wird man eigentlich Mitglied der Vereinigung?

Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass wir kein Mengenwachstum innerhalb unserer Vereinigung wollen. Wir wollen die besten, meist familiengeführten Hotels und Restaurants mit ihrer eigenen Philosophie und einer großartigen Küche in unserer Vereinigung. Dabei steht der individuelle Charakter der Unternehmung im Fokus, gepaart natürlich mit einem sehr hohen Qualitätsversprechen für die Gäste. Alle Hotels und Restaurants werden alle drei Jahre von anonymen Inspektoren getestet und anhand eines immer nachhaltig ausgerichteten Fragebogens geprüft. So halten wir unsere Qualität hoch und garantieren diese unseren Gästen.

 Ist Relais & Châteaux für die Zukunft gut aufgestellt?  Welche Agenden stehen an?

Wir werden weiterhin auf das aufbauen, was uns ausmacht: Persönliche Erlebnisse, ausgezeichnete Küche, unvergessliche Momente, die mit der jeweiligen Region verbunden sind, gepaart mit unserem nachhaltigen Anspruch. Wir werden auch unser Manifest, unsere Visionen für eine bessere Welt durch Küche und gehobene Gastfreundschaft aus dem Jahr 2014 auffrischen und 2024 neu vorstellen.

Unser erster Sustainability Report setzt genau da an; gemeinsam mit unseren Experten und Ingenieuren haben wir 15 Ziele ausgewählt, an denen wir uns messen lassen werden, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wie z.B. Reduktion von fossiler Energie, Reduktion von Wasser und Abfall und auch eine nachhaltiger Küche durch Einsatz von saisonalen, regionalen Lebensmitteln. Unsere Kooperationen mit Slow Food – (Food for Change und Ark of Taste), die aktive Unterstützung des  World Oceans Day durch  unsere Küchen zur Rettung von aussterbenden Gemüsearten und Fischarten.

In der Hotellerie generell sind ein Großteil der General Manager Männer. Ist das bei den Relais & Châteaux-Betrieben anders?

Wir haben in unserem aktuellen ersten Sustainability Report, der die Aktivitäten im Jahr 2021 misst, bereits festgestellt, dass in den Top 10 Führungspositionen in unseren Hotels/Restaurants schon 42 % Frauen tätig sind. Das liegt deutlich über dem Durchschnitt. Unser Ziel für 2030 ist es 50% zu erreichen. Ich bin an der Stelle sehr zuversichtlich. Übrigens werden bei uns heute schon 46% der Hotels/Restaurants von Frauen geführt. Das nenne ich vorbildlich.

Wofür setzen Sie sich besonders ein?

Da unser Gut Steinbach Nachhaltigkeit seit dem Erwerb im Jahr 2011 seit Sekunde eins sehr nachhaltig denkt, umsetzt, baut, kocht und handelt liegt mir persönlich das Thema sehr am Herzen. Wir sind beispielsweise Bioland-zertifiziert, beheizen unser Gut Steinbach mit Biomasse aus der Nachbarschaft und folgen einer sehr nachhaltigen Küchenphilosophie. Weiterhin liegen uns unsere Mitarbeiter sehr am Herzen. Hier kümmern sich mein Mann und ich uns auf sehr persönlicher Ebene.

Wie geht es der gehobenen Privathotellerie 2023?

Ich sehe absolut ein großes Potential für die gehobene Privathotellerie, denn sie bietet den Gästen ein maximales individuelles Genusserlebnis während Ihres Aufenthalts. Unsere Gäste wissen das sehr zu schätzen.

Mit ihrem Mann betreiben Sie das Gut Steinbach. Wie lassen sich die beiden Tätigkeiten vereinen?

Man muss gut organisiert sein: aber ich ziehe so viel Know-how und Inspiration aus meiner Tätigkeit bei Relais & Châteaux, dass ich immer wieder mit neuen Ideen für unser Gut Steinbach nach Hause komme…

Das Motto des Gut Steinbach Hotel Chalets Spa lautet ja »Heimat erleben, schmecken und fühlen«. Wie kann sich der Gast das vorstellen?

Noch besser trifft es »NATUR erleben, schmecken und fühlen«, denn das ist genau das, was wir unseren Gästen bieten. Alles basiert auf unseren Grundpfeilern »Heimat.Ruhe.Boden«, denn das ist es was dieses magische Heimatrefugium mit seinen 51 Hektar ausmacht.

Farm to table lautet das Konzept in der Küche.  Welche Maßnahmen setzen Sie, um die nachhaltige Philosophie weiter voranzutreiben?

Wir verfolgen unsere 80/80 Philosophie. Dies bedeutet, dass wir sehr enge Partnerschaften mit unseren Lieferanten pflegen und 80 Prozent der Lebensmitteln aus einem Umkreis von 80 Kilometern kommen.Wir verarbeiten dann beispielsweise eben ein ganzes Tier und nicht nur die Filetstücke. Für unser nachhaltiges Handeln gepaart mit einer bayerisch-kreativen Küche halten wir seit zwei Jahren den Grünen Stern des Guide Michelin.

Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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