Südtiroler Geschmackserbe
Eine kulinarische Spurensuche im Pustertal zeigt den vielfältigen Geschmack Südtirols.
Über die Berge und durch die Täler Südtirols zogen einst fremde Völker. Einige ließen sich nieder, einige wanderten weiter. Jedenfalls hinterließen sie Spuren in der Sprache und vor allem der Küche. So brachten etwa die Bajuwaren, als sie im 6. Jahrhundert über den Brenner wanderten, die Knödelkunst ins Land, die Franken steuerten die Maultaschen bei und Italiener, die gen Norden wanderten, brachten das Mediterrane nach Südtirol.

Aber auch die Einflüsse der k. u. k. Zeit sind in der Küche Südtirols präsent. Der Knödel ist dabei Nationalheiligtum und Verbindungselement gleichzeitig. In den Kochtöpfen des Landes verschmelzen also Mitteleuropa und der Süden. Und zwar zu einem besonderen Ganzen – und diese Mischung aus der leichten, würzigen, mediterranen Kost und der deftig-geschmackvollen alpenländischen Küche macht den kulinarischen Reiz Südtirols aus.
Ein Schmelztiegel der besonderen Art ist in dieser Hinsicht vor allem das Pustertal.
Aus drei mach eins
Hier sind deutsche, italienische und ladinische Kulturgemeinschaften daheim und verbinden im besten Wortsinn Sprache, Geschichte und Lebensweise mit ihren drei Küchen.Da wäre zunächst einmal die ehemalige Arme-Leute-Küche der deutschen und ladinischen Bewohner. Es wuchs nicht viel in den kargen Tälern und auf den Bergen: Kartoffeln, Rohnen (Rote Bete) Kraut, Kohl, Mohn, Rüben, Gerste und Roggen. Die Köchinnen machten aus der Not eine Tugend und schufen herzhafte Rezepte – in den Hauptrollen Knödel, Schlutzkrapfen und süße Strauben (Siedegebäck aus Rührteig). In wichtigen Nebenrollen: Fleisch, gekocht, gesurt (gepökelt) oder geräuchert – nicht selten in Form von Speck.

Es ist genau diese alte Küche, die sich gerade überall neu erfindet. Nach Rezepten aus Großmutters Kochbüchern werden Teigtaschen gefüllt, Knödel geformt oder Tirtlan in heißem Fett ausgebacken. Letztere sind eine typische Spezialität des Tals und eine Art runder Krapfen, der im Original mit Spinat und Topfen (Quark) gefüllt wird. Meist wird dieses -Signaturgericht zusammen mit einer deftigen Gerstensuppe serviert.
Markenbildung
Die Schlutzkrapfen, auf Südtirolerisch »Schlutzer«, sind ebenfalls ein kulinarisches Aushängeschild des Landes. Man nimmt an, dass auch die Schlutzkrapfen aus dem Pustertal stammen und der Begriff aus dem dort sehr gebräuchlichen Wort »schluzen« kommt, das so viel wie rutschen oder gleiten bedeutet. Traditionell besteht auch hier die Füllung aus Spinat und Topfen, doch mittlerweile werden sie in verschiedensten Variationen angeboten. Serviert werden sie mit Parmesan und brauner Butter.Auch der Schwarzplenten Riebl, dem Kaiserschmarren ähnlich, aber aus Buchweizenmehl, ist ein Gericht der Bauernküche, da es die Grundzutaten dafür auf jedem Hof gab. Er wird mit Pflaumen-, Kirschen- oder Apfelkompott, wahlweise auch mit Preiselbeermarmelade serviert.
Und dann ist da noch das Schüttelbrot, das wegen seiner langen Haltbarkeit immer ein wichtiges Nahrungsmittel in den abgelegenen Tälern war. Es ist ein Sauerteigbrot, das sehr dünn und flach gebacken wird und seinen Namen von der speziellen Herstellungsart hat. Der sehr weiche Brotteig wird nämlich direkt in der Hand flach ausgearbeitet, sprich »geschüttelt«.

Heute darf es bei keiner Marende – so nennt man die Jause in Südtirol – fehlen, und es harmoniert vorzüglich mit Speck und Wein. Vitaminpower haben die Pustertaler Kartoffeln, das »weiße Gold« des Tals. Richtig Power haben aber vor allem die Wirtinnen und Wirte, die diese Traditionen und Kultur in ihren Kochtöpfen weiterleben lassen.
Pustertal
Mehr Infos zur Region gibt es unter www.drei-zinnen.infoAus dem Falstaff Südtirol Spezial