v.l.n.r.: Philipp Bossert, Leon Gold, Johanna Bossert, Victoria Lergenmüller gemeinsam mit Bernd Glauben und Axel Biesler (liegend).

v.l.n.r.: Philipp Bossert, Leon Gold, Johanna Bossert, Victoria Lergenmüller gemeinsam mit Bernd Glauben und Axel Biesler (liegend).
© Axel Biesler

»Talenteschuppen« in Coburg

Weil klappern auch bei Winzern heutzutage zum Handwerk gehört, nahmen drei aufstrebende Weingüter aus dem Falstaff »Talenteschuppen« die Einladung von Bernd Glauben gerne an und reisten nach Coburg.

Neulich stellte ein kundiger Kollege einen sicherlich hervorragenden Wein vor und schob sogleich die Frage nach, warum man dessen Winzer denn nicht oder nur viel zu selten auf der Uhr habe. Die Frage war gut, weil sie einen Trend verdeutlichte: Qualität und Vielfalt deutscher Weine steigen weiter beständig an, machen es dem interessierten Zecher gleichzeitig aber immer schwerer, der Flut hervorragender Gewächse gerecht zu werden. Um beim Bild mit der Uhr zu bleiben, die bräuchte mittlerweile schlicht viel mehr Ziffern, als auf dem Blatt überhaupt Platz haben. Also gilt es die vorhandenen besser zum Leuchten zu bringen.     

Wo gute bis exzellente Qualitäten quasi selbstverständlich geworden sind, ist der Außenauftritt der Winzer in den letzten Jahren immer wichtiger geworden. Und der geriet außerordentlich gelungen, als Victoria Lergenmüller, Leon Gold, Johanna und Philipp Bossert am 6. Mai in Coburg zu Gast waren. Die drei Weingüter gehören zum aktuellen »Talenteschuppen«, den Falstaff im Rahmen des Weinguides Deutschland vor zwei Jahren ins Leben gerufen hat und einen kleinen Beitrag dazu leistet, dass der begabte Nachwuchs jene Aufmerksamkeit bekommt, den er verdient.

Entspannt Parlieren, vorzüglich Speisen, neugierig Trinken

Dass Bernd Glauben als Präsident der Sommelier Union und Inhaber des Romantik Hotels Goldene Traube Coburg davon Wind bekam, überrascht wenig, erfreut aber umso mehr, weil er kurzerhand einen ganzen Abend um den »Talenteschuppen« strickte. Rund 50 Gäste ließen sich den nicht entgehen und erlebten einen entspannten Leon Gold, der von seiner Heimat Württemberg ebenso wie über seine Doppelbelastung als angestellter und selbstständiger Winzer berichtete, die freilich auch eine Win-win-Situation ist und ohne gegenseitiges Vertrauen niemals funktionieren würde. Der 31-Jährige spendierte unter anderem einen 2014 Grossheppbach Cabernet Sauvignon aus seiner eisernen Reserve, denn der Wein ist ab Weingut längst ausverkauft. Kein Wunder, der Falstaff-Jury war dieser erwachsene Cabernet bei den letztjährigen Weinguide-Verkostungen hervorragende 90 Punkte wert. Auf seinen Nachfolger darf man also gespannt sein.

Leon Gold und Johanna Bossert.
© Axel Biesler
Leon Gold und Johanna Bossert.

Ebenso auf die Weine, die in ein paar Jahren aus der gerade flurbereinigten Lage »Höllenbrand« im rheinhessischen Wonnegau kommen werden. Johanna und Philipp Bossert ließen ihren straffen Höllenbrand Spätburgunder aus 2013 gegen den Cabernet von Gold antreten und waren womöglich selbst überrascht wie kongenial sich beide Weine zum Hauptgang aus zweierlei vom Weiderind mit Kartoffelbaumkuchen und Mairübchen paarten. Wo das sanft-gegarte Filet die Gerbstoffe des Cabernet abfederten, steuerte der Pinot dem Ragout Säure und Saft bei. Eine exzellente Kombination und nicht die einzige gelungene an diesem Abend. Dass Küchenchef Steffen Szabo sein Handwerk vorzüglich versteht, machte bereits die Vorspeise deutlich, wo eine butterweich confierte Fjordforelle auf Petersilienwurzel und Beurre blanc traf.

Unbekümmerter Abend in der »Goldenen Traube«

Während Bosserts markanter Weißburgunder das feine Fischaroma pointierte, bot Victoria Lergenmüllers würzig gereifter 2012er Riesling aus der südpfälzischen Premiumlage Kastanienbusch der Beurre blanc Paroli. Was für ein feines Händchen die Falstaff-Newcomerin für den Riesling besitzt machte einmal wieder ihr 2013 Burrweiler Schäwer deutlich, der mit zunehmender Reife seiner rund 300 Meter hohen Heimat aus verwittertem Schiefer aromatisch immer ähnlicher wird und dabei dennoch seine frische Unbekümmertheit nicht verliert. Eine Eigenschaft übrigens, die auch bestens zur Stimmung dieses Abends passte. Bossert, Lergenmüller und Gold dürften die Gäste jetzt jedenfalls auf ihren Uhren haben, dass in der »Goldenen Traube« exzellent gekocht wird, wussten sie schon vorher.

Axel Biesler
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