Fünen und die restlichen Inseln der Dänischen Südsee bestechen durch malerische Kulissen.

Fünen und die restlichen Inseln der Dänischen Südsee bestechen durch malerische Kulissen.
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Dänische Südsee: Luxus im hohen Norden

Stimmungsvolle Restaurants, lokale Zutaten und Getränke sowie reizvolle Hotels versprechen Genuss mit Hygge-Flair – vom Stadtleben in Odense bis zur romantischen Nachbarinsel Ærø.

Die Hauptstadt Kopenhagen mag mit 23 Michelin-Sternen das dänische Gourmetmekka sein, aber die Wiege der stolzen nordischen Küche steht auf der Insel Fünen: Von dort stammen die besten Zutaten, und dort begann vor einem halben Jahrhundert der kulinarische Aufschwung des kleinen skandinavischen Landes. Und zwar mit einem Franzosen. Jean-Louis Lieffroy kochte fast 40 Jahre lang im Landgasthof »Falsled Kro«, brachte den Dänen die raffinierte französische Küche bei und etablierte im südfünischen Küstendorf Millinge den Inbegriff eines »Relais«: einen ländlichen Rückzugsort, der ein ganzheitliches Luxuserlebnis aus gutem Essen, persönlichem Service, geschmackvoller Einrichtung und leicht zugänglicher Natur bietet.

Produkte aus dem eigenen Garten

Heute gibt der junge Däne Kasper Hasse in dieser Institution den Ton an und veredelt fünische Zutaten nach französischen Kochtechniken zu Verkostungsmenüs aus vier bis acht Gängen. Apfelsaft, Hummer, Fisch und Kaninchen – fast alle Produkte stammen von der Insel Fünen. Das Menü ändert sich ständig, doch Steinbutt gehört zur Grundausstattung. Stachelbeeren, Kräuter sowie Lauch und anderes Gemüse holt sich Hasse aus dem eigenen Garten. Vor dem Essen nimmt er die Gäste auch mal mit zu den Beeten und zeigt ihnen, was sie gleich auf den Teller bekommen.

Exzellentes Weinangebot

Auf der Weinkarte finden sich Raritäten wie der in Ribera del Duero gekelterte Kultwein »Pingus« vom dänischen Winzer Peter Sisseck, oder auch lokale Tropfen wie der Weißwein »Liva« vom fünischen Weingut Stokkebye. Seit einigen Jahren empfiehlt der Guide Michelin das »Falsled Kro« für seine klassische, gehobene Küche und sein exzellentes Weinangebot. 22 Gästezimmer und Suiten erlauben es, den Genuss zu verlängern und am nächsten Morgen in dieser friedlichen Umgebung aufzuwachen.

Kunst, Küsse & Kulinarik

Fünen ist mit einer Fläche von 3000 Qua­dratkilometern die drittgrößte dänische Insel und damit so groß wie Wien und Vor­arlberg zusammen. Drumherum sind etwa 90 Inseln in die Ostsee gestreut, 25 davon sind bewohnt. Der Archipel südlich von Fünen mit den Inseln Ærø, Langeland sowie Lolland und Falster ergibt die Dänische Südsee – ein Sehnsuchtsziel vor allem für Segler. Die Perlen der Region kann man aber auch entschleunigt mit einem Miet­auto und beim Inselhüpfen einsammeln, ­außerdem bieten die flachen Inseln beste Voraussetzungen für Radtouren.

Wasserburg Egeskov

Von den 123 Schlössern und Herrenhäusern auf Fünen ist die fast 500 Jahre alte Wasserburg Egeskov die größte Attraktion. Zehn prunkvolle Räume, eine Oldtimer-Sammlung und vor allem die üppige, mehrfach ausgezeichnete Gartenanlage lohnen den Ausflug ins Landesinnere der Insel. Zurück an der Küste bietet sich ein Besuch des Faaborger Kunstmuseums an, ein Gesamtkunstwerk aus Architektur und Malerei. In einem farbenfrohen Gebäude – einem der bedeutendsten des dänischen Neoklassizismus – hängen Werke der Fünen-Maler, einer Künstlerkolonie des frühen 20. Jahrhunderts, deren Mitglieder das ­Leben und die Landschaft auf der Insel ­abbildeten.

Europa's Las Vegas

Von Faaborg wie auch von Svendborg setzen täglich Autofähren auf die Insel Ærø über. Dieses unscheinbare Fleckchen auf der Landkarte ist nämlich nichts weniger als das Las Vegas von Europa: Tausende Paare lassen sich jedes Jahr vor der romantischen Kulisse der Insel trauen – am Leuchtturm Skjoldnæs, auf der Landzunge Eriks Hale oder am Vester-Strand. Aus aller Welt kommen Verlobte mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten sowie gleichgeschlechtliche Paare, um der Bürokratie ihrer Heimatländer zu entfliehen und einander in Dänemark unkompliziert das Jawort zu geben. Die Prüfung der Dokumente dauert wenige Wochen, und einen Termin im Rathaus bekommt man binnen zwei, drei Tagen.

Kulinarisches Paradies

Das Bilderbuchstädtchen Ærøskøbing wurde für die Erhaltung seines historischen Stadtkerns aus bunten Häusern und Pflastergassen mit dem Europa-Nostra-Preis ausgezeichnet. An diesem aus der Zeit gefallenen Ort betreiben Katrine und Morten Arnfeldt das »Arnfeldt Hotel & Restaurant«: Sie kümmert sich um die fünf individuell gestalteten Zimmer im Stil eines gehobenen dänischen Badehotels und das Penthouse mit Meerblick, er kreiert in der Küche zauberhafte franko-füne Menüs. Nach Lehr- und Wanderjahren in Londoner Restaurants mit Michelin-Sternen und in Kopenhagen zu Beginn des Hypes um die ­New Nordic Cuisine hat Morten Arnfeldt sein kulinarisches Paradies an der Dänischen Südsee gefunden.

Kiwis und Feigenbäume

»Auf Ærø wachsen durchschnittlich 120 verschiedene Kräuterpflanzen pro Quadratmeter, im Rest Dänemarks ­nur neun. Auf der Insel ist es zwei Grad wärmer als im Rest des Landes. Sogar Kiwis gedeihen hier, und überall stehen Feigenbäume«, schwärmt Morten, der drei Nutzgärten bewirtschaftet, Gemüse und Fleisch ausschließlich aus Ærø bezieht und die Meeresfrüchte vom Steg vor dem Haus angeln lässt. Und gleich nebenan liegt die Brennerei Ærø Whisky, die von Mai bis Dezember Rundgänge und Verkostungen durchführt.

Jede Woche passt Morten die Rezepte den verfügbaren Zutaten an. Da gibt es Tatar von kräuterverwöhnten Kühen an Stachelbeeren und Roten Rüben; Ochsenschlepp mit wilden Zwiebeln und Strandkohl; zum Abschluss ein Kunstwerk aus dreierlei Rhabarber – gebacken, als Konfitüre und Sorbet – mit Buttermilchmousse und weißer Schokolade. Bei der Weinbegleitung zum Vier-Gänge-Menü setzt Morten Arnfeldt auf klassische Sorten aus dem Burgund, Spanien und Österreich. Zum Tatar überrascht jedoch der untypische deutsche Riesling, der herrlich mit den Kräutern harmoniert.

Märchenstadt Odense

In Dänemarks drittgrößter Stadt, Odense, im Norden von Fünen liegen die kulturellen und gastronomischen Erlebnisse nah beiei­nander. Das Herz der Stadt schlägt im so­genannten Lateinischen Viertel mit dem Kunstmuseum Brandts und der zu einem kreativen Shoppingviertel umgestalteten Kleiderfabrik Brandts Klædefabrik. Einen gelungenen Start in den Tag erlebt man im fotogenen »Café Fleuri«, wo der Kaffee und die appetitlich aussehenden Bio-Häppchen auf außergewöhnlichem Geschirr serviert werden und wo man auch im lauschigen Innenhof ein Plätzchen findet. Danach wäre es Zeit für einen Spaziergang zum Elternhaus von Hans Christian Andersen: Der 1805 geborene dänische Nationaldichter und Märchenerzähler wuchs in Odense auf. Seinem Leben und Werk ist ein schönes Museum gewidmet.

Kulinarische Highlights

In Odense braucht man mit dem guten Essen nicht bis zum Abend zu warten: Im »Pasfall« zaubert Thomas Pasfall schon mittags Stärkungen à la carte, während abends das modern-nordische ­Verkostungsmenü aus fünf Gängen serviert wird. Das Michelin-Stern-verdächtige Restaurant ist Teil des kulinarischen Netzwerks Gastro Fyn, dessen neun Mitglieder – darunter auch »The Balcony«, »Kok & Vin« und »Sortebro Kro« in Odense – Highlights der fünischen Kulinarik bieten.

Überhaupt sind Fünen und die Inseln gut darin, Besuchern die Genussziele leicht zugänglich zu machen: Es gibt deutschsprachige Karten zur Weinroute mit neun Weingütern, zur Bierroute mit einem Dutzend Brauereien und zur Schokoladenroute mit den besten Manufakturen für Naschkatzen. Was aber nicht bedeutet, dass die Dänische Südsee überlaufen wäre. Im Gegenteil: Hierher kommt man, um das authentische Dänemark zu kosten und zu erleben – mit Hofläden, Haute Cuisine und ganz viel Hygge.

Erschienen in
Falstaff Nr. 05/2020

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Lisa Arnold
Autor
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