Stefan Baumann, Inhaber und Geschäftsführer von Foodprints und Fan von frischem Black Cod. © Jessica Wyld

Stefan Baumann, Inhaber und Geschäftsführer von Foodprints und Fan von frischem Black Cod

© Jessica Wyld

Make fish, be happy: Ein Update in punkto Fisch und Meeresfrüchte

What’s up in puncto Fisch und Meeresfrüchte? Einiges. PROFI hat nachgefragt, was derzeit die Trends in den Küchen sind. Von Zubereitung über Nachfrage bis hin zu Neuzugängen am hiesigen Markt.

von Wiebke Stegmann
06. November 2023

Aus den unberührten Gewässern rund um die Küste Westaustraliens taucht ein spezieller Krake auf – der Octopus djinda. Er ernährt sich hauptsächlich von Langusten. Fremantle fängt, verarbeitet und vertreibt ihn. Das Unternehmen gilt als führende Oktopus-Fischerei des fünften Kontinents und ist MSC-zertifiziert. Nachdem die Fischer die Ware angelandet haben, gehen die Fänge des Tages direkt in die Produktion. Dort werden sie gewaschen, gereinigt und nach Gewicht und Länge von Hand ausgewählt. Anschließend werden die Tentakel weiterverarbeitet. So entstehen drei Produkte: roh, tiefgefroren; vorgekocht oder vorgekocht & mariniert.

Der australische Octopus djinda wurde von der Wissenschaft erst 2021 als neue Spezies klassifiziert. © Pexels / Pia B
Der australische Octopus djinda wurde von der Wissenschaft erst 2021 als neue Spezies klassifiziert.
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Fremantle Oktopus – mehr Ausbeute, zarter Geschmack

Für Stefan Baumann, Inhaber und Geschäftsführer von Foodprints, ist es eine Neuentdeckung für den hiesigen Markt, die er hier gemeinsam mit dem europäischen Vertrieb Saqua Seafood etablieren will. Einem größeren Fachpublikum hat er den Fremantle Octopus auf der diesjährigen Seafood Expo Global in Barcelona vorgestellt. Die Reaktionen, so Baumann, positiv. Er glaubt an den Fremantle Octopus. Denn: »Die Ausbeute liegt hier bei 70 Prozent, bei anderen Spezies sind es 30 Prozent.« Die Zubereitung sei außerdem einfacher. Weiterer Pluspunkt: Die rohen, tiefgefrorenen Fangarme lassen sich direkt ins Sous-vide-Wasserbad geben. Die Verpackung wurde dafür extra konzipiert. »Bei 60 Grad für 90 Minuten, fertig«, weiß der Foodprints-Inhaber und Fischliebhaber. Und der Geschmack? »Fein, süßlich, zart, die Tentakel sind schön fleischig und lassen sich vielseitig einsetzen«, beschreibt er. Amazon-Gründer Jeff Bezos soll seit Neuestem übrigens auf Oktopus zum Frühstück schwören.

»Die Reaktionen auf den Fremantle Octopus auf der Seafood Expo Global waren durchweg postitiv.«
Stefan Bauman, Inhaber und Geschäftsführer von Foodprints und Fan von frischem Black Cod

Fein, süßlich, zart: Die Tentakel des Fremantle Octopus werden in der Spitzengastronomie vielseitig eingesetzt, Hier vom Grill. © Jessica Wyld
Fein, süßlich, zart: Die Tentakel des Fremantle Octopus werden in der Spitzengastronomie vielseitig eingesetzt, hier vom Grill.
© Jessica Wyld

Vereint Heimatliebhaber:innen und Weltenbummler:innen – die Alpengarnele

Von Australien geht es nach Österreich, genauer nach Hall in Tirol. In 574 Metern über dem Meeresspiegel wächst dort die Alpengarnele heran. Die Großcousins Daniel Flock und Markus Schreiner hatten 2011 eine Wirtshausidee. Nämlich, dass die Meeresfrucht, die eigentlich in exotischeren Ländern zuhause ist, auch daheim perfekte Bedingungen findet, um zu gedeihen: Das Wasser aus den Tiroler Bergen ist reich an Mineralien und hat eine ausgezeichnete Qualität. In Kombination mit hochwertigem Meersalz kann es direkt in die Aufzuchtbecken geleitet werden. Dort wird es auf 28 bis 30 Grad erwärmt, die optimale Temperatur für die White Tigers, um sich wohlzufühlen. Nach fünf bis sechs Monaten sind sie reif für die Ernte. Dann wiegt eine Garnele der Art Litope­naeus vannamei etwa 22 bis 25 Gramm und hat eine Größe von 25 Zentimetern. Die kör­perlangen Fühler und der harte glasige Pan­zer zeigen, dass die Tiere stressfrei aufge­wachsen sind. »Mit Geduld, Sorgfalt, Kont­rolle und Leidenschaft entsteht bei uns ein Produkt ohne chemische Zusätze und frei von Antibiotika in höchster Qualität«, fasst Daniel Flock, Geschäftsführer der Alpen­aquafarm Tirol GmbH zusammen.

New Global ist Trend

Inzwischen hat der Maschinenbaukonstrukteur den Beruf aufgegeben und macht zu 100 Pro­zent Alpengarnelen. »Es gab für mich den Moment, wo mir klar war, dass ich das Risiko eingehe, denn es gab immer mehr zu tun«, erinnert sich Flock. Und das trotz Corona. Der Großteil der White Tigers geht in die Gastronomie. Das heißt, die Nachfrage ging nicht stark zurück? »Sie hat sich gewandelt«, antwortet der Geschäftsführer. Denn die Pandemie habe das Bewusstsein der Menschen verändert. »Plötzlich waren sie ja quasi gezwungen, selber zu kochen. Regionalität und Qualität standen dabei im Vordergrund. Und so hat sich bei uns der Absatz von der Gastronomie zu den Endverbraucher:innen verschoben«, berichtet der Tiroler. Mittlerweile habe sich das Verhalten der Konsument:innen wieder stärker Richtung »normales Leben« entwickelt, beobachtet er. Trotzdem: Das Zukunftsinstitut geht im aktuellen Food Report davon aus, dass New Glocal kein vorübergehender Trend sein wird. Vielmehr sei es ein Vorbote der nächsten Evolutionsstufe in der globalen Lebensmittelproduktion, so Autorin und Trendforscherin Hanni Rützler.

Trend New Glocal.
Das bedeutet: Globalisierte Ernährungsgewohnheiten müssen sich beispielsweise aufgrund von Pandemien und Kriegen wieder neu an lokalen Agrarstrukturen ausrichten.

Daniel Flock (l.) und Markus Schreiner: In Tirol werden zukünftig nicht mehr ausschließlich Alpengarnelen, sondern auch Wels, gezüchtet. © Alpengarnele
Daniel Flock (l.) und Markus Schreiner: In Tirol werden zukünftig nicht mehr ausschließlich Alpengarnelen, sondern auch Wels, gezüchtet.
© Alpengarnele

Ab November 2023 Wels aus Tirol

Sorgen um die Zukunft macht sich Daniel Flock nicht. Im Schnitt werden in der ersten Indoor-Aquafarm Österreichs 500 bis 800 Kilogramm White Tigers pro Monat geerntet. Das sind 20.000 bis 25.000 Stück. Die Spitzengastronomie freut sich. »Unsere Alpengarnelen lassen sich nämlich auch roh verarbeiten, zum Beispiel für Sushi oder als Tatar. Sie verlieren kein Wasser beim Braten oder Grillen, werden also auch nicht kleiner, und haben einen feinen Geschmack«, sagt Flock, der bereits an zwei neuen Themen arbeitet. Zum einen hat er mit zwei anderen Betrieben eine Produktionsgemeinschaft gegründet, Stichwort lokale Verbündung. Und zum anderen wird ab November 2023 voraussichtlich das Angebot erweitert – Wels.

Fisch – dry aged

Vielleicht wäre so ein Wels aus Tirol ja etwas für Spitzenkoch Stefan Doubek. Er hat für sich die Leidenschaft des Dry-Agens entdeckt. Allerdings nicht mit Fleisch, sondern mit Fisch. »Es ist ein Steckenpferd-Thema für mich«, sagt der Fischverliebte. Das Naturprodukt begeistert ihn, weil es wenig Spielraum für Fehler lasse und die Vielseitigkeit mega spannend sei: »Du kannst viel mehr aus einem Fisch machen, als ihn nur zu braten.« Stimmt, zum Beispiel dry-agen. Die Idee, so der Spitzenkoch, ist an sich nicht neu. Im asiatischen Raum gab es das Verfahren schon vor sehr langer Zeit. Nur ist es verloren gegangen. Und das hat ihn gereizt. Er ist durch Australiens Top-Chef Josh Niland darauf gekommen. Eigentlich hatte Doubek bereits einen Stageplatz Down Under – dann kam Corona und er blieb zuhause. Der Österreicher sah es als Chance und entwickelte seine eigene Vorgehensweise. Bücher gab es zum Thema »Fisch dry aged« kaum und auch das Internet war dabei keine große Hilfe. Daher forschte er.

Mit dem Kopf nach unten

Anderes Equipment als beim Fleisch brauchte er dafür nicht, aber auf jeden Fall frischen Fisch in Top-Qualität. Monatelang experimentierte er mit verschiedensten Prachtexemplaren, studierte Fehler, probierte, analysierte, baute auf den neuen Erkenntnissen auf. »Ich war wie ein Wissenschaftler. Mal hing ich den Fisch mit dem Kopf nach oben in den Dry-Ager, mal nach unten«, erinnert sich Stefan Doubek. Und was ist besser? Er überlegt kurz: »Fischkopf nach unten«, sagt er und schmunzelt. Durststrecken hatte er im Grunde keine. Ergebnisse, die ihn nicht überzeugten, spornten ihn an, es besser zu machen.

»Du kannst viel mehr aus einem Fisch machen, als ihn nur zu braten.«
Stefan Doubek, Spitzenkoch

Learning by Doing: Essentielles beim Dry-Agen von Fisch

So fand er heraus, dass nicht nur die Produkt-Qualität entscheidend ist, sondern auch, dass der Fisch möglichst wenig mit Wasser in Kontakt kommen sollte. »Das zerstört sonst die Schleimschicht und die ist essentiell, um einen sauberen Aging-Prozess zu haben. Genauso wenig darf der Fisch mit Blut von Innereien in Berührung kommen. Sonst sind zu viele Bakterien drin. Ich brauche auch eine möglichst geschlossene Oberfläche. Das heißt, der Fisch darf durchs Ausnehmen nicht zu sehr geöffnet sein«, zählt der ehemalige Souschef von Konstantin Filippou einige Knackpunkte beim Dry-Agen auf. Diese Herausforderungen anzunehmen ist für ihn keine Frage. Denn am Ende bekommt er ein unvergleichliches Produkt: Das Fleisch wird fester, kompakter, plus die Aromen, die der Gaumen sonst gar nicht kennt. Ein Beispiel: Bei einer Blindverkostung von frischer Forelle und Saibling schmecken beide sehr ähnlich, eher neutral, erklärt der ehemalige »UmarFischbar«- Küchenchef, der jetzt im Oktober mit seiner Partnerin Nora Pein ein eigenes Restaurant eröffnen wird – das »Doubek« in der Kochgasse in der Wiener Josefstadt. Doch das Agen kitzle die jeweiligen Charakteristika hervor. Die Forelle mute danach herb, nussig, weich an, der Saibling sei buttrig und erinnere an gelbe Rüben.

Der Kreativität sind kaum Grenzen gesetzt

Und wie lange bleibt so ein Fisch am besten im Schrank? Fünf Tage seien das Minimum. Eine 20-Kilo-Gelbschwanzmakrele hat Doubek sogar 90 Tage geaged. »Das war extrem aufregend. Der Geschmack war atemberaubend, süß, herb, in die Umami-Richtung gehend, kein bisschen fischig oder grau. Wow«, erinnert er sich. Das spannendste Projekt für ihn war allerdings ein Stör, der 50 Tage nach der Methode gereift wurde. »Die Konsistenz und der Geschmack haben an das zarteste Kalbsfilet vom Grill erinnert, butterweich, nicht fasrig«, schwärmt der Fischverliebte. Eingesetzt werden kann so ein Fisch dry aged von roh bis gegrillt. »Allerdings muss ich vorher schon wissen, was ich damit machen will«, räumt Stefan Doubek ein. Auf jeden Fall wird er verschiedenste Variationen als einen Baustein auf die Speisekarte im »Doubek« setzen. Meeresfrüchte wird er allerdings nicht dry aged anbieten: »Mein Bauchgefühl sagt dazu Nein. Und beim Kochen sollte man auf seinen Bauch hören.«

Erschienen in

Falstaff Profi Magazin

Sep./Nov. 2023

Zum Magazin

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