Fake-Papayasalat »Som Tam« mit Kohlrabi

Fake-Papayasalat »Som Tam« mit Kohlrabi
© Lena Staal, Johannes Kernmayer

Cortis Küchenzettel: Wenn die Papaya zum Kohlrabi wird

Unreif ist die Papaya in Südostasien noch beliebter als in reifem Zustand, sie wird von Thailand über Laos bis Vietnam als köstlich-würziger Salat genossen. Das lässt sich ganz einfach auch bei uns machen. Aus Klimagründen – und weil es mindestens genauso gut schmeckt – machen wir ihn aber mit Kohlrabi statt Papaya.

Kohlrabi statt Papaya, das klingt aufs Erste nach der ganz harten Variante von Ersatz- und Notstandsküche: Hier die tropische Frucht mit der suggestiven Form, die ganz automatisch für Sonne, Lebensbejahung, Freude am Genuss steht. Und da der Kohlrabi, ein manchmal holziger, als Lagergemüse über Monate haltbarer, ergo für den Winter und seine Entbehrungen stehender Vertreter der Kohlrübe. Viel härter können Kontraste nicht sein.

Und überhaupt: Wie kann man nur auf die Idee kommen, den herrlich erfrischenden, irrsinnig exotisch-würzigen und vor Frische geradezu berstenden Papayasalat auf einmal mit Kohlrabi zu machen? Genau das habe ich mir auch gedacht, als ich diese Variante zum ersten Mal in einem viet­namesischen Restaurant im 13. Arrondissement von Paris (»Petit Hanoi«) auf einer Karte gesehen habe. »Chou rave« heißt der Kohlrabi auf französisch, von daher leitet sich (aus der Zeit der kolonialen Besetzung Indochinas) sein vietnamesischer Name »su hào« ab. Und Kohlrabi ist in Vietnam ein richtig beliebtes Gemüse, dem man auf den fantastischen Märkten fast überall begegnet.

Insofern ist es also nur konsequent und zeugt von angewandter Küchenpraxis, das in Europa wie Südostasien heimische Gemüse auf seine Tauglichkeit für Rezepte zu testen, für die man ansonsten Flug-Papaya benötigt – samt entsprechend horrendem Klimarucksack, der einem den Appetit ­darauf gleich einmal verleidet. Und das Erstaunlichste: Man schmeckt den Unterschied nur, wenn man es weiß – so ähnlich sind die ungleichen Früchte einander, sobald sie einmal der Behandlung im ­Mörser entkommen sind.

Papayasalat lebt von der einzigartig knackig-saftigen Konsistenz der in feine Julienne geraspelten Frucht. Der Eigen­geschmack ist in unreifem Zustand (und nur dann hat die Papaya die entscheidende Knackigkeit) noch kaum ausgeprägt. Für den Geschmack ist das Dressing aus ordentlich Knoblauch, Chili, Limette, etwas Zucker und vor allem Fischsauce zuständig, die frisch gerösteten Erdnüsse, die rohen Schlangenbohnen sowie die je nach Land variierten Zugaben wie getrocknete Shrimps (Thailand), in Salz fermentierter Fisch oder Krabben (Laos) oder Trockenfleisch vom Rind, aber auch ofengebratene, würzige Rindsleber (Vietnam). Der Kohl­rabi fügt sich in dieses Konzert, als wäre er niemals für etwas anderes gemacht worden. 

Das folgende Rezept ist eine an der Thai-Variante orientierte Interpretation. Getrocknete Garnelen sind gerade in einem Binnenland wie dem unseren zu unwiderstehlich in ihrem konzentrierten Krustentieraroma, als dass ich darauf verzichten wollte. Ein Tipp für jene, die keinen großen Mörser in ihrer Küche haben: Ein stabiler, gusseiserner Topf und ein ebensolcher hölzerner Kochlöffel (bzw. eine Küchenmaschine für die Würzpaste am Anfang) tun es auch!

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Erschienen in
Falstaff Nr. 03/2023

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Severin Corti
Severin Corti
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