»Die Schwertführerinnen« mischen die Weinwelt auf.

»Die Schwertführerinnen« mischen die Weinwelt auf.
© Maiken Greimel

»Die Weinwelt ist mit Frauen einfach peppiger«

Wie aus zwei Schwestern »Die Schwertführerinnen« wurden, über die Sichtbarkeit in der Branche, ihren Zugang zum Wein und ein Leben zwischen Beruf und Berufung: Kerstin und Sigrid Schwertführer im Interview.

Die einstige Männerdomäne Wein kann auch weiblich. Anlässlich des Weltfrauentags hat sich Falstaff nach den Top-Winzerinnen des Landes umgesehen. Falstaff bietet aber nicht nur an diesem einen Tag im Jahr Powerfrauen eine Bühne, sondern holt sie im Rahmen der »starke Frauen Interviewserie« regelmäßig vor den Vorhang.

Kerstin und Sigrid Schwertführer haben zum 18. Geburtstag die ersten Weingärten geschenkt bekommen. Das war der Grundstein der eigenen Weinproduktion. Für die Schwestern ist klar: Sie wollen mittendrin sein, statt nur dabei. Daher auch ihr Leitspruch »Willensstark, jung und weiblich.«

Falstaff: Frauen in der Branche: Wie ist hier der Status quo?

Die Schwertführerinnen: Tatsächlich waren Frauen aus der Szene nie wegzudenken, denn sie haben schon immer wichtige Arbeiten im Hintergrund gemacht. Es hat ihnen nur an Sichtbarkeit gefehlt.

Das ändert sich langsam und auch wenn wir immer mehr Namen von Frauen in der Weinbranche kennen, ist noch viel Potential nach oben. Für uns ist klar; wir wollen mittendrin sein, statt nur dabei!

Frauen haben oft einen anderen Zugang zum Weinanbau und -ausbau und mehr Feingefühl als Männer. Auch Geschmäcker und Duftnoten werden von Frauen ganz anders wahrgenommen. Frauen haben eine bemerkenswerte Sensorik. Sie beschreiben und nehmen das Terroir und den Duft eines Weines ganz anders wahr. Die Weinwelt ist einfach peppiger so.

War Weinbau schon immer der große Traum?

Kerstin hat schon immer viel Interesse am Weinbau gezeigt und früh klargestellt, dass sie in das Weingut einsteigen will. Das ist auch der Grund, warum sie mit 17 Jahren die Ausbildung zur Kellermeisterin gemacht und sie als jüngste Österreicherrin abgeschlossen hat.

Sigrid hingegen hatte viele Interessen - sie ist quasi die Revoluzzerin der Familie. Zuerst wollte sie kochen lernen und absolvierte die Tourismusschule. Langfristig vorstellen konnte sie sich eine Arbeit in einem Hotel oder Restaurant aber nicht. Kurzerhand hat sie dann eine weiterführende Ausbildung zum Jungsommelier gemacht und damit ihr Interesse am Weinbau wiederentdeckt.

Wie kam es eigentlich zu dem klingenden Namen?

Die Basis bildet unser Familienname: Schwertführer. Wir als Schwestern hatten immer einen ähnlichen Freundeskreis, weshalb wir viel gemeinsam unterwegs waren. Wenn wir dann in einem Lokal, bei Freunden daheim oder beim Fortgehen angekommen sind, hieß es immer »Die Schwertführerinnen sind da!«. Als wir uns dann entschlossen haben, eine eigene Weinmarke zu gründen, wollten wir einen Namen, den Menschen schon mit uns verbinden und der gleichzeitig unsere Wurzeln widerspiegelt.

Wie teilen Sie sich die Aufgaben und Zuständigkeiten rund um das Weingut den Heurigen und die Pension auf?

Wenn es um unsere eigene Marke, die Schwertführerinnen, geht, ergänzen wir uns hervorragend. Jede von uns hat ihren eigenen Schwerpunkt und ist auf etwas anderes fokussiert: Kerstin liebt die Arbeit im Weingarten und Sigrid den Verkauf. Deshalb trifft man Kerstin eher im Keller oder bei den Reben an und Sigrid schmeißt den Ab Hof-Verkauf.

Am Wochenende ist zusätzlich zum Ab-Hof-Verkauf auch der Heurigen geöffnet. Hier packt die gesamte Familie mit an: Sigrid und ihre Mama kümmern sich um das Kochen, Backen sowie den Einkauf der regionalen Zutaten. Kerstin und Tante Andrea verantworten die Bewirtung der Gäste und Papa Johann ist für Plauderei und den Weinverkauf zuständig. Die Frühstückspension führt unsere Tante.

Was sehen Sie als Beruf? Was als Berufung?

Idealerweise steckt die Berufung im Beruf. Zum Beruf gehören aber mehr Aufgaben dazu, auch die, die wir nicht so gerne übernehmen.

Der Beruf der Weinbauerin beinhaltet beispielsweise auch Buchhaltung, Administration, Reinigung der Geräte und Zettelwirtschaft. Die Aufgaben mag keiner von uns so gerne. Das, was uns Spaß macht, wofür wir jeden Tag aufstehen, ist die Berufung, die wir als Weinbauern ausleben dürfen.

Bei Sigrid ist das, unsere Weine zu präsentieren, neue Kontakte zu knüpfen und Menschen und deren Geschichten kennenzulernen. Kerstin lebt voll und ganz für den Weinbau. Es macht ihr Spaß, die einzelnen Lagen kennenzulernen, Traubennoten herauszuarbeiten, neue Weinstile zu erkunden und sich geschmacklich auszutoben, solange wir noch als »jung« gelten.

Welcher ist Ihr Signature-Wein?

Für Kerstin ist es der Rotgipfler Ried Saxerl, eine autochthone Rebsorte, die bei uns in Sooss wächst. Würzig mit vielschichtigen exotischen Aromen nach Nashi Birne und Maracuja. Er hat eine interessante Mineralik durch den kalkhaltigen und kraftvollen Boden.

Wie der Name schon sagt, ist Sigrid’s Signature-Wein der Top Sigrid, ein kräftiger Cuveé aus Cabernet Sauvignon, Zweigelt und Merlot, mit einer dunklen Beerenfrucht, kernigen Substanz und eleganten Tannin.

Welche Foodpairings empfehlen Sie dazu?

Zum Rotgipfler passen generell Speisen mit kräftigen Gewürzen, wie Risotto, Sushi oder Currygerichte. Unser kräftiger Cuveé harmoniert aufgrund der Zwetschken- und Amarenakirschnoten sehr gut zu Steak oder Wildragout, aber auch zu einer deftiger Pasta.

Wie wird Ihr Jahrgang 2022?

Nach einem heißen Sommer können wir uns auf frische, kernige und traditionelle Ortsweine freuen. Die spontan vergorenen Weine reifen noch auf der Feinhefe ohne jeglichen Schwefeleinsatz und zeigen sich feingliedrig und vielversprechend.

Bei den Rotweinen haben wir mit der Lese bis Oktober zugewartet: Die Weine sind daher wunderbar kräftig mit jugendlichem Tannin und dürfen noch bis zu einem Jahr im Stahltank lagern bzw. sind teilweise schon in die Barriquefässer gefüllt. Es wird also einige besondere Weine geben.

Was sind Ihre Ziele in naher Zukunft? Was steht heuer auf Ihrer Agenda?

Wir wollen die Marke stärken und auch über die österreichischen Grenzen hinweg aufbauen, um im internationalen Weinvergleich mitzuspielen.

Darüber hinaus sehen wir unseren Heurigen als Kommunikationszone zwischen Generationen, Regionalitäten und Trauben-Genuss Typen und wollen diese mehr ausbauen.

Auch hinsichtlich Design wird sich dieses Jahr etwas bei uns ändern: Die spontan vergorenen Weine - sprich: Spontan, Saxerl und X-Treme - bekommen ein neues Etikett und treten bald einheitlich in neuen Himmelsfarben auf. Darauf freuen wir uns schon sehr.

 

Julia Emma Weninger
Julia Emma Weninger
Chefredakteurin Online
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