Wie ein Märchenschloss mutet es an, das «Dolder Grand» hoch über der Stadt Zürich.

Wie ein Märchenschloss mutet es an, das «Dolder Grand» hoch über der Stadt Zürich.
© Zeljko Gataric

«The Dolder Grand»: Eine Zürcher Legende

Die Schweiz ist die Heimat legendärer Luxushotels mit langer, reicher Geschichte, wie das «Dolder Grand», das seit 1899 hoch über Zürich thront.

Mit dem Dolderbähnli geht es hoch über die Stadt. Genau sechs Minuten dauert die Fahrt, bis wir uns von hinten einem der legendären Hotels der Schweiz nähern. Hier oben, umgeben von viel Grün, liegt das «Dolder Grand»: ein mystisches Hotel an einem mystischen Ort, das Gäste aus der ganzen Welt anzieht.

Die Idee für das Zürcher Grand Hotel stammt von Heinrich Hürlimann, seines Zeichens Grundstückspekulant und Gastwirt. Hürlimann kaufte heimlich am Zürichberg oberhalb der Stadt billige Grundstücke zusammen, der Grundstein für das «Dolder Grand Hotel». Zunächst jedoch realisierte man die Dolderbahn und das Restaurant «Waldhaus», das schon 1893 eröffnet wurde. Der Erfolg sprach für Hürlimann, denn nach kurzer Zeit beschloss die damals von ihm ins Leben gerufene Aktiengesellschaft, weiterzubauen.

Der Basler Architekt Jacques Gros, der das Hotel gestaltete, orientierte sich beim Bau an dem damals beliebten Schweizer Holzbaustil und kreierte einen Prachtbau, der weltweit einzigartig sein dürfte. Ein wenig erinnert es, wenn man ehrlich ist, an das Märchenschloss im Disneyland, lustigerweise war dessen Schöpfer Walt Disney auch einst Gast im «Dolder». Einer der unzähligen prominenten Gäste des Hauses bis heute. Michael Jackson, Albert Einstein, Rihanna unter anderen – die Rolling Stones sind Stammgäste des Hauses, ihnen ist gar die Einrichtung der Suite 100 gewidmet.

Obwohl das «Dolder» eine grosse internationale Strahlkraft besitzt, war es eigentlich von Anfang an für die Zürcher gedacht. Das erzählt uns Managing Director Mark Jacob. «Entscheidend für unser Haus ist seit jeher der Bezug zum Lokalen, zu Zürich. Seit einigen Jahren beobachten wir, dass immer mehr Zürcherinnen und Zürcher zu uns kommen», sagt Jacob. Hinter ihm liegt der Corona-Lockdown, in dem der Hotelbetrieb nahezu stillstand.

Einige Gäste seien quasi festgesessen, weil sie nicht aus dem Land oder in ihr Heimatland kamen, was ein wenig an die Zeiten während des Zweiten Weltkriegs erinnerte, in denen das «Dolder» unter anderem Zufluchtsort für Mitglieder der europäischen Königshäuser war. Die goldenen Jahre des «Dolder» waren die 70er, Stars gaben sich die Hotelschlüssel in die Hand, und sogar der Schah von Persien checkte samt Entourage ein.

Möglicherweise war das der Grundimpuls für die starke Verbindung nach Arabien, die bis heute anhält. Immer noch stammen viele der internationalen Gäste aus den Vereinten Arabischen Emiraten, ein Scheich aus Katar logierte bis 2016 sogar über vier Jahre hinweg mit Frau, Kindern, Stab und Dienern im Edelhotel. Nur die USA spielen eine ähnlich wichtige Rolle bei den internationalen Gästen.

Gegen Ende der 90er-Jahre erlebte das «Dolder» eine Krise, es zeigte sich, dass umfangreiche Investitionen getätigt werden mussten, um dem Traditionshaus weiterhin einen Spitzenplatz in der internationalen Luxushotellerie zu erhalten. Mit dem Unternehmer Urs E. Schwarzenbach, der 2001 die Aktienmehrheit übernahm, entspannte sich die Lage und die Finanzierung der Renovation des «Dolder» war gesichert. Noch im gleichen Jahr engagierte man den international bekannten Architekten Lord Norman Foster, der unter anderem die gläserne Kuppel des Reichstags in Berlin kreierte.

Glamouröse Neueröffnung

Den Plan des Architekten, alle nach 1899 errichteten Gebäude zu entfernen und das historische Hauptgebäude zu restaurieren, bezeichnet Mark Jacob, der seit der Neueröffnung 2008 mit an Bord ist, heute als ein Wagnis.

«Der Umbau damals war ein Statement. Wir komplementierten das historische Gebäude mit etwas gänzlich Neuem, was uns natürlich auch viel Kritik einbrachte. Man muss vorsichtig sein, aber man darf auch etwas wagen, ohne seine Grundwerte infrage zu stellen», erzählt Jacob.

Die Londoner Architekten schafften es auf eindrucksvolle Weise, den historischen Hauptbau von 1899 mit moderner Architektur zu vermählen, und im April 2008 wurde das «The Dolder Grand» mit 175 Zimmern und Suiten neu eröffnet. Rund 12'000 Besucher warfen damals an drei Tagen der offenen Tür einen Blick auf das umgebaute Luxushotel. Das neu gewonnene Selbstverständnis positionierte das Haus international noch einmal auf andere Weise und etablierte es in den kommenden Jahren.

Das spiegelte sich auch im Publikum wider, es wurde jünger und liegt heute durchschnittlich bei etwa 44 Jahren – anders, als man es in einem Grand Hotel wie dem «Dolder» erwarten würde. Auch im Fine-Dining-Sektor des Hauses tat sich einiges seit der Wiederöffnung im Jahr 2008. Der Deutsche Heiko Nieder übernahm damals das Ruder im «The Restaurant» und führte das Lokal in den letzten Jahren mit akribischer Hin­gabe in den Schweizer Gourmetolymp. Heute zieren das Restaurant zwei Sterne, und Nieder ist einer der Stars in der deutschsprachigen Kulinarikszene.

Der deutsche Starkoch Heiko Nieder führte das «Dolder» in den letzten Jahren in den Gourmetolymp der Schweiz.  

Auch dieser Erfolg wurde hart erarbeitet, berichtet Jacob, erwähnt aber gleichzeitig, dass es eben Zeit und den Raum für Kreativität brauche, um Grosses zu erschaffen. Mit Schwarzenbach im Rücken hat man einen Visionär mit an Bord, der dabei tatkräftig mithilft. Im Herbst letzten Jahres konnte man den Gourmetsektor noch weiter ausbauen und verpflichtete den deutschen Starpatissier Christian Hümbs, der mit seinen eigenständigen Kreationen begeistert.

Eine weitere Schraube, an der Jacob ständig dreht, um den Betrieb auf Höchstniveau zu halten. Künftig soll das Thema Nach­haltigkeit im Zürcher Grand Hotel immer wichtiger werden, berichtet der Managing Director, und letztendlich werde sich das Verständnis von Luxus verändern. «Wenn man wie wir empathisch unterwegs ist, spürt man am besten, was der richtige Weg ist, was die Menschen sich wünschen und was nach­haltig zum Erfolg führt.»

Erschienen in
Falstaff Nr. 06/2020

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