Klassisch inspirierte Küche wird im Restaurant »Philipp« serviert.

Klassisch inspirierte Küche wird im Restaurant »Philipp« serviert.
© Melanie Schmidt

Frank und frei – Genussreise durchs Frankenland

Mehr als nur Sauerbraten: Das Frankenland hat kulinarisch mittler­weile einiges zu bieten. Avantgarde trifft hier auf Tradition. Eine Genussreise.

Franken ist vor allem für seine hervorragenden Winzer und ihre Weine bekannt. Kulina­­risch wird die Region oft unterschätzt – zu Unrecht. Wer die Weinstraße entlangfährt, an einer Landschaft vorbei, die ein wenig an die Toskana erinnert, passiert ein Spitzenrestaurant nach dem anderen. Und dennoch: Touristisch überlaufen ist die Region nicht.

Eine Handvoll der klassischen Weinorte haben sich zur Initiative »Die Gastlichen Fünf im Fränkischen Weinland« zusammengeschlossen. »Wir organisieren seit mittlerweile gut fünfzehn Jahren unsere Aktivitäten gemeinsam«, erklärt Claudia Bellanti von der Vereinigung. Dettelbach, Gerolzhofen, Iphofen, Kitzingen und Volkach wollen so noch mehr Weinliebhaber und Gourmets ins Frankenland locken.

Die Rahmenbedingungen sind schon mal günstig: Die Natur rund um die Volkacher Mainschleife strahlt Ruhe und Gelassenheit aus, und auch in den Weinorten herrscht kein hektischer Rummel. Kulinarisch begibt man sich auf eine spannende Reise von einer mutigen »Back to the roots«-Küche zu avantgardistischen In-Restaurants.

Butzenscheiben und Sauerbraten

Gehobene fränkische Gastlichkeit findet man in der »Schwane« in Volkach, und das schon seit über 600 Jahren. Die »Schwane« ist noch ein echter Familienbetrieb, und das merkt man. Seit 1934 ist das Hotel mit Restaurant und Weingut im Besitz der Wirtsfamilie Pfaff, und Eva Pfaff-Düker führt das Haus mit ihrem Mann Ralph mittlerweile in dritter Generation.

In den beiden urigen, schön herausgeputzten Wirtsstuben mit viel Holz und romantischen Butzenscheiben serviert Küchenchef Achim Büschel als Kontrastprogramm eine modern interpretierte fränkische Küche. So schickt er beispielsweise den Klassiker »Sauerbraten mit Kloß und Blaukraut« als Sülze auf den Tisch – begleitet von einem Rotkohlsalat und Kloßchips. Beim Kabeljau mit Chorizosud und Risotto wagt er sich aber auch schon mal in die weite Welt hinaus.

Ob Scheurebensuppe, Schweinebäckchen oder Kloßchips: Die fränkischen Köche schätzen ihre kulinarischen Wurzeln und entwickeln sie gekonnt weiter.

Ähnlich geartet ist der »Zehntkeller« in Iphofen, den die Familie Seufert ebenfalls als Hotel mit Restaurant und Weingut führt. Schon Kurt Tucholsky war hier abgestiegen, hatte gegessen und getrunken und bedauerte in einem Essay über seine Tour, dass man Wein nicht streicheln kann.

Auch im »Zehntkeller« weht noch der Wind eines echten Familienbetriebs, und der Seniorchef lässt es sich nach wie vor nicht nehmen, zur Servicezeit seine Runde durchs Restaurant zu machen und sich nach dem Wohl seiner Gäste zu erkundigen.

Hier besinnt man sich ebenfalls noch auf die Wurzeln und serviert einen Zwiebelrostbraten mit Bratkartoffeln oder Schweinebäckchen mit lauwarmem Linsensalat, bisweilen wird der Küchenchef aber auch arg kreativ und bereitet zum gebeizten Kalbsfilet geeistes Paprikasüppchen und Tandoori-Eis zu.

Fränkische Matjes

Moderne fränkische Wirtshauskultur, wie sie in Weinfranken mittlerweile immer beliebter wird, findet man im Gasthaus »Himmel­stoss« in Dettelbach. Patron Roman Krückel stammt aus der Region, ist gelernter Bäcker und arbeitete lange Zeit als Sommelier in verschiedenen Häusern, unter anderem in der »Alten Sonne« in Ludwigsburg. Entsprechend großen Wert legt er auf eine wohlsortierte Weinkarte und eine fränkisch inspirierte Küche, in der Chefkoch Oliver Ponnath die Vorstellungen des Patrons umsetzt.

Auf den Tisch kommt gehobene Frankenkost mit modernen Akzenten. So bereitet ihm ein Fischer Forellen wie Matjes­filets zu, die dann im Gasthaus in verschiedenen Variationen serviert werden. Auch das Wild kommt aus der Gegend, die Rehnüsschen mit Pfifferlingen und Ser­viettenkloß sind ein zarter Traum. Nicht zu vergessen die Tradition des Sonntagsbratens, die hier noch gepflegt wird.

Im Herzen des Frankenlands liegt mit Würzburg das Zentrum einer mutigen Hochküche – fantasievoll, aber ohne Chichi. Besser ist es nur in Sommerhausen, im »Restaurant Philipp«.

Das absolute Spitzenrestaurant der Region, das »Restaurant Philipp«, liegt im Weindorf Sommerhausen. Michael Philipp ist für eine traditionell geprägte Saisonalküche bekannt, die er gekonnt mit französischen Elementen verbindet. Philipp wurde dafür mit einem Stern ausgezeichnet. Der kulinarische Mittelpunkt der Region ist allerdings Würzburg. Früher gastronomisch relativ bedeutungslos, hat sich die unterfränkische Hauptstadt mittlerweile ordentlich gemausert.

Wer es bodenständig-fränkisch mag, ist im urigen »Backöfele« bestens bedient, das sich in einem verwinkelten Gässchen versteckt. Die Wirtsstube ist genau so, wie man sich eine fränkische Gaststube vorstellt, Blickfang ist der mächtige Kachelofen. Man darf sich keine Hochküche erwarten, denn hier geht es eher deftig zu, und geboten wird die gesamte Palette fränkischer Schmankerln, von der Scheurebensuppe über Omas Rinderroulade bis hin zum Hochzeitsessen: gesottener Tafelspitz mit dezent scharfer Meerrettichsauce und Nudeln.

Wem mehr nach Fisch ist, der kann in der »Schiffbäuerin« auf der anderen Mainseite auf seine Kosten kommen. Im schmucken Fachwerkhaus kommen nahezu ausschließlich heimische Flussfische auf den Tisch, sämtliche lebendfrisch und zubereitet, wie es in Franken üblich ist – nämlich blau, gebacken oder gebraten, mit Kartoffeln, zerlassener Butter und Sahnemeerrettich oder mit verschiedenen Salaten, von denen der sehr gute hausgemachte Kartoffelsalat besonders hervorsticht.

Auch Avantgarde ist erlaubt

Natürlich hat Würzburg nicht nur Deftiges zu bieten, sondern auch Hochküche, die bisweilen sogar avantgardistische Wege einschlagen kann. Um die Krone des oder der Besten bewerben sich aktuell Bernhard Reiser, Benedikt Faust und Caroline Baum.

Reiser ist der Umtriebigste der drei und derjenige, der am längsten im Rennen ist. Im schicken Landhausambiente mit Blick über Würzburg und die Weinberge serviert Reiser mit seiner Mannschaft eine kreative Frischeküche, die international geprägt ist und für Regionales eher keinen Platz lässt.

Mutigen bietet er ein Überraschungsmenü, von dem nur ein gutes Dutzend Zutaten verraten wird. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann aber auch aus der Karte wählen, auf der auch schon mal Mieral-Taube oder Onglet zu finden sind. Benedikt Faust dagegen zeigt im stylisch eingerichteten Restaurant »Kuno 1408« hinter historischer Fassade, wie fränkische Avantgarde geht. Mittlerweile hat er nur noch ein Menü im Programm, das er »Wildes Franken« nennt, und in dem er sich mit drögen Klassikern wie Käsespätzle oder dem guten alten gemischten Salat auf amüsante Weise auseinandersetzt.

Völlig entspannt und unverkrampft geht es bei Caroline Baum im »San Buca« zu. Als einstige Souschefin von Juan Amador hat sie sich von der Sternegastronomie losgesagt und in einem denkbar einfachen Lokal dem Farm-to-table-Konzept zugewandt. Bei ihr gibt es keine Speisekarte. Das Angebot steht auf einer großen Tafel geschrieben und wird direkt am Tisch erläutert. Zur Vorspeise gibt es allerhand Gepickeltes und Fermentiertes in originellen Variationen, danach hausgemachte Pasta, Fisch, Fleisch und Dessert – ebenso schnörkellos wie fantasievoll zubereitet. Nicht fränkisch, sondern eher international urban, aber einfach gut.

Johannes Weiss
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