Der Loire ist der größte zum Atlantik fließende Strom Frankreichs. 

Der Loire ist der größte zum Atlantik fließende Strom Frankreichs. 
© Julian Kutos

Reise durch das Loire Tal

Als »Kornkammer« Frankreichs begeistert das Loire Tal mit Châteaux, Bistroküche und fantastischen Weinen von Crémant bis Vouvray.

Zwischen den Salzfeldern der Guerande und dem Dom von Orléans erstreckt sich das Loire Tal. Die Kornkammer Frankreichs begeistert mit seinen Châteaux, Bistroküche très bon und fantastischen Weinen von Crémant bis Vouvray. 
Wer das Loire Tal besucht, hat es wahrlich schwer: Mehr als 400 Schlösser entlang des 280 Kilometer langen Namensgebers sind das unbestrittene Highlight und Besuchermagnet. Vom mittelalterlichen Château Sully, dem »Disneyschloss« Chaumont, dem malerisch über der Loire gebauten Chenonceau oder das Renaissance Gartenparadies Villandry, Liebhaber von Königsgeschichten und imposanter Architektur kommen hier im Loire Tal voll auf ihre Kosten.

Himbeerlikör Grand Royale

Für viele beginnt ein Aufenthalt im Loire Tal im opulentesten und größten Château: Chambord. Das Paradebeispiel der Französischen Renaissance ist bereits von weitem ein Augenschmaus. Das Spiel von Asymmetrie und das Ballett der vielen Türmchen machen Lust auf das Eintauchen in das ehemalige Jagdschloss. Umrandet von einem künstlichen Fluss und großen Grünflächen empfängt Château Chambord seine großen Besucherströme, die Stufen empor zu steigen. 
Die Rede ist von der monumentalen Doppel Helix Stiege im Herzen des Gebäudes, wahrscheinlich entworfen von Leonardo da Vinci, der seine letzten Lebensjahre im nahegelegenen Château du Clos de Lucé verbrachte. Die raffinierte Bauweise verhindert, dass zwei gleichzeitig aufsteigende Menschen Augenkontakt haben. 
Chambord ist außerdem der Namesgeber eines Himbeerlikörs. Die Spirituose wurde inspiriert durch ein Getränk, welches bereits der Sonnenkönig während seines Chambord Besuches genoss.

Downton Abbey & Champagner

Abseits der Touristenmassen liegt das weniger bekannte Château Brisaac. Es ist eines der wenigen Schlösser, welche sich noch in Privatbesitz befinden und auch tatsächlich vom Schlossherren zeitweise bewohnt ist. 
Das Schloss ist ausschließlich in geführten Kleingruppen zu besichtigen. Wartend auf den Glockenschlag am Haupteingang, öffnet sich die Tür in ein Château der besonderen Art. In der Empfangshalle spürt man bereits, dass das alte Gemäuer mehr Privatresidenz als Museum ist. Bilder von Staatsbesuchen oder der königlichen Hochzeit im Invalidendom sowie kürzliche Zeitungsausschnitte der Familie Cossé-Brisaac machen das Erlebnis nahbarer und realer als Geschichten aus vergangenen Jahrhunderten. 
Geduldige werden mit fast menschenleeren Prunksälen und Gemächern belohnt, die kurzfristig das Gefühl aufkommen lassen, selbst Schlossherr zu sein. Und wer genau hinsieht entdeckt ein Portrait von Madame Clicquot und die Flaschen mit dem berühmten orangen Etikett. Die Gründerin des Champagnerhauses Veuve Clicquot war eine Verwandte der Familie Brisaac und wird dadurch Teil der Geschichte des Châteaux.Die Führung endet im Keller bei einer Verkostung des Hausweins sowie Konfitüren-Spezialitäten aus Quitte oder Rhabarber.

Am Wasser gebaut

Eingebettet in einem kleinen unscheinbaren Dorf ist das Château d'Azay-le-Rideau. Diese Perle gilt zu Recht als eines der schönsten Schlösser im ganzen Loire Tal, hier gilt das Sprichwort »klein aber fein« wortwörtlich. 
Die außergewöhnliche Schönheit dieses Prunkbaus liegt am Wasser. Anders als die meisten anderen Schlösser, liegt das Château in einem kleinen natürlich Bach. Gesäumt von Wasserrosen, Schilf und Rohrkolben scheint das Gebäude leicht und grazil über dem klaren Wasser zu schweben. Das Wasserrauschen wirkt beruhigend und entspannend und regt den Besucher zum Träumen an.
Unter dem Dach befindet sich eine weitere Rarität, der begehbare Dachstuhl. Die alte Holzkonstruktion gibt Einblick, wie die diffizile Aufgabe eines Daches mit Türmen gemeistert wurde. 

Die Gärten von Villandry

Bei den meisten Châteaux steht immer das Schloss im Vordergrund, nicht so bei Villandry, wo der Garten der Hauptdarsteller ist.
Ein traditioneller Renaissance Garten wie dieser ist wahrlich einzigartig. Vom liebevoll gepflegten Bauerngarten, zum kunstvoll arrangierten Labyrinth der Liebe mit seinen symmetrischen Formen, einer Weinlaube sowie unzähligen Ziergewächsen verzaubert der Garten an jeder Ecke. Der Mikrokosmos Garten ist ein Traum in grün und bunt, wo wenige Stunden nicht ausreichen um die ganze Schönheit zu erfassen.

Auf in die Auberge

Hungrige Gäste erwartet Genuss mit allen Sinnen im Loire Tal. Klassische französische Küche wird hier in den unzähligen Bistros oder Auberges, einer ländlichen Herberge mit Restaurant, groß zelebriert und perfekt inszeniert.
Außerhalb der Schlossmauern von Villandry in einem kleinen urigen Häuschen ist die »L'Epicerie Gourmande«. In der gut sortierten Vinothek mit charmanter Bedienung gönnt man sich nach der Besichtigung ein Stück Quiche, gefüllte Buchweizen-Crêpes und eine Tarte au citron mit einem Gläschen vom Hauswein. Schaumweine wie Crémant oder Vouvray stehen Champagner in nichts nach und sorgen für prickelnden Genuss.
Franzosen liebe ihre Küche und Menschen, die Genuss schätzen. Mit einem einfachen »Bonjour« öffnen sich die Herzen der, zu unrecht als arrogant geschimpften, Franzosen, welche nur ein klares Ziel verfolgen: Gäste mit der französischen Lebensart zu verwöhnen.

Genussvolle Zwischenstopps

Die besten Restaurantempfehlungen bekommt man in der Regel von Freunden. In der größten Stadt der Region warten auf einer Anhöhe, gut erreichbar mit der futuristischen neuen Straßenbahn, zwei »Must-Eats«: Das »Charles Barriere« und das »Keating Steak and Wine House«.
Charles Barriere war ein französischer Gastronom, ausgezeichnet als »Bester Handwerkskünstler Frankreichs« (Meilleur Ouvrier de France), der bereits für Georges Pompidou kochte. In seinem Restaurant und dem anliegenden »Bistro de la Tranchée« wird mit der Stärke der französischen Küche gepunktet: Einfache Zutaten höchster Qualität perfekt verarbeitet. Ob Schweinsfilet mit Jus und gegrilltem Pfirsich, eine Salatkreation mit Foie Gras und geräucherter Entenbrust oder dem vielleicht himmlischsten Vanillecreme-Dessert der Welt – hier kehrt man gerne ein.
Im historischen Stadtzentrum von Saumur finden vor allem Fleischliebhaber einen Gourmet Tempel zum Niederknien. Eigentlich klingt das »Keating Steak and Wine House« wie eine typische Touristenfalle. Wer sich auf die junge Küchenmannschaft einlässt wird aber alles andere als enttäuscht. Ob Entrecôte oder Bavette, cremiger Mayonnaise in unzähligen Geschmacksvariationen von paprikascharf bis koriandergrün und perfekten Kartoffeln aus der Frittüre, hier lebt man außergewöhnliche Kochkunst. Mit einem Ausblick auf die schönen alten Häuser und einem Glas Chinon mit Veilchenduft kann man hier kaum etwas falsch machen.
Ebenfalls in der Nähe der Hauptattraktion liegt das Restaurant »Le Plantagenêt« im idyllischen Fontevraud. Die Abtei von Fontevraud gilt als das größte klösterliches Gebäude Europas, war früher ein geistiges Machtzentrum und beherbergt die Überreste von Richard Löwenherz.
Das modern designte Interieur des Restaurants ist ein bewusster Gegenpol zum traditionellen Flair des Dorfes. Beim Kochen besinnen sie sich aber auf Klassiker wie Kalbsnieren, Le crémet d’Anjou (eine Torte aus Frischkäse und Erdbeeren) oder Ziegenkäse mit Birne.

Schlafen im Schloss

Beim Schlendern durch die royalen Châteaux träumt man davo, in einem der alten Schlösser zu leben. Diesem Wunsch nachgekommen ist die Hotelvereinigung Bienvenue au Château. 119 private Schlossbesitzer aus allen Regionen Frankreichs öffnen ihre historischen Residenzen für Gäste. 
Jede Liegenschaft hat seine eigene Geschichte und Atmosphäre, bietet nur wenige Zimmer und ist meist nur für wenige Monate geöffnet. Liebhaber von Ruhe, Ambiente und einer Übernachtungsmöglichkeit mit viel Charakter, abseits Zimmerservice rund um die Uhr oder schnellem Internet, möchten das Loire Tal nur auf diese Art bereisen.

Es klappert die Mühle am rauschenden Bach

In einem Land das weltberühmt ist für Baguette & Co spielen die richtigen Zutaten eine entscheidende Rolle. Ein Artisan Boulanger weiß, dass er für gutes Brot gutes Mehl benötigt. Dieses beziehen sie meist direkt von den Mühlen aus dem Loire Tal oder anderen Regionen Frankreichs. Viele Mühlen öffnen die Tore für Besucher, um Einblicke in den Alltag eines Müllers zu schaffen. Dazu stehen frisch gemahlenes Mehl und andere Spezialitäten zum Verkauf – für das Backvergnügen zuhause. Bei der großen Auswahl an Mehltypen verliert man schnell den Überblick. Ein gutes Standardmehl ist T65, ideal für Weißbrot, Baguette oder auch Mischbrot. (Hier ist ein Rezept für ein typisches Landbrot mit Sauerteig)

Julian Kutos
Julian Kutos
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