Der Aargau weiss auch visuell zu überzeugen: Im Bild die traumhaften Reblagen des Weingut zur Linde.

Der Aargau weiss auch visuell zu überzeugen: Im Bild die traumhaften Reblagen des Weingut zur Linde.
© Michel Jaussi Photography

Deutschschweiz: Im Westen viel Neues

Basel und der Aargau sind die wichtigsten Anbaugebiete der westlichen Deutschschweiz. Gemeinsam haben sie die kalkreichen Juraböden und den Status des Underdogs.

Spricht man über Schweizer Wein, gehen der Aargau und Basel gerne vergessen. Dabei bringen die beiden wichtigsten Anbaugebiete des Westens der Deutschschweiz Weine hervor, die sich mehr als sehen lassen können. Man denke nur an Winzer wie Tom Litwan aus dem Aargau, der mit seinen Weinen weit über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist, oder das Weingut Riehen aus der Mini-AOC Basel-Stadt, das im Rahmen des Falstaff Weinguides Schweiz 2022 für die «Kollektion des Jahres» ausgezeichnet wurde. Zwei Beispiele, die aufzeigen, wie gross das Potenzial im Aargau und in Basel ist.

Glücksfall Jurakalk

Wie archäologische Funde in Kaiseraugst belegen, wird im Baselbiet bereits seit den Römern Weinbau betrieben. Im 19. Jahrhundert, als in fast jedem Baselbieter Dorf Reben kultiviert wurden, umfasste die Rebfläche der Region unglaubliche 600 Hektar, sank Mitte der 1960er auf 50 Hektar und liegt heute bei rund 135 Hektar. Zum Weinanbaugebiet ge­hören die Subzonen Basel-Landschaft, Basel-Stadt und seit 2011 auch die Rebflächen in Solothurn. Einige Rebberge werden zudem von Schweizer Winzern im grenznahen Ausland bewirtschaftet.

Das Klima für den Rebbau in der Nordwestschweiz ist günstig und von der Oberrheinischen Tiefebene beeinflusst, die über die Burgundische Pforte eine Verbindung zum Mittelmeerraum besitzt, was für Wärme sorgt. Mehrheitlich gedeihen die Basler Reben an den südlich orientierten Hängen des Tafel- und Faltenjura, der sich über die Jahrtausende hinweg aus den stark kalkhaltigen Ablagerungen des urzeitlichen Jurameers gebildet hat.

Genau hier liegt eine wichtige Parallele zum angrenzenden und mit rund 400 Hektar Rebfläche deutlich grösseren Aargau, denn der ist ebenfalls mehrheitlich von den kalkreichen Juraböden geprägt. Klimatisch gesehen präsentiert sich der Aargau mild und ist von den vielen Gewässern geprägt, die sich durch den Kanton ziehen. Das Gebiet liegt zudem rund zwei- bis dreihundert Meter tiefer als die restlichen Anbaugebiete der Schweiz, was dazu führt, dass die Winzer hier rund eine Woche vor ihren Kollegen mit der Ernte beginnen.

Die Rebsorte Pinot Noir fühlt sich auf den Kalkreichen Juraböden in Basel und dem Aargau äusserst wohl .

Die vielfältigen Anbaubedingungen des Aargaus offenbaren sich auch in den sieben Subzonen, in die der Weinbaukanton unterteilt wird. Zu diesen gehören das Fricktal, das Limmattal, das Reusstal, das untere Aaretal, die Region Geissberg sowie das Gebiet um Aarau mit dem Schenkenbergtal und das Seetal. Auch in den Aargau brachten einstmals die Römer den Weinbau, worauf Spuren von Trauben verweisen, die bei Ausgrabungen in den Römeranlagen von Windisch, Augst und Zurzach entdeckt wurden.

Durch die Klöster und den Adel der Region bis zum 19. Jahrhundert vorangetrieben, dehnte sich die Rebfläche des Aargaus stetig aus und erreichte 1881 mit 2681 Hektar ihr Maximum. Damals wurden unzählige Sorten in der Region kultiviert, allen voran der Chasselas, der zu dieser Zeit Hauptrebsorte des Aargaus war. Mit der Reblaus, der aufkom­menden günstigen Konkurrenz aus dem Ausland, der steigenden Beliebtheit von Spirituosen und Missernten durchlebte der Aargauer Weinbau anschliessend einige Krisen, bis er Anfang des 20. Jahrhunderts wieder Fahrt aufnahm.

Angekurbelt wurde er damals durch die Gründung der Rebschule Adalbert Meier in Würenlingen, die heute noch existiert und zum Weingut zum Sternen gehört. Letzteres, von Andreas Meier geführt, gilt bis heute als eines der Aushängeschilder der Region. Flaggschiff des Hauses ist der kraftvolle, üppige Pinot Noir Kloster Sion Réserve, der oberhalb des Klingnauer Stausees gedeiht.

Pinot Noir von Weltformat

Wie im Rest des Landes ist die Rebsorte Pinot Noir auch im Westen der Deutschschweiz die bedeutendste. Im Aargau wie in Basel liegt ihr Anteil bei über 50 Prozent der Rebfläche. Bei den weissen Sorten dominiert der Müller-Thurgau, in Basel werden zudem seit einigen Jahren immer mehr pilzwiderstandsfähige Neuzüchtungen gepflanzt. Noch Ende der 1980er-Jahre, so berichten Winzer, waren die Aargauer Weine sträflich verkannt. Nicht mal geschenkt wollte man sie, heisst es, was heute glücklicherweise nicht mehr zutrifft.

Auf den kalkreichen Juraböden des Aargaus entstehen Pinots, die den internationalen Vergleich nicht scheuen müssen. Protagonisten der Region sind unter anderem die zuvor erwähnten Tom Litwan und das Weingut zum Sternen, genauso wie Michael Jaussi vom Weingut zur Linde, der Isländer Hoss Hauksson und Adrians Weingut.

Dank Qualitätsbewusster Winzer rücken die Weine aus Basel und dem Aargau immer mehr in den Fokus der Weingeniesser.

Eine ähnliche Entwicklung ist auch in der Region Basel festzustellen, wenn sie wohl auch noch in den Kinderschuhen steckt. Die Nachfrage nach einheimischen Gewächsen steigt, was der Arbeit der Winzer zu verdanken ist. Vorreiter sind sicher das Weingut Jauslin, das schon seit vielen Jahren beweist, welches Potenzial die Region besitzt, genauso wie die Kellerei Siebe Dupf, die für einen Grossteil der Basler Weinproduktion verantwortlich ist. Dass in der Stadt Basel selbst – beziehungsweise in Riehen – auch Wein angebaut wird, wissen aber auch heute noch viele Bewohner der Stadt nicht.

Basel und der Aargau sind die Weinbau-Hotspots in der westlichen Deutschschweiz, doch auch in allen angrenzenden Kantonen wird Weinbau betrieben. Erwähnenswert ist insbesondere der Kanton Luzern, wo sich am Vierwaldstättersee mit dem Weingut Weinbau Ottiger ein wichtiger Spitzenproduzent der Deutschschweiz befindet.


Der Westen der Deutschschweiz im Überblick

Geografie
Die Hauptanbaugebiete des westlichen Teils der Deutschschweiz sind der Aargau mit rund 400 Hektar und Basel mit 135 Hektar Rebfläche. Die Rebberge des Kantons Basel befinden sich im Nordwesten der Schweiz und umfassen die Subregionen Basel-Landschaft und Basel-Stadt. Seit 2011 gehören auch die Rebberge des Kantons Solothurn zur Weinregion. Auch im grenznahen Ausland werden von Schweizer Winzern einige Rebberge bewirtschaftet. Der Aargau zieht sich von Rheinfelden im Westen bis nach Würenlos im Osten und umfasst die Gebiete Fricktal, Geissberg, Aarau mit dem Schenkenbergtal, Seetal/Wildegg, Limmattal, Reusstal und das Untere Aaretal.

Böden und Klima
Klimatisch gesehen ist der Westen der Deutschschweiz eher mild. Im Aargau spielen die vorkommenden Gewässer, die den Kanton durchlaufen, eine bedeutende Rolle. In Basel die Oberrheinische Tiefebene, die über die Burgundische Pforte eine Verbindung zum Mittelmeerraum darstellt, was für Wärme sorgt. Beide Gebiete sind zu grossen Teilen vom Jura geprägt, weshalb die hier vorkommenden Böden einen hohen Kalkanteil aufweisen.

Traubensorten
Wie in der gesamten Schweiz spielt die Rebsorte Pinot Noir auch im Westen der Deutschschweiz die Hauptrolle. In den Kantonen Aargau und Basel sind rund 50 Prozent der Rebflächen mit der aus dem Burgund stammenden Sorte bepflanzt. Bei den weissen Sorten dominiert der Müller-Thurgau. Vor ­allem in Basel haben sich in den letzten ­Jahren zudem die pilzwiderstandsfähigen Sorten ausgeweitet.

Auswahl wichtiger Produzenten


Dominik Vombach
Dominik Vombach
Chefredaktion Schweiz
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