Als Oberhaupt einer Seefahrernation hatte Königin Elizabeth II. schon von Berufs wegen zeit ihres Lebens eine enge Verbindung zum Meer. Hier ist sie im Jahr 1969 mit ihrem damaligen Flottenadmiral, Lord Louis Mountbatten, an Bord der königlichen Yacht Britannia

Als Oberhaupt einer Seefahrernation hatte Königin Elizabeth II. schon von Berufs wegen zeit ihres Lebens eine enge Verbindung zum Meer. Hier ist sie im Jahr 1969 mit ihrem damaligen Flottenadmiral, Lord Louis Mountbatten, an Bord der königlichen Yacht Britannia
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»Ein Sandwich habe ich für den Notfall immer bei mir«

Auf der königlichen Yacht Britannia reiste Queen Elizabeth II. von Großbritannien mehrfach um die ganze Welt. Immer mit an Bord war ihr persönlicher Chefkoch, denn die Monarchin wollte, wo auch immer sie sich gerade aufhielt, nicht auf britische Kost verzichten.

Ihren Gefühlen ließ die britische Königin in der Öffentlichkeit nur sehr selten freien Lauf. Einige wenige Momente gab es während ihrer mehr als 70 Jahre währenden Regentschaft allerdings, wo sie ihre Emotionen nicht verbergen konnte. Am 20. Juni 2013 war ein solcher Moment: Als beim legendären Gold-Cup-Rennen in Ascot ihr geliebtes Pferd Estimate an den Start ging, erlebten die Zuschauer auf der Tribüne eine sichtbar aufgeregte Queen. Und als Estimate als Erstes über die Ziellinie ging, klatschte die Königin begeistert und strahlte über das ganze Gesicht. So sehr freute sie sich.

Gar nicht zum Lachen war Elizabeth II. hingegen am 11. Dezember 1997 ­zumute. An jenem Tag wurde die königliche Yacht Britannia in Portsmouth feierlich außer Dienst gestellt. Am 16. April 1953 hatte die damals noch gar nicht offiziell ge­krönte Königin das Schiff mit einer Flasche Empire-Wein getauft. 44 Jahre lang diente es der königlichen Familie als »schwimmender Palast«. An besagtem Dezembertag ging die Queen mit ihrem Ehemann Prinz Philip noch ein letztes Mal an Bord, um sich von der gesamten Crew zu verabschieden. Danach versammelte sie sich mit den wichtigsten Royals vor der Britannia. Und als die ersten Takte der Nationalhymne erklangen und der Union Jack vom Besanmast eingeholt wurde, konnte die Monarchin ihre Tränen weißes Taschentuch heraus und trocknete ihre feuchten Augen. Das Bild von der weinenden Queen ging um die Welt.

Die letzte Fahrt: Am 22. November 1997 lief die Royal Yacht Britannia zum letzten Mal in Portsmouth ein und wurde danach außer Dienst gestellt. Die Königin zeigte sich bei diesem Anlass ungewohnt emotional.
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Die letzte Fahrt: Am 22. November 1997 lief die Royal Yacht Britannia zum letzten Mal in Portsmouth ein und wurde danach außer Dienst gestellt. Die Königin zeigte sich bei diesem Anlass ungewohnt emotional.

Privatsphäre auf hoher See

Viele fragten sich seinerzeit, weshalb der sonst so reservierten Elizabeth ausgerechnet der Abschied von einem Schiff so schwerfiel. Dabei hatte sie die Antwort darauf viele Jahre zuvor bereits selbst gegeben: »Es ist der einzige Ort, an dem ich mich wirklich entspannen kann.« Nirgendwo sonst genoss die Queen so viel Privatsphäre wie auf der 126 Meter langen Yacht. Die großzügigen Räumlichkeiten am obersten Deck waren allein der königlichen Familie vorbehalten, neben Schlaf- und Arbeitszimmern befand sich dort auch die »Sun Lounge«. Es war der Lieblingsraum der Königin, wo sie sich am Nachmittag ihren Tee – mit Milch, aber ohne Zucker – servieren ließ. Dazu aß sie mit Vorliebe Scones mit Erdbeermarmelade und Clotted Cream oder kleine Sandwiches mit Lachs und Gurke. Und bevor sie zu Bett ging, genoss sie es, ihren Schlaftrunk, eine Mischung aus Gin und Dubonnet mit einer Zitronenscheibe, dort zu sich zu nehmen. 

Nicht nur sie, auch Prinz Philip fühlte sich als ehemaliger Offizier der Royal Navy besonders wohl auf hoher See. Wenn er sich nicht gerade auf der Brücke der Britannia befand, um mit dem Kapitän zu fachsimpeln, genoss er es, am Achterdeck zu malen. Diese Leidenschaft teilte er mit seinem Sohn Charles. Dessen erste Frau, ­Prinzessin Diana, litt allerdings unter dem Hobby ihres Mannes. Als die beiden 1981 ihre ­Flitterwochen auf der Britannia verbrachten und von einer Mittelmeerinsel zur anderen kreuzten, stand der damalige Thronfolger aus Sicht seiner jungen Frau viel zu viele Stunden vor der Staffelei, ­anstatt sich ihr zu widmen.

Doch zurück zur Queen: Sie hat an Bord der Britannia zweifellos entspannte ­Stunden verbracht, viel häufiger jedoch kam sie dort ihren königlichen Pflichten nach. Denn zu den wichtigsten Aufgaben der Monarchin gehörte es, ihre Nation im Ausland zu repräsentieren. Schon kurz nach ihrer Krönung traten sie und ihr Mann an Bord der Britannia eine zwölfmonatige Weltreise an, um möglichst viele ­Commonwealth-Staaten zu besuchen. Die königliche Yacht war bewusst luxuriös ausgestattet worden, sodass die Queen, wo auch immer ihr Schiff vor Anker lag, große Empfänge für Staatsoberhäupter geben konnte. Ihren Chefkoch und seine Gehilfen nahm sie daher auf jede ihrer Reisen mit, diese bekochten dann an Bord die Staatsmänner der Welt, vom greisen Sir ­Winston Churchill über Nelson Mandela, Boris Jelzin und Helmut Kohl bis François ­Mitterrand und Ronald Reagan. Detail am Rande: Die Speisenfolge bei königlichen Empfängen, egal ob sie im Buckingham Palace, auf Schloss Windsor oder eben auf der königlichen Yacht stattfinden, wird ausnahmslos auf Französisch abgefasst.

Das Wohnzimmer der Queen an Bord der Britannia. 
Die ehemalige königliche Yacht ist heute ein Museumsschiff und kann im Hafen von Leith bei Edinburgh besichtigt werden.
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Das Wohnzimmer der Queen an Bord der Britannia. Die ehemalige königliche Yacht ist heute ein Museumsschiff und kann im Hafen von Leith bei Edinburgh besichtigt werden.

Kochen auf hoher See

Graham Newbould war einer der Köche, die die Queen in den 1980er-Jahren zu Lande und zu Wasser verwöhnt haben. Es sei nicht immer leicht gewesen, bei hohem Seegang unter Deck in der engen Küche so viele Menschen zu bekochen, erzählte er später. Doch irgendwie sei es immer gelungen. Denn die Queen habe größten Wert darauf gelegt, an Bord ausschließlich mit bodenständiger britischer Küche verköstigt zu werden. Zu ihren Lieblingsgerichten zählten Lammrücken in Rotweinsauce, Filetsteak mit Pilzen in Whiskysauce, Schokolade-Brownies oder Zitronenkuchen. Der Hang zu vertrauten Speisen hatte seinen Grund: Die am weitesten gereiste Monarchin der Welt wurde bei ihren vielen Aufenthalten in fernen Ländern immer wieder mit ­exotischen Speisen konfrontiert, die nicht unbedingt ihrem Geschmack entsprachen. Bei einem Staatsbesuch im mittelamerikanischen Staat Belize im Jahr 1985 etwa wurde ihr bei einem Staatsbankett als Landesspezialität gegrilltes Paka-Fleisch serviert. Als sie erfuhr, dass es sich dabei um eine Riesenratte handelte, ­verging ihr der Appetit ­augenblicklich …

Dass die Königin kein Rattenfleisch essen wollte, stieß allseits auf großes ­Verständnis. Für Kopfschütteln sorgte jedoch ihre Abneigung gegen italienische Küche. Als sie im Jahr 2000 Papst Johannes Paul II. einen Besuch abstattete, ließ sie ausrichten, dass sie weder Pasta, Paradeissauce noch irgendetwas mit Zwiebeln oder Knoblauch essen wolle. Auch italienisches Mineralwasser lehnte sie ab. Stattdessen trank sie britisches, das extra mitgebracht wurde. Ihr Verhalten hatte freilich einen Grund: Die Queen wollte es tunlichst vermeiden, auf Reisen zu erkranken. Darum aß sie, wenn sie sich im Ausland aufhielt, auch nie Meeresfrüchte. Das empfand sie als zu riskant. Der Verzicht auf ­Muscheln, Garnelen und Austern dürfte ihr aber nicht allzu schwergefallen sein. »Die Königin war nie eine Feinschmeckerin, sie hat immer gegessen, um zu leben, und nicht gelebt, um zu essen«, sagte Darren ­McGrady, der die königliche Familie ­15 ­Jahre lang bekochte.

Von einem kleinen kulinarischen Geheimnis der Queen erfuhr die Öffentlichkeit erst zu ihrem 70-jährigen Thronjubiläum. In ­einem Video, das anlässlich der Feierlichkeiten gedreht wurde, sieht man, wie die 96-jährige Monarchin die beliebte Kinderbuchfigur Paddington Bär zum Tee empfängt. Der tollpatschige Bär zieht dabei etwas aus seinem braunen Hut. »Vielleicht möchten Sie ein Marmeladen-Sandwich? Ich habe immer eines für Notfälle bei mir!«, fragt er schuldbewusst. Die Queen lächelt verschmitzt: »Ich auch«, antwortet sie und zieht ebenfalls ein Marmeladen-Sandwich aus ihrer Handtasche. Ein Butler kommt und sagt: »Die Feier zu Ihrem Thronjubiläum wird gleich beginnen, Eure Majestät.« Paddington Bär zieht daraufhin erneut seinen Hut: »Herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum, Ma’am!«, sagt er mit rührendem Blick. »Und danke. Für alles!«


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Erschienen in
Falstaff Nr. 08/2023

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Judith Hecht
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