Wie hier bei Château Thivin in Brouilly ist in den besten Lagen des Beaujolais alles Handarbeit.

Wie hier bei Château Thivin in Brouilly ist in den besten Lagen des Beaujolais alles Handarbeit.
Foto beigestellt

Fleurie & Co.: Die besten Weine des Beaujolais

Moulin-à-Vent, Fleurie, Brouilly, Morgon: Wie in Burgund oder Bordeaux tragen auch im Beaujolais die besten Weine nicht den Namen des Gebiets, sondern denjenigen einer Gemeinde, eines Bergs (wie im Fall Brouillys), oder einer emblematischen Landmarke (Moulin-à-Vent = Windmühle)

Antoine Budker war von Beruf Ingenieur für Straßen- und Brückenbau, doch seine Leidenschaft muss dem Wein gegolten haben: Im Jahr 1869 veröffentlichte er eine »Carte des Vignobles des Côtes Beaujolaise, Mâconnaise & Chalonnaise«, also eine Lagenkarte, die die Weinberge des Beaujolais zusammen mit den nördlichen Burgunder-Nachbarn aus Mâcon und von der Côte Chalonnaise kartografiert. In der Karte sind die besten Lagen farblich hervorgehoben und in fünf Güteklassen unterteilt. Im Beaujolais findet man unter den Lagen erster Klasse beispielsweise »le Pis« in Villié (also die heute als »Côte de Py« bekannte Lage in der AOC Morgon) oder »Les Thorins« in Romanèche (also Moulin-à-Vent), als 2ème findet man etwa Les Bachelards in Fleurie oder Château Thivin in Odenas (am Mont Brouilly). Wie bei jeder Klassifikation kann man über Details streiten. Wichtig und aussagekräftig ist, dass sie überhaupt durchgeführt wurde.

Das Pech des Beaujolais war, dass Budkers Klassifikation genau in die Zeit der Reblauskrise fiel – das dürfte der Grund dafür gewesen sein, dass sie deutlich weniger Bekanntheit erlangte als etwa die 1855er Klassifikation des Médoc. Trotzdem wurden vor dem zweiten Weltkrieg die besten Crus des Beaujolais zu ähnlichen Preisen gehandelt wie sehr gute Châteaus aus Bordeaux oder Topweine von der Côte d’Or. Das Aufkommen der Agrochemie und die Marketing-Idee des »Beaujolais Primeur« führten das Gebiet jedoch vom Weg ab. Doch jetzt bringt eine neue Winzergeneration die Weine wieder zu altem Ruhm – und zu Reifevermögen! 

ZUM GANZEN TASTING

Beaujolais Crus

Wirklich sehr burgundisch: Lorbeer, Schokotrüffel. Pfeffer und florale Untertöne, auch die bei manchen Pinots bekannte Note von abgefahrenem Autoreifen. Würze pur. Im Mund ist der Wein auf spannende Weise zugleich reich (durch einen viskosen Hintergrund) und feingliedrig (durch eine nur dezente Menge feinkörnigen, gut absaftenden Gerbstoffs). Die Länge ist ausgezeichnet – ein raffinierter, komplett burgundisch ganz in die Zukunft gedachter Bau, der mit taktiler Mineralität nachhallt. Verbessert sich über 5 Tage!
Beaujolais, Frankreich
Anfangs sehr verschlossen im Duft, leicht rauchig, etwas Schwarzkirsche und sogar leicht balsamische Töne. Der Gaumen zeigt sich kraftvoll stoffig, dicht, fleischig geradezu, ganz homogen im Gaumenverlauf, und im Abgang dann in eine zauberhafte Vereinigung aus taktiler Mineralität und einer leichten Cremigkeit übergehend. Verspielt, reich und spannungsvoll in einem.
Beaujolais, Frankreich
Im Duft viel Schiefer und eine delikate Herzkirschfrucht. Der Gaumen eröffnet für einen Moment weich, flankiert dann eine schwelgerisch saftige Frucht mit ultrafeinem Gerbstoff und einem eleganten Säurefaden. Die Mineralität bleibt auch im Abgang durchdringend. Ein wahrer Mineraliencocktail und dabei so saftig und trinkanimierend – entwaffnende Eleganz.
Beaujolais, Frankreich

Sortenprofil


Gamay

Im Saint-Aubin an der Côte de Beaune gibt es einen Weiler namens Gamay – dies könnte der Ursprungsort der Sorte sein, die laut Genanalysen Pinot Noir und Gouais zu Eltern hat. Im Mittelalter war Gamay auch an der Côte d’Or weit verbreitet, ehe sie im 14. Jahrhundert ein Edikt Philipps des Kühnen von dort verbannte. Der Gamay gilt als reich tragend, doch in den Weinbaustatistiken des 19. Jahrhunderts steht er mit Erträgen um die 30 hl/ha – ähnlich wie Pinot Noir. Sehr viel höher liegt auf den Topdomänen auch heute der Ertrag nicht. Der Gamay hat stets eine üppige Frucht, doch er nimmt auch die Mineralität der Böden sehr gut auf.

Best Buys

Floral und mineralisch im Duft, Schwarzkirsche, nuancenreich und ausdrucksstark in einem. Im Mund hat der Wein ein mineralisches Fundament, darauf bauen feinkörnige, griffige Gerbstoffe auf, eine lebendige Säure und eine würzige Abgangsfrucht sehr guter Länge.
Beaujolais, Frankreich
Brombeere, Holunder und Pflaume, fast etwas Zinfandelartiges in der Intensität der Beerigkeit. Der Gaumen beginnt geschmeidig und leitet dann in eine markante taktile Mineralität über, eine Anmutung von Gesteinsmehl liegt hinter dem Schmelz und der Fülle des Weins. Toller Wein, hat für die Frucht- und die Strukturfraktion unter den Beaujolais-Fans etwas zu bieten.
Beaujolais, Frankreich
Schieferwürzig und intensiv kirschfruchtig, ein archetypisch praller Duft. Im Mund füllt der Wein das von intensiv saftiger Frucht bestimmte Volumen mit fleischigem Gerbstoff. Trotz Intensität und Druck hat der Wein etwas »Kühles«, die Mineralwürze und die Pfefferigkeit geben ihm eine Spannung, sodass die Dichte komplett unbeschwerlich bleibt. Der Wein endet kompakt mit sehr guter Länge.
Beaujolais, Frankreich
Rumtopf, Brombeerkonfitüre, auch glühendes Eisen. Im Mund ist der Wein kompakt, jung, eine hohe Menge feinkörnigen Tannins wird von intensiv taktil-mineralischen Komponenten begleitet, was dem Wein eine Festigkeit gibt, die zum Kauen einlädt. Kein Easy-Drinking-Wein, hat ein mineralisches Fundament.
Beaujolais, Frankreich
Pflaume und Schokolade, sehr reife Früchte, die Nähe der Rhône andeutend. Für einen Moment geschmeidig im Ansatz, dann aber auch kernig, deutlich salzig, mit körnigem, straffem Tannin, Druck und Struktur sowie sehr guter Länge.
Beaujolais, Frankreich

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Ulrich Sautter
Ulrich Sautter
Wein-Chefredakteur Deutschland
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