Gourmetguide Deutschland, Teil 3: Anna Sgroi

Ah, die »italianità«. In den vergangenen 30 Jahren habe ich unzählige gute Trattorien-Mahlzeiten gegessen. Und Dutzende schlimmer Enttäuschungen erlebt. Nicht in Trattorien, sondern in Sternerestaurants. Wenn italienische Köche ihre Wurzeln vergessen und einen auf Gourmet-Küche machen, geht das sehr oft in die Hose, so meine Erfahrung. Hier Bauch, dort Kopf – schwer zusammenzubringen.

Rühmliche Ausnahmen wie das »Il Centro« in Priocca gibt es nur wenige. Neuer Versuch nun, in Hamburg, bei Anna Sgroi, in ihrem wunderschönen Restaurant in der Milchstraße, ein paar Schritte von der Alster entfernt. Ich werde, sorpresa, nicht enttäuscht. Frau Sgroi kommt nah heran an die perfekte Mischung aus Bodenständigkeit und Raffinesse. Mit einem Langustencarpaccio zum Beispiel. Dessen milde Sämigkeit ergänzt sich toll mit der Säure einer Pomelo und den kräftigen Röstnoten von Parmesan-Crum­bles. Oder mit Seespinnenravioli. Sie schmecken nach Tomate, Meer und mehr. Ich will dieses Mehr nicht analysieren, das sei unseren kulinarischen Analytikern überlassen. Bauch und Zunge schreien jedenfalls: Sì! Grazie! Più! 

Großartig auch die fleischig-rosmarinig-­intensive Sauce zum Zicklein. Ab und an baut Frau Sgroi, eine kleine, resolute Frau mit klarem Blick, asiatische Aromen ein. Zitronengras zum Adlerfisch mit Steinpilzen etwa. Buono, aber muss nicht sein.

Nicht alles glückt an diesem Mittag: Die Seeigel-Spaghetti schmecken kaum nach Seeigel. Und das Zicklein ist leider zu trocken. Trotzdem ein schönes Erlebnis, auch und gerade weil die Preise fair sind, vor allem beim Wein. Keine Angeberkarte, sondern eine vieltrinkerfreundliche Karte. Guter Kaffee. Hingehen und entspannen!

Bewertung
Essen 43 von 50
Service 16 von 20
Weinkarte 16 von 20
Ambiente 9 von 10
Gesamt 84 von 100

Anna Sgroi
Milchstraße 7
20148 Hamburg
T: +49 40 28003930
www.sgroi.de

(CT)

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Aus Falstaff Deutschland 08/14