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Robert de Niro: »Du kochst und ich bringe die Investoren«

Essen hat in der langen und erfolgreichen Karriere des Schauspielers Robert De Niro immer eine bedeutende Rolle gespielt. Ob als künstlerisches Ausdrucksmittel oder als Trost gegen Heimweh. Und nicht zuletzt ist der inzwischen 80-Jährige längst auch als Gastronom erfolgreich. Ihm ist es zu verdanken, dass »Nobu« weltbekannt wurde.

Robert De Niro ist im quirligen New Yorker Viertel Little Italy aufgewachsen. Allerdings nicht in einer jener klischeehaften italienischen Großfamilien, in denen ständig gekocht und bei Pasta und Rotwein lautstark diskutiert wird. Der schmächtige Bub war vielmehr das einzige Kind des Künstlerpaares Robert De Niro senior und Virginia Admiral. Zwei Jahre nach seiner Geburt trennten sich die beiden, und Bobby lebte fortan mit seiner Mutter in einer kleinen Wohnung in der Bleecker Street. Als Teenager trieb er sich am liebsten mit seinen Freunden in den Straßen Manhattans herum. Seinen schulischen Leistungen tat das nicht gut. Aber »Bobby Milk«, wie ihn seine Gang seiner Blässe wegen nannte, störte das nicht. Er hatte ohnehin längst beschlossen, Schauspieler zu werden. Robert Mitchum, Montgomery Clift und Marlon Brando waren seine großen Vorbilder. Und eines zeichnete den 16-Jährigen schon damals aus: seine Willensstärke. Einmal ein Ziel vor Augen, war ihm kein Einsatz zu hoch, um es zu erreichen. Egal, ob er einen Gangster, einen Taxifahrer oder einen Koch zu spielen hatte, immer bereitete er sich akribisch auf seinen Part vor. Die Seelen seiner Figuren vollends zu erfassen, darum ging es ihm.

Sein großer Durchbruch gelang ihm schließlich im Alter von 30 Jahren. In dem Streifen »Hexenkessel« von Martin Scorsese spielte er den italienischstämmigen Kleinganoven Johnny Boy, der sich in Little Italy durchschlagen muss. Scorsese, der nur ein paar Blocks von »Bobby Milk« entfernt aufgewachsen war, gab ihm die Rolle, weil er fand, sie sei ihm auf den Leib geschrieben – und behielt recht. »Die Vorbereitung auf den Film bestand darin, mich an meine Kindheit und an alle Gesten und Eigenarten meiner Nachbarn zu erinnern«, sagte De Niro später. Mit seiner Meisterleistung in »Hexenkessel« überzeugte er nicht nur das Publikum, sondern auch Starregisseur Francis Ford Coppola. Der gab ihm die begehrte Rolle des jungen Vito Corleone in »Der Pate II«. Die Latte hätte für den Newcomer damals nicht höher liegen können, im ersten Teil hatte nämlich Marlon Brando den alternden sizilianischen Mafiaboss gespielt und für seine groß­artige Darbietung den Oscar bekommen. Um seinem Idol gerecht zu werden, studierte und verinnerlichte er die Gesichtszüge und Gesten der von Brando geschaffenen Figur. Viele Wochen verbrachte er in Sizilien, um die Mentalität der Menschen zu erfassen und deren Dialekt zu erlernen. All das lohnte sich. Auch »Der Pate II« wurde zu einem weltweiten Erfolg – und De Niro gewann für seine Darstellung des Vito Corleone seinen ersten Oscar.

Essen bis zum Umfallen

Welch unglaubliche Opfer der italienischstämmige Schauspieler bereit war, auf sich zu nehmen, um einer Figur gerecht zu werden, zeigte er der Welt im Jahr 1980, als er in »Wie ein wilder Stier«, abermals unter der Regie von Martin Scorsese, die Box-Legende Jake LaMotta spielte. Ein Jahr lang absolvierte De Niro mehrmals die Woche ein intensives Box-Training, unter anderem bei LaMotta selbst. Als der 37-Jährige den jungen, erfolgreichen Boxer spielte, war er durchtrainiert und wog kein Gramm zu viel. Doch schon wenige Monate später stand ein fettleibiger Mann vor der Kamera, dem jede Bewegung schwerfiel und der ständig nach Luft rang. Um LaMotta und dessen körperlichen Verfall glaubwürdig zu vermitteln, hatte der 1,75 Meter große De Niro 30 Kilo zugenommen – und dabei erfahren, dass Essen zur Tortur werden kann, selbst wenn man ein so großer Feinschmecker ist wie De Niro. »Zuerst hat es Spaß gemacht. Ich aß Eiscreme, Kuchen und alles, was ich wollte. Ich fuhr nach Paris und an die Riviera, wohnte in Gasthöfen und aß. Dann ging es mir zwei Wochen lang schlecht, denn so gut das Essen auch war, es war zu viel, ich konnte nur eine große Mahlzeit am Tag essen und musste mich dann zum Verdauen hinlegen.« Doch Aufgeben war für den Perfektionisten keine Option: »Nach knapp acht Kilo wurde es schließlich zu Arbeit. Ich musste früh aufstehen, um ein umfangreiches Frühstück zu mir zu nehmen, damit ich mittags wieder eine ganze Mahlzeit vertrug. Nachdem ich das verdaut hatte, kam ein üppiges Abendessen. Und jede Menge Mittel gegen Sodbrennen.«

Zehn Jahre lang brauchte De Niro danach, um die Pfunde wieder loszuwerden. Bereut hat er den mühevollen Kraftakt dennoch nie. Schließlich brachte ihm das düstere Boxer-Drama seinen zweiten Oscar ein. Er hatte sich endgültig in die Liga der besten Charakterschauspieler katapultiert. Doch wer an der Spitze steht, hat große Erwartungen zu erfüllen. Und das gelang De Niro in den folgenden Jahrzehnten mit seinen Filmen – von einigen Ausnahmen abgesehen – nicht mehr allzu oft. Auch an seiner Darstellung des sinistren Louis Cyphre (= Luzifer) im Film »Angel Heart« hatten die Kritiker vieles auszusetzen. Mit einer gruseligen Szene jedoch, der sogenannten »Egg-Scene«, schrieben er und Mickey Rourke Filmgeschichte: Der dämonische Geschäftsmann Cyphre sitzt in einem italienischen Café. Auf einem Teller liegen drei hart gekochte Eier. Mit seinen langen Nägeln schält er eines davon und salzt es. Mit am Tisch sitzt der heruntergekommene Privatdetektiv Harry Angel (Rourke), auf dessen Seele Cypher aus ist. »Manche Religionen glauben, das Ei sei ein Symbol für die Seele. Wollen Sie ein Ei?«, fragt Cypher Angel mit blitzenden Augen – und verschlingt das Ei schließlich genussvoll. Doch Angel lehnt ab und streut schnell Salz über seine linke Schulter – eine Geste, mit der er hofft, den Teufel abzuwehren.

Unglücklich in Los Angeles

So gut die 80er-Jahre für De Niro begonnen hatten, so schlecht endeten sie – nämlich mit drei Filmen, die allesamt floppten. Das frustrierte ihn. Überdies missfiel dem eingefleischten New Yorker, so viel Zeit in Los Angeles, dem Nabel der Filmwelt, verbringen zu müssen. Diese Stadt hatte er noch nie gemocht. Einem Mann gelang es jedoch, ihm seine Aufenthalte zumindest kulinarisch zu versüßen. Der japanische Sushikoch Nobu Matsuhisa hatte 1987 ein Restaurant in Beverly Hills eröffnet, in dem De Niro liebend gerne speiste. »Ich bin kein guter Koch, darum weiß ich gutes Essen zu schätzen«, ließ er wissen. Bald lud De Niro Matsuhisa zu sich nach New York ein, um ihn von seinen Plänen zu überzeugen: »Hier in Tribeca eröffnen wir zusammen ein Restaurant. Du kochst und ich bringe die Investoren.« Doch dazu kam es – vorerst – nicht. Zu groß waren die Zweifel des Japaners.

Von der Idee, ein eigenes Lokal in Tribeca aufzumachen, ließ sich der Schauspieler aber nicht abbringen. Denn es lag ihm viel daran, das »TRiangle BElow CAnal Street« kulturell, wirtschaftlich und kulinarisch zu beleben, war er doch selbst einer der berühmtesten Bewohner und gleichzeitig einer der wichtigsten Investoren hier. 1990 ging sein Traum schließlich in Erfüllung, das »Tribeca-Grill« öffnete seine Türen. Vom ersten Tag an tummelten sich Künstler, Filmschaffende, Geschäftsleute und Politiker in dem Restaurant in der Greenwich Street – und sie tun es heute immer noch.

Doch damit gab sich der Gourmet De Niro nicht zufrieden. Es wurmte ihn immer noch, nach Los Angeles fliegen zu müssen, um Matsuhisas Sashimi, sein berühmtes Toro Tatar mit Kaviar und seinen Black Cod in Miso genießen zu können. Mit der ihm eigenen Hartnäckigkeit gelang es De Niro vier Jahre später doch noch, Matsuhisa nach Tribeca zu lotsen. Und auch dieses kulinarische Projekt wurde ein Riesen­erfolg. Mittlerweile gibt es über 60 »Nobu«-Lokale weltweit, 17 davon in Europa.

So erfolgreich Robert De Niro als Unternehmer ist, der Schauspielerei ist er dennoch immer treu geblieben. Vor Kurzem ist er 80 Jahre alt geworden. Doch das ist kein Grund für ihn, leiser zu treten. Immer noch steht er viele Tage im Jahr vor der Kamera, zuletzt mit Leonardo DiCaprio im Scorsese-Film »Killers of the Flower Moon«. Nach der Premiere in Cannes gab es minutenlang Standing Ovations. Und die wird De Niro auch in seiner Heimatstadt bald wieder erleben. Denn im September werden die New Yorker ihren Liebling anlässlich seines Geburtstages feiern. Wo? In Tribeca natürlich, und zwar gleich drei Tage lang.

Seit den 1990ern erfolgreiche Geschäftspartner: Robert De Niro mit dem japanischen Sushi-Meister Nobu Matsuhisa.
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Seit den 1990ern erfolgreiche Geschäftspartner: Robert De Niro mit dem japanischen Sushi-Meister Nobu Matsuhisa.

Babyspinat-Salat mit gegrillten Shrimps und Miso

(für 2 Personen, Rezept von Nobu Matsuhisa)

Zutaten
10 Shrimps
Salz und Pfeffer
90 Gramm Lauch
Pflanzenöl zum Anbraten
280 Gramm Babyspinat
2 EL natives Olivenöl
1 EL Trüffelöl
1 EL Yuzu-Saft
frisch gemahlener Pfeffer
2 EL frisch gemahlener Parmesankäse
2 El getrocknetes rotes Miso

Zubereitung des getrockneten Misos
Streichen Sie 180 Gramm rote Misopaste mit einer Spachtel so dünn wie möglich auf eine Antihaft-Backmatte. An einem warmen Ort ein bis zwei Tage lang austrocknen lassen. Alternativ können Sie die Misopaste ein bis zwei Stunden im Backofen bei 110 Grad trocknen, wobei darauf zu achten ist, dass das Miso nicht zu dunkel wird.
Danach gleichmäßig zerbröseln und in einem luftdichten Behälter aufbewahren.

Zubereitung des Salats
Die Garnelen mit Salz und Pfeffer würzen. Von beiden Seiten anbraten, bis sie medium rare sind. Beiseitestellen.
Den Lauch bei 160 Grad frittieren, bis er knusprig ist. Den Blattspinat mit Olivenöl, Trüffelöl, Yuzu-Saft, gemahlenem Pfeffer und Parmesankäse anmachen. Den gebratenen Lauch untermischen.
Zum Schluss, kurz vor dem Servieren, das getrocknete Miso unterheben, damit es knusprig bleibt.


Robert De Niro - Der Wandelbare

  • Robert De Niro wurde am 17. August 1943 in Manhattan geboren. Seine Großeltern waren italienische bzw. irische Immigranten. Sein Vater war der Künstler Robert De Niro senior, der heute zu den berühmtesten expressionistischen Malern der USA zählt. Seine Mutter, Virginia Admiral, war Malerin und Literatin.
  • Mit 16 Jahren brach er die Schule ab und begann bei der berühmten Schauspiellehrerin Stella Adler Unterricht zu nehmen. Sein Talent und seine Wandlungsfähigkeit fielen Kollegen und Regisseuren bald auf.
  • Berühmt wurde De Niro mit den Filmen »Hexenkessel«, »Taxi Driver« und »Der Pate II«. Es folgten Klassiker wie »Die durch die Hölle gehen«, »Wie ein wilder Stier«, »Es war einmal in Amerika«, »Goodfellas«, »Kap der Angst« oder »Casino«. Er war insgesamt sechsmal für den Oscar nominiert, zweimal hat er ihn gewonnen.
  • 1989 gründete De Niro eine eigene Produktionsfirma und begann, in Immobilien in Lower Manhattan zu investieren. 1990 eröffnete er sein erstes Restaurant, das »Tribeca Grill«. 1994 gründete er mit dem japanischen Starkoch Nobu Matsuhisa das »Nobu«, von dem es mittlerweile 60 Lokale weltweit gibt.
  • 2008 eröffnete er mit seinem Sohn Raphael das luxuriöse »Greenwich Hotel«, die Bilder in der Lobby stammen von seinem Vater.
  • Robert De Niro war in erster Ehe mit der Schauspielerin Diahnne verheiratet. Nach einer Beziehung mit dem Model Toukie Smith heiratete er 1997 die Schauspielerin Grace Hightower. Das Paar trennte sich 2018. Insgesamt hat er sieben Kinder, seine jüngste Tochter kam im April 2023 auf die Welt.

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Erschienen in
Falstaff Nr. 07/2023

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Judith Hecht
Autor
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