Die Champagne gliedert sich in vier Regionen: die Montagne de Reims, Côte des Blancs, Vallée de la Marne und Côte des Bars mit insgesamt ca. 33.000 Hektar Rebfläche.

Die Champagne gliedert sich in vier Regionen: die Montagne de Reims, Côte des Blancs, Vallée de la Marne und Côte des Bars mit insgesamt ca. 33.000 Hektar Rebfläche.
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Schaumwein Trophy 2022: Sternschnuppen der Champagne

Champagner ist ohne Zweifel der berühmteste Schaumwein der Welt. Der Genuss zu besonderen Anlässen, das Glitzern und Schäumen auch in Krisenzeiten, verschönern das Leben. Die Rebsorten aus den kreidehaltigen Böden und die Vermählung von Weinen unterschiedlicher Jahrgänge bilden dabei das Grundgerüst dieses edlen Getränks.

Chouilly, eines der kleinen unscheinbaren Dörfer in der Champagne, gehört zum nördlichsten Teil der Côte des Blancs. Hier in der Grand-Cru Lage befindet sich eine kleine Parzelle mit nur ca. 0,5 Hektar, die das Leben von Anne Malassagne bereits in ihrer Kindheit begleitete. »Mein Vater nahm mich immer mit in die Weinberge. Für mich war es ein großes Abenteuer. Ich durfte mit der Erde spielen, und er erklärte mir die Besonderheiten der verschiedenen Weinberglagen«, erzählt sie mit leuchtenden Augen. »Dem Boden in Chouilly zeugte er ein großes Augenmerk und erklärte mir, dass diese Lage etwas Besonderes in sich trägt«.

Als sie dann 1993 mit ihrem Bruder Antoine in den Familienbetrieb einstieg, besann sie sich ihrer Kindheitserinnerungen und baute ab 1996 diese Einzelparzelle getrennt aus. Heute in der 4. Edition des Champagners »Les Aventures Blanc de Blancs« scheint dieser, für sie geheimnisvolle Ort, sich auch in ihrem Champagner widerzuspiegeln. »Es ist immer eine Cuvée aus Chardonnay mit einem kühlen und ein oder zwei wärmeren Jahrgängen. In dieser Edition sind es der kühle Jahrgang 2008 und der wärmere von 2009«, erläutert sie weiter. Diesen Champagner kann man zu Recht als einen der magischen Perlen aus der Champagne bezeichnen. Die mineralische Fülle und die noch jugendliche Reife beindruckten die Verkoster ganz besonders.

Auch das Haus Laurent Perrier setzt mit der neuen Auflage des »Grand Siècle Itération N°23« aus der Magnum auf die Vermählung der besten Jahrgänge und erreicht damit in der diesjährigen Verkostung erneut die Oberklasse.

Lucie Pereyre de Nonancourt beschreibt die Cuvée aus den Rebsorten Chardonnay und Pinot Noir, den Jahrgängen 2006, 2004 und 2002 aus 11 Grand Cru Lagen mit großer Begeisterung »als eine Vermählung aus Frische, Finesse und Körper, die die Tradition dieses Prestige Champagners fortsetzt.« Sie ist stolz, als Botschafterin das Erbe ihres Großvaters weiterzutragen. Bernard de Nonancourt kreierte 1959 erstmalig diesen Champagner unter dem Namen »Itération«.

Weitere namhafte Champagner Marken aus der Gruppe der »Maison de Champagne« zeigen in diesem Jahr durch Neuauflagen von Cuvées oder Jahrgangschampagnern, dass sie durch ihre herausragende Qualität nicht zu Unrecht an der Weltspitze stehen. Hierzu gehören Ruinart, Dom Pérignon, Billecart-Salmon und Bollinger.

Erwähnenswert ist auch die »Cuvée Louise 2006 Brut Nature« von Pommery, die durch frische Eleganz mit langem Lagerpotenial besticht.

Für Champagne Charles Heidsieck ist es ein Jubiläumsjahr. Anlässlich des 200. Geburtstages von »Charles« wurde ein besonderes Flaschendesign für den »Brut Reserve« von der Künstlerin Catherine Gran gestaltet. Sie wurde dann ganz im Sinne vom Gründer Charles Heidsieck, mit der limitierten Rarität »Champagne Charlie« auf einem emissionsfreien Frachtsegler nach Amerika verschifft.

Doch auch die kleineren Häuser und Winzer, die »Récoltant Manipulant«, zeigen in diesem Jahr wieder Beeindruckendes. Hierzu zählt Cédric Moussé aus dem gleichnamigen Familienbetrieb Moussé Fils im Vallée de la Marne. Seine Experimentierfreudigkeit und sein nachhaltiges Arbeiten im Weingut, gepaart mit hohen Qualitätsansprüchen, zahlen sich aus. Seit Jahren bringt er stilsichere Champagner aus der Rebsorte Meunier mit saftigem Zug und Grip am Gaumen in die Flasche. Auch der Familienbetrieb Goutorbe aus Ay überzeugt in diesem Jahr vor allem mit den Grand Cru Jahrgangschampagner aus Pinot Noir.

Trends

Nach wie vor steht das Thema Nachhaltigkeit in der Champagne als eines der wichtigen Ziele auf der Agenda. Gerade in der aktuellen Energiekrise gilt es, die Reduktion von CO2 bei den energieintensiven Produktionen von Flaschen, industriell hergestellten Präparaten, wie künstlichem Dünger oder Herbiziden sowie künstlichen Zusatzstoffe wie Reinzuchthefen, voranzutreiben. Unter Federführung des Comité Champagne (der Dachverband der Champagne-Häuser und Winzer) wurde das in der Champagne geltende ganzheitliche Nachhaltigkeitszertifikat »Viticulture Durable en Champagne« entwickelt und soll die Bemühungen der Winzer unterstützen und vorantreiben. Mittlerweile sind 36 Prozent der ca. 33.000 Hektar Rebfläche mit diesem Label zertifiziert. Erfreulich, dass der Anteil der Fläche von biologisch oder biodynamisch arbeitenden Winzern mit stetigem Wachstum auf mittlerweile acht Prozent gestiegen ist.

Weiter im Trend liegen die Champagner mit längeren Hefelagern. Dies bezieht sich nicht nur auf die gereiften Jahrgangschampagner sondern auch auf die »Non Vintage« Weine. In den Cuvées werden zunehmend »Reserveweine« in der Assemblage eingesetzt. Dies sind Grundweine aus verschiedenen Jahrgängen, die in der Auswahl Erfahrung und großes Können für die Gesamtkomposition eines Champagners verlangen. »Für uns ist es ein Stilmittel, um den Champagnern zusätzliche aromatische Komplexität und Tiefe zu verleihen«, erklärt Cyril Brun. In diesem Jahr wurde seine Virtuosität als Chef de Cave von Charles Heidsieck erneut mit der Auszeichnung »Sparkling Winemaker of the Year« (IWC) belohnt. Die mittlerweile vielfach angewendete Methode »Resèrve perpetuelle« wird von kleineren Produzenten angewendet. Sie verfügen aufgrund ihrer Größe nicht über größere Mengen von Reserveweinen und nutzen für die Kuvertierung ein Gebinde wie z. B. Tank oder Holzfass. Hier wird jedes Jahr ein neuer Teil des Grundweins aus dem aktuellen Jahrgang hinzugegeben und ein Teil für den neuen Champagner abgezogen. Oftmals entsteht dadurch ein »Reservewein« mit über Jahrzehnte alten Grundweinen mit unterschiedlicher DNA verschiedener Jahrgänge.

Die Beliebtheit der Rosé-Champagner ist weiterhin ungebrochen. In Deutschland setzt sich die Erfolgsgeschichte der letzten Jahre mit einem Anteil von nun über 13 Prozent fort. Die Vielzahl der eingereichten Rosés zeigt das breite Spektrum dieser im Glas oft wunderbar lachs- oder kupferfarben schimmernden Kreationen. Die stilistische Vielfalt bietet vielzählige Genussmomente, ob als beschwingter, erfrischender Aperitif oder schmackhafter, würziger Speisenbegleiter.

Der Boom zum Champagner im vergangen und auch in diesem Jahr setzt sich weiter fort. Die Qualitäten und Lesemengen in diesem Jahr versprechen für die Champagner-Liebhaber auch zukünftig sinnlichen Genuss.

Champagner sind wie Sternschnuppen. Prickeln sie den Gaumen entlang, gehen Wünsche in Erfüllung und bescheren ein belebendes Gefühl. Die Perlen sind vergänglich, aber es bleiben unvergessene Momente des Glücks.

ZUM TASTING


Erschienen in
Falstaff Sparkling Spezial 2022

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Gerhild Burkard
Redakteurin
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