Johannes Nuding © Patrick Kirchberger/Helge Kirchberger Photography

Johannes Nuding © Patrick Kirchberger/Helge Kirchberger Photography

Von Neuem inspiriert: Johannes Nudings kulinarische Reise von London nach Tirol

Nach dem Erfolg im berühmten »Sketch« in London, das mit drei Michelin-Sternen ausgezeichnet wurde, entschied sich der 37-Jährige, ein 400 Jahre altes Traditionshaus in Hall in Tirol zu übernehmen.

von Alexandra Gorsche
23. Mai 2024

Johannes Nuding hat seine Leidenschaft für das Kochhandwerk früh entdeckt. Die Entscheidung für eine Ausbildung in der Gas­tro­no­mie hat nicht jeder verstanden: »Das war etwas, das ich ­einfach wollte, auch wenn ich zum Teil auf Unverständnis gestoßen bin. Damals herrschte noch ein rauer Ton in den Küchen, aber bereut habe ich es nie«, erzählt der Heimkehrer in der Titelstory der aktuellen Falstaff-PROFI-Ausgabe..

Und so zeigt sich Nuding auch als Mensch, der im Hier und Jetzt lebt: »Ich vermisse London nicht. Ich bin ein positiver Mensch und hänge auch nie der Vergangenheit nach. Die Entscheidung, zurück in die Heimat zu gehen, war nicht geplant und eher vom Familiengedanken angetrieben. Für eine Familie bietet diese Region sehr viel.« Dass das 400 Jahre alte Gebäude, welches seinem Onkel gehört, freistand, war eher ein Zufall, der zum nunmehrigen Fine-­Dining-Restaurant »Schwarzer Adler« sowie zum Bistro ­»Secco« führte.

»Alles begann mit einem Waschbecken«

Zurück an den Anfang: Nach der »Tourismusschule Villa Blanka« ­lernte Nuding die Feinheiten bei Größen wie Johann Lafer, Johanna Maier und dem »Koch des Jahrhunderts«, Joël Robuchon. In Paris kam es schließlich auch zur Begegnung zwischen dem ambitionierten Österreicher und dem Altmeister Pierre Gagnaire. Der Superstar der Haute Cuisine erkannte das große Potenzial in dem Nachwuchstalent und förderte seine Karriere. Zuerst war Johannes Nuding in Paris und Moskau, später in London für Gagnaire im Einsatz. Die letzten acht Jahre leitete er die Küche des imposanten »The Lecture Room and Library« im Londoner Gastro-Komplex »The Sketch«. 2019 führte er den Genuss-Hotspot mit seinen Kreationen in den erlesenen Kreis der Drei-Sterne-Restaurants. Diese bemerkenswerte Leistung gelang ihm im ­Alter von nur 33 Jahren.

Johannes Nuding schlug 2023 ein neues Kapitel seiner Karriere auf. Der Ruf der Heimat wurde unüberhörbar lauter und so kehrte er der britischen Gourmet-Metropole den Rücken, um in Österreich gemeinsam mit seiner Frau Lilit, seinem Vater und Onkel einen 400 Jahre alten Traditionsgasthof in seiner Heimatstadt Hall in Tirol von Grund auf zu renovieren. Nach eigenständigen Renovierungen, an denen der Onkel maßgeblich beteiligt war, konnte das Gourmetrestaurant »Schwarzer Adler« sowie das Bistro »Secco« eröffnet werden. »Alles begann mit einem Waschbecken«, erzählt Nuding. »Ein Waschbecken, das meine Frau Lilit bestellt hatte. Und wortwörtlich wurde um das Waschbecken aus der Damentoilette herum das Restaurant renoviert und auch umgebaut.« Nun spricht er tatsächlich von einem Family Business: »Mein Vater verantwortet die Buchhaltung, mein Onkel ist sehr talentiert und leitete alle Umbauarbeiten und meine Frau Lilit ist unsere Sommelière und Gastgeberin.« Die Herausforderung? »Mit seiner Familie redet man anders. Es ist eine neue Herausforderung.«

Unaufgeregte Perfektion und makelloses Handwerk

In Sachen Qualität gibt sich Johannes ­Nuding nach wie vor nur mit dem Besten ­zufrieden – ob im mondänen Londoner Viertel Mayfair oder im Tiroler Unterinntal. Seine Handschrift? Unaufgeregte Perfektion und makelloses Handwerk. »Pierre Gagnaire hat mich sehr geprägt, das sieht man nach wie vor in meinen Kreationen.« Dabei schätzt er sich glücklich: »Wir bekommen hier eigentlich so gut wie alles, was wir möchten. Besondere rare Weine oder auch Lebensmittel – wir können auf unsere Partnerbetriebe zurückgreifen, die uns nicht nur in London, sondern nun auch in Hall in Tirol beliefern.«

Dennoch zeigt Nuding eine starke Tendenz zu lokalen Produkten und fördert die enge Zusammenarbeit mit regionalen Produzent:innen. Dabei setzt er auf Authentizität, Qualität und Kreativität. Gerichte entwickelt er nach Saison, zusammen mit seinem Team, allen voran Landsmann Thomas Leitner, den er bereits seit 20 Jahren kennt und der ebenso seinen kulinarischen Weg bei Pierre Gagnaire ging, bevor er zusammen mit Nuding in seine Heimat zurückkehrte. »Wir entwickeln Gerichte im Team, indem wir alle Ideen von jedem besprechen und lokale und saisonale außergewöhnliche Produkte miteinfließen lassen.«

Sobald es um Saisonen geht, erörtert Nuding: »Eigentlich sollten wir nicht von vier Saisonen sondern von fünf sprechen. Denn gerade nach den Wintermonaten, bevor der Frühling tatsächlich eine wunderbare Produktpalette eröffnet, haben wir quasi eine eigene Saison, die es zu bespielen gilt. Viel spannender sind die Mikro-Saisonen in Japan, dort werden 72 gelehrt.« Die UNESCO ­erklärte die japanische Küche im Dezember 2013 zum immateriellen Weltkulturerbe. »Das war auch der Zeitpunkt, zu dem ein ­eigenes Institut eingerichtet wurde, an dem diese Lehren weitergegeben werden. Die Idee dahinter ist unglaublich spannend und inspirierend.«

Herausforderung Führung

Der Neubeginn in Hall in Tirol birgt neue Herausforderungen: »Nun verantworte ich nicht nur ein Küchenteam, sondern ein Unternehmen.« Dabei sieht er als Führungskraft gerade emotionale Intelligenz als notwendig, um zum bestmöglichen Ergebnis zu gelangen: »Dinge auszuprobieren und auch zuzulassen, gehört dazu. Patricia aus unserem Küchenteam hatte beispielsweise noch nie Blätterteig zubereitet und wollte dieses Handwerk erlernen. Was haben wir gemacht? In der Folgewoche Blätterteig in einem Gericht eingebaut. Ich freue mich, wenn Interesse und Leidenschaft in Kreativität münden.«

Schon fast bescheiden ist sein Wunsch für die Zukunft: »Unsere Gäste sollen zu uns kommen und einfach Spaß haben. Und wenn meine Kinder gesund aufwachsen und es der gesamten Familie gut geht, dann bin ich schon glücklich, gerade wenn man bedenkt, was sich zur Zeit in der Welt abspielt.« Ob seine Kinder den Weg in die Gastronomie finden werden, lässt er offen: »Wir werden ihnen auf jeden Fall unsere Welt zeigen, wofür sie sich entscheiden werden, bleibt dann ganz ihnen überlassen. Egal wie es kommt, in unserem Weinkeller lagern wir für unsere Kinder einige Besonderheiten ein.« Auf die Frage nach einem Blick in die kulinarische Zukunft und die Erwartungshaltung für die anstehende Guide-Michelin-Bewertung in Österreich kommt ein breites Lachen und »Kein Kommentar. Aber zu viel zu schnell zu wollen, ist auch eine Todsünde.«

Erschienen in

Falstaff Profi Magazin

Mai/Jun. 2024

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