Hideaway. Einst Rückzugsort für Dichter und Maler, bietet der »Knappenhof« heute eine großartige Küche, viel Design und eine prachtvolle Hausterrasse.

Hideaway. Einst Rückzugsort für Dichter und Maler, bietet der »Knappenhof« heute eine großartige Küche, viel Design und eine prachtvolle Hausterrasse.
© Christian Husar

Relaxed aus Tradition: Ein Spaziergang durch den »Knappenhof«

Die Hektik der digitalen Welt hat im »Knappenhof« Hausverbot. Den Takt gibt die Natur des Raxgebiets vor. Köstlichkeiten der Region erhöhen die entschleunigende Wirkung des Aufenthalts.

Es ist kein Zufall, dass der Ruhm des Schwarzatals schon früh von Reisenden gemehrt wurde, die man allesamt als Mitglieder der »Kreativwirtschaft« bezeichnen könnte. Sie schätzten die wildromantische Landschaft, in der man zu sich finden konnte, und die doch so rasch von der Residenzstadt Wien erreichbar war. Tauchpionier Joseph August Schultes etwa schwärmte schon Anno 1802 von »einer der feyerlichsten Gegenden Europens«. Geradezu prophetisch nimmt sich seine Einschätzung aus, dass das Raxgebiet »in jedem anderen Lande zum Wallfahrtsorte der Künstler und der Dichter« geworden wäre. Knapp 100 Jahre später löste Camillo Kronich diesen Anspruch dann nämlich ein: Sein »Knappenhof« gab der Wiener Society einen Mittelpunkt, der auch all jenen, die keine Villa im mondänen Reichenau besaßen, eine Sommerfrische in der Bergwelt ermöglichte.

Zeitgenössischer Luxus: Ruhe

Die Sehnsucht seiner Gäste nach Ursprünglichkeit der Natur, verbunden mit Behaglichkeit, kannte Kronich bestens. Als Hüttenwirt des »Ottohauses« am Thörlweg hatte er jahrelang gesehen, wie begeistert die Wanderer und Bergsteiger von seiner Heimat waren. Die Natur des südlichen Niederösterreichs stand den staunenden Städtern offen, den Komfort ergänzte Kronich in seinem Refugium, das mit modernen Zimmern, fließendem Wasser und einer Sonnenterrasse als Treffpunkt lockte. Der »intime und Gebirgs-Charakter« wurde bereits bei der Eröffnung 1908 in den Medien gerühmt. Denn man hatte sich gegen einen Zimmerpalast wie am Semmering entschieden, das neue Haus sollte den Charakter eines Boutiquehotels tragen. Und genau in diesem Geiste wird der »Knappenhof« heute, nach der kompletten Renovierung der 28 Zimmer durch Gast­geberin Helena Ramsbacher, geführt!

So kann der Gast auch 2024 das Hotel so erreichen wie einst die noble k .u. k. Gesellschaft: Vom Bahnhof Payerbach weg ermöglicht es der »RUFbus Semmering-Rax«, seinen Urlaub gänzlich autofrei zu genießen. Der »Knappenhof« hat somit den entscheidenden Vorzug, nicht zum Ort der Entschleunigung werden zu müssen, sondern es von jeher zu sein. Er offeriert eine ursprünglichere Welt, die sich von Wien oder Graz bequem mit der Bahn erreichen lässt. Denn ist man einmal ohne Auto unterwegs, stellt sich der natürliche Rhythmus des Lebens in den Bergen von selbst ein. Wenn man hier von Luxus spricht, dann geht es nicht um Schnickschnack wie vergoldete Türklinken, sondern um Unbezahlbares für die Seele: »Platz, wenig Menschen, Zeit oder Stille«, definiert Hotelière Ramsbacher das Anforderungsprofil zeitgenössischer Erholung. Der neu gestaltete Wintergarten, den Gesellschaften ganz für sich zum Feiern mieten können, ist sichtbarer Ausdruck dieses Spirits. Bewusst wird selbst beim Terrassenbetrieb nur auf den »Soundtrack der Natur« gesetzt.

Seelen-Wanderungen

Es sind Details wie dieses, die einen Aufenthalt im Reichenauer Ortsteil Kleinau kostbar machen, denn hier werden alte und analoge Werte großgeschrieben. Die gesunde Psyche, der entspannte Geist, gehören hier seit jeher zum Aufenthalt dazu. Schließlich waren es die großen »Seelenlehrer« Sigmund Freud und später Viktor Frankl, die sich regelmäßig im Raxmassiv inspirieren ließen. »Keine einzige wesentliche Entscheidung in meinem Leben«, bekannte Frankl, hätte er nicht dort getroffen. Die erste Patientin einer Freud’schen »Gesprächskur« ist ohnehin untrennbar mit »Knappenhof«-Gründer Kronich, genauer: seiner Schwester Aurelia, verbunden. Sie vertraute dem Wiener Arzt ihre Sorgen am »Otto-Schutzhaus« an – als »Fall K.« schrieben diese Medizingeschichte.

Historisch bedeutsam wurde aber auch das Otto-Haus selbst: Es war der Beginn der touristischen Entdeckung der Rax als Naherholungsgebiet, zusammen mit dem Semmering und dem Schneeberg bildete sie einen Fixpunkt, der für die Sommerfrische im »Fin de siécle«. Spaziergänge, Kreativschübe und so manche Liebelei fanden ihren Eingang in die Literatur der »Jung-Wien«-Autoren. Viel wichtiger aber: Die Überspannung, in der ausgehenden Monarchie »Neurasthenie« genannt, wich in der Bergluft ganz von selbst.

An die Stärkung von Körper und Seele schließt man im »Knappenhof« auch mit dem aktuellen Gästeprogramm an. Der renommierte Autor Arnold Mettnitzer, ehemaliger Priester und Psychotherapeut (»Mit dem Herzen atmen«) begleitet Wanderer durch die Rax-Region und stellt in der Schönheit der Natur Sinnfragen. Wie man achtsamer mit sich umgeht und dem Alter positive Aspekte abgewinnt, stellt wiede­rum das Thema dar, dem sich Professor Michael Musalek widmet. Die Redensart vom Kopf, den man freibekommen muss, gewinnt so an Qualität.

Eheversprechen ohne Ritus

Diesem spirituellen Zugang zum Thema Urlaub hat man am »Knappenhof« auch eine symbolische Heimat errichtet. Am 27. April weiht Kardinal Christoph Schönborn das Reichenauer Kircherl ein. Es ist ein Neubau, der mit seinem hölzernen Turm aber so vertraut wirkt, als wäre er schon seit den Tagen Camillo Kronichs Teil der Hotelanlage. Als sichtbarer Raum für Spiritualität wird es bei allen katholischen Festen – Verlobung, Heirat oder Taufe – mit Leben erfüllt, aber auch bei Ehejubiläen wie der Goldenen Hochzeit. »Allen Konfessionen soll dieser Raum offenstehen«, so die Maxime. Denkbar sind aber auch moderne Trauungen,bei denen statt einem Priester beispielsweise Sinn-Geber Mettnitzer die Feier leitet.

Geweiht wird das Kirchlein übrigens der Heiligen Hildegard von Bingen, für Hotelière Helena Ramsbacher schlicht »die coolste Frau des Mittelalters«. Ihr wird am »Knappenhof« auch ein Kirtag ausgerichtet, der am 17. September ganz im Kärntner Stil begangen wird – »natürlich mit der Kirchtagssuppe«, wie Ramsbacher verspricht. Und während das moderne Altarbild von Virginie Bailly das Ergebnis eines Kunstwettbewerbs darstellt, wird so eine neue Tradition am Berg geschaffen!

Wildes und gebändigtes Wasser

Zu den unvergesslichen Eindrücken gehört auch das Wasser des Schwarzatals, das rund um den »Knappenhof« nicht nur bei den Wanderungen allgegenwärtig ist. Die wilden Abschnitte und ruhigen Buchten des Höllentals, an denen auch wilde Motorrad-Kerle gerne zum Erfrischen verweilen, sind so weit weg vom städtischen Trubel wie nur irgend möglich. Dass zudem das Hotel selbst über eine Quelle verfügt, ist da fast schon selbstverständlich. Und das flüssige Element wird noch mehr zum Teil des »Knappenhofs«. Mit dem geplanten Infinitypool wird man einen anderen Blick auf die Bergwelt bekommen. Er ersetzt die ehemalige »Liegehalle« durch ein weitaus dynamischeres Element. Dann kann man, um ein Wort Robert Musils – wie viele Literaten ein Reichenau-Besucher früherer Tage – zu verwenden, in der archaischen Natur sogar »spazieren schwimmen«!

Diese Mischung aus der Eleganz des Fin de Siècle und der Majestät der Natur wird durch das Innenleben ergänzt. Die historischen Hotelmauern atmen Fröhlichkeit: poppig-bunte Stoffe, moderne Annehmlichkeiten wie Dyson-Föns in jedem Zimmer und Gourmet-Verlockungen, für die nicht zuletzt die Hotelbar steht.

Die Gäste sind genussfreudig! Das geht auch gar nicht anders, denn die Umgebung deckt schon zum Frühstück den Tisch reichlich. Selbst gemachte Marmeladen treffen da auf die vom Nachbarn gelieferten Eier und die saisonalen Kräuter vom Huthaus. Niemals fehlen dürfen die Mehlspeisen, mit denen man ein weiteres Stück der k. u. k. Tradition am »Knappenhof« aufleben lässt. Nur eben im zeitgemäßen Gewand.

Bewertung

Fin-de-Siècle-Atmosphäre trifft auf moderne Annehmlichkeiten in idyllischer Lage. Außen Jagdvilla, innen poppig-bunt und geprägt von der Liebe zur Kunst. Küchenchef Tomaž Fink lädt zur kulinarischen Reise von der Vergangenheit in die Gegenwart.

Ambiente 10 von 10
Zimmer
19 von 20
Wellness 10 von 15
Service
15 von 15
Kulinarik
18 von 20
Lage 20 von 20
GESAMT 92 von 100

Info

Hotel Knappenhof
Kleinau 34, 2651 Reichenau/Rax
T: +43 2666 53633
reception@knappenhof.at
knappenhof.at


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Roland Graf
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