Wein-Idylle: Die Talsohlen werden vom Obstbau besetzt, die Hanglagen sind dem Weinbau vorbehalten.

Wein-Idylle: Die Talsohlen werden vom Obstbau besetzt, die Hanglagen sind dem Weinbau vorbehalten.
© BENJAMIN PFITSCHER

Südtirol: Kleines Land – Große Weine

Was die Fläche anbelangt, zählt Südtirol zu den Schlusslichtern. Dennoch vergeben Weinführer regelmäßig Höchstnoten an Südtiroler Spitzengewächse.

Das Weinbauland Südtirol hat sich in den vergangenen Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Aus dem traditionellen Rotweinland ist ein Weißweinland geworden: Der Anteil der Weißweine hat sich von den ehemals 20 Prozent auf über 60 Prozent gesteigert. »Bei den Weißweinen kann Südtirol im internationalen Konzert der großen Weine mitspielen«, ist Klaus Gasser, Verkaufsleiter der Kellerei Terlan, überzeugt.

Leitsorte Weißburgunder

Die Weine aus dem Weinbauort Terlan sind heute auf der ganzen Welt bekannt und begehrt. Die Terlaner setzen vornehmlich auf die Sorte Weißburgunder, die in Südtirol schon seit 150 Jahren heimisch ist und dort zu den Leitsorten zählt.

Mit dieser Sorte und der Langlebigkeit ihrer Weine – die Terlaner kommen jedes Jahr mit einem gereiften Wein auf den Markt – haben sie ein Alleinstellungsmerkmal erreicht, das den Namen Terlan vielen Weinfreunden in aller Welt ins Gedächtnis eingeprägt hat.

Alpin-mediterrane Höhenlagen

Das große Potenzial des Südtiroler Weinbaus liegt in den unterschiedlichen Höhenlagen. Die Weinberge erstrecken sich von »Cool Climate«-Lagen am Fuße schneebedeckter Alpengipfel im Norden bis zu wärmeverwöhnten Rebgärten im Süden, die von Olivenbäumen und Zypressen umgeben sind. Alpin-mediterran eben.

Rund 5000 Weinbauern im ganzen Land bewirtschaften das Mosaik an Rebflächen in Höhenlagen von 220 bis 1000 Metern; einzelne Lagen haben sogar schon die 1300 Meter erreicht. In Zeiten des Klimawandels bringen diese Höhenlagen große Vorteile. »Waren unsere besten Lagen früher in der Nähe der Talsohle, so sind das heute die Steillagen auf 600 bis 700 Meter«, bestätigt Klaus Gasser.

Südtiroler Sauvignon Blanc auf Erfolgskurs

Neben Weißburgunder wird Sauvignon Blanc für Südtirol immer wichtiger. Hans Terzer, langjähriger Kellermeister der Kellerei St. Michael-Eppan hat für diese duftige und rassige Sorte Pionierarbeit geleistet. Bereits 1989 füllte er seinen ersten Sauvignon Sanct Valentin auf die Flasche – ein bahnbrechender Wein.

Der Sauvignon Sanct Valentin entwickelte sich zum Kultwein, und Jahr für Jahr wird er mit höchsten Auszeichnungen bedacht. Nach dem Erfolg des Weins setzten auch viele andere Winzer auf Sauvignon Blanc.

Hans Terzer war weit über Sauvignon Blanc hinaus federführend bei der zunehmenden Hinwendung der Südtiroler Betriebe zum Weißwein. Eine weitere Sorten mit großem Potenzial in Südtirol ist Blauburgunder (Spätburgunder). Immer öfter kommen aus Südtirols Weinbergen Blauburgunder, die im anspruchsvollen internationalen Konzert der Pinot Noir mit einer eigenen Stimme kräftig vertreten sind.

Vielfalt des Südtiroler Weinbaus

Vielfalt ist ein weiteres Kennzeichen für den Südtiroler Weinbau: Vielfalt bei den Sorten – über 20 verschiedene umfasst die breite Palette – und Vielfalt bei den Böden und Kleinklimata. Die geologische Beschaffenheit des Südtiroler Weinbaugebiets ändert sich oft in minimalen Distanzen.

Vom vulkanischen Porphyr, der im Etschtal bei Terlan, um Bozen und Auer sowie in Kaltern prägend ist, über verwitterte Urgesteinsböden aus Quarz, Schiefer und Glimmer im Eisacktal und Vinschgau, Kalk- und Dolomitgestein im Unterland und in Eppan bis hin zum sandigen Mergel bei Kurtatsch und Margreid reichen die Böden, auf denen Südtiroler Weine wachsen.

Das Weinbauland Südtirol ist in verschiedene Gebiete unterteilt: Überetsch um die Orte Eppan und Kaltern, das Unterland südlich von Bozen, die Landeshauptstadt selbst, das Etschtal um Terlan, Nals und Andrian, Meran und Umgebung, im Westen der Vinschgau und schließlich das Eisacktal. Die Steillagen von Klausen bis Brixen und Neustift sind die nördlichsten Anbaugebiete Italiens. Auf den Urgesteinsböden fühlen sich Weißweine aus den Sorten Kerner, Sylvaner und Riesling sehr wohl.

Renaissance des Vernatsch

Vernatsch, in Württemberg auch bekannt als Trollinger, war der Südtiroler Wein schlechthin. Ob als Kalterersee, als St. Magdalener, als Meraner oder schlicht als Südtiroler Vernatsch gehört er zum Land wie seine Berge und seine Menschen.

In den vergangenen Jahren gingen Anbaufläche und Wertschätzung stark zurück. Um den qualitätsvollen Vernatsch zu fördern, riefen der Unternehmer Ulrich Ladurner, der Weinhändler Günther Hölzl und Falstaff-Chef­redakteur Italien Othmar Kiem 2004 den Südtiroler Vernatsch Cup ins Leben.

Seit damals ist die Anbaufläche zwar weiterhin geschrumpft, die Qualität aber hat grandios zugelegt. Zudem liegen generell leichtere Weine, die duftig sind und guten Trinkfluss haben, dabei aber doch komplex sind, im Trend. In der einzigartigen Atmosphäre des »Vigilius Mountain Resort« hoch am Berg über der Ortschaft Lana wählt jedes Jahr eine internationale Jury aus Fachjournalisten und Winzern den »Vernatsch des Jahres«.

Im Rahmen des Vernatsch Cup wird auch der Titel »Vernatsch-Botschafter des Jahres« vergeben – an Personen oder Vereinigungen, die sich um die Sorte besonders verdient gemacht haben. In diesem Jahr ging die Auszeichnung an die Magdalener Jungwinzer, eine Gruppe von jungen Winzern in St. Magdalena, die sich mit viel Engagement mit dem Thema Vernatsch auseinandersetzen, weil sie ihn als identischen und höchsten Ausdruck ihres Gebiets verstehen.


Die Südtiroler Spitzenweine aus dem aktuellen Falstaff Weinguide

98 Punkte

Rarity Weißburgunder 2007
Kellerei Terlan

97 Punkte

Appius Weiss 2015
Kellerei St. Michael-Eppan

The Wine Collection Pinot
Nero Riserva 2016

Kellerei St. Michael-Eppan

Terlaner Primo Grande Cuvée 2017
Kellerei Terlan

96 Punkte

Quarz Sauvignon Blanc 2018
Kellerei Terlan

95 Punkte

Upupa Orange Gewürztraminer 2017
Martin Abraham

Rachtl Sauvignon Blanc Riserva 2017
Tiefenbrunner

The Wine Collection Sauvignon 2017
Kellerei St. Michael-Eppan

Vigna Kastelaz Gewürztraminer 2018
Elena Walch

LR Weiss Riserva 2016
Schreckbichl

Nova Domus Terlaner Riserva 2017
Kellerei Terlan

Vigna Ganger Pinot Noir Riserva 2017
Kellerei Girlan

Toren Cabernet Sauvignon 2016
Tiefenbrunner

Vigna Kressfeld Merlot Riserva 2016
Kornell

Mason di Mason Pinot Nero 2017
Manincor

Terminum Gewürztraminer
Vendemmia Tardiva 2017

Kellerei Tramin

Le Petit Manseng 2017
Manincor


Erschienen in
Südtirol Spezial 2020

Zum Magazin

Othmar Kiem
Othmar Kiem
Chefredakteur Falstaff Italien
Mehr zum Thema
Höhenluft, über 300 Sonnenstunden und hohe Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht sorgen dafür, dass Südtiroler Äpfel besonders saftig werden.
Südtirol Spezial
Südtiroler Apfelkraft
Südtirol ist eines der wichtigsten Apfelanbaugebiete Europas. Aber auch Steinobst und Beeren...
Von Othmar Kiem
Vor dem beeindruckenden Bergpanorama von Langkofel und Plattkofel breitet sich die wunderbar wanderbare Seiser Alm aus.
Südtirol
Almen: Genussvoller Boden
Rund zwanzig Kilometer von Bozen entfernt liegt die größte Hochalm Europas. Die Seiser Alm bietet...
Von Larissa Schmid
Aussichtsplattform Latemar
Südtirol Spezial
Panorama-Spots in Südtirol
FOTOS: Diese Aussichtsplattformen bieten einen eindrucksvollen Ausblick auf die schönsten...
Von Anja Tromayer
Schlutzkrapfen werden mit brauner Butter und Parmesan serviert.
Südtirol Spezial
Südtiroler Geschmackserbe
Eine kulinarische Spurensuche im Pustertal zeigt den vielfältigen Geschmack Südtirols.
Von Ilse Fischer
Eine Hommage an die Südtiroler Kulinarik: Kaspressknödel in der »Hofschenke Lerchner's«
Südtirol Spezial
Südtiroler Alpen-Dolce-Vita
Das Pustertal und seine Hauptstadt Bruneck machen einem das Genießen leicht. Neben Top-Kulinarik...
Von Ilse Fischer