Die nach Süden orientierten Hänge in Carnuntum bieten dem Syrah ideale Bedingungen. Die Windräder im Hintergrund schlagen dazu den Takt.

Die nach Süden orientierten Hänge in Carnuntum bieten dem Syrah ideale Bedingungen. Die Windräder im Hintergrund schlagen dazu den Takt.
© Robert Herbst

Syrah in Österreich: Gekommen um zu bleiben

Seit 30 Jahren wird der würzige, ursprünglich im Rhônetal beheimatete Syrah in Österreich angebaut. Obwohl also noch verhältnismäßig jung, bringt die Sorte bereits erstaunliche Weine hervor.

Vor 30 Jahren startete in­ ­Österreich das »Experiment Syrah« mit dem ­Auspflanzen der ersten ­Reben. Und die Zwischenbilanz, die aus diesem Anlass gezogen werden kann, fällt eindeutig positiv aus, denn die Rotweine aus Syrah bieten ein speziel­les Bukett und dazu Extraktsüße, Würze, Kraft, aber auch Eleganz, Finesse und Reifepotenzial. Keine Überraschung also, dass Winzer sowie Wein-Experten der Sorte jetzt schon eine große Zukunft prophezeien. In Österreich ist Syrah offiziell erst seit dem Jahr 2001 als Qualitätsrebsorte zugelassen, zuvor wurden die Reben mit Ausnahmeregelung erprobt. Aktuell ist die Anbaufläche für Syrah gerade mal 152 Hek­tar groß und befindet sich zum größten Teil im Burgenland.

Syrah, der in Österreich auch mit dem Synonym Shiraz bezeichnet werden darf, hat seinen Ursprung im franzö­sischen Rhônetal und ist eine natürliche Kreuzung aus den Rebsorten Dureza und Mondeuse Blanche. Er liebt warme, frühe Lagen, ist frostempfindlich und reift eher spät. In den vergangenen Jahren haben mehr als 100 verschiedene Rotweinerzeu­ger in Österreich den Syrah beziehungs­weise Shiraz reinsortig auf die Flasche ­gebracht, einige haben sich entschieden, ­sie als würzigen Verschnittpartner in ihre Cuvées zu inte­grieren. Und während die gegenwärtige Klimaerwärmung für viele in Österreich heimischen Rebsorten zu Pro­blemen führen wird, ist sie für den Syrah eine Chance. Erich Scheiblhofer aus Andau, der größte heimische Abfüller der Sorte, ist von ihrer Zukunft überzeugt: »Shiraz ist die logische Antwort der Winzer auf den Klimawandel, da es die Sorte mit der größten Hitzeaffinität ist. Wo andere Rebsorten bei bis zu 40 Grad im Sommer längst leiden, zündet der Shiraz ein opulentes Feuerwerk aus Frucht, Tannin und Länge.«

Aller Anfang

Aber blicken wir zu den Anfängen zurück: Helmuth Renner aus Gols brachte 1995 ­ die ersten tausend Flaschen des Tafelweins »Syrah 1995« auf den Markt, der Interessierten in der Folge als »Renner Syra« wiederbegegnete. Auch andere Mitglieder der Pannobile-Gruppe hatten da bereits Syrah ausgepflanzt. Mit dem »SY No. 2« aus 1996 präsentierte Matthias Leitner aus Gols erstmals einen reinsortigen Wein der Sorte in einer auch kommerziell repräsentativen Größe (2000 abgefüllte Flaschen). Als Landwein bezeichnet und ohne Angabe von Rebsorte und Jahrgang, schaffte es dieser im Barrique ausgebaute Wein auf Anhieb auf die Ehrentafel der »Top Ten der besten Rotweine« des seinerzeit erstmals erschienenen Falstaff Weinguides 1998. Dort findet sich auch eine Cuvée namens »Pegasos« aus dem Hause Pitnauer in Carnuntum, die mit 1996 ihre Premiere feierte, und auch deren Geschmacksbild war eindeutig von dieser geheimnisvollen neuen Rotweinwürze geprägt. Und in Rust betätigte sich das Weingut Paul Triebaumer als Syrah-Pionier: 1996 kam die Cuvée »Eremit« – eine mehr als dezente Anspielung auf Hermitage in der nördlichen Rhône – heraus, eine etwas eigenwillige Cuvée aus Pinot Noir und Shiraz.

1997 folgte der »Shiraz 100%«, der im Falstaff Rotweinguide 1999 mit stattlichen 91 Punkten zum ersten Sortensieger dieser Novität erklärt wurde. Ebenfalls früh mit reinsortigem Syrah dabei war WineArt-Ass Alois Steiner aus Podersdorf mit seinem »Outer Limits I«. Für noch mehr Aufse­hen sorgte in dieser Guide-Ausgabe, die mit dem Jahrgang 1997 dem ersten großen Rotweinjahrgang Österreichs gewidmet war, dass ein Tafelwein auch die prestigeträchtige Cuvée-Gruppe gewann. Es war der erste Jahrgang von René Pöckls »Rêve de Jeunesse«, bezeichnet mit »18« statt eines Jahrgangs – weil eben dies nicht erlaubt war, wählte man das Alter des jungen Winzers aus Mönchhof, der mit dieser Ikone sein erstes Meisterstück ablieferte. Die Cuvée ist geprägt von den Sorten Syrah und Zweigelt. Auch Hans »John« Nittnaus in­tegrierte 1997 in seine tolle Cuvée »Comondor« neben Cabernet und Merlot einen kleinen Anteil Syrah, der diesem Wein ein gewisses Etwas verliehen hat. Helmut Preisinger wiederum verwendete im selben Jahr Syrah für seine »Cuvée Mithras«.

Die Jahrgänge 1998 und 1999

Mit dem Jahrgang 1998 schaltete sich Thomas Schwarz vom Kloster am Spitz mit dem »Syrano No. I« ins Geschehen ein, in Eisenstadt brachte gleichzeitig die Familie Langer den »Sirius«, einen Syrah aus der Lage Rosental, an den Start. Der Jahrgang 1998 steht auch für den ersten erfolgreichen Auftritt eines reinsortigen Niederösterreichers. Das »S« für Syrah markierte den Syrah-Landwein vom Schlossweingut Graf Hardegg, den der »Rhône-Ranger« Peter Veyder-Malberg neben der raren Weißweinsorte Viognier ins Weinviertel ­gebracht hatte. Und mit dem 1998er-»S« erzielte dieser den Sortensieg im Guide.

Mit dem Jahrgang 1999 mehrten sich die Einreichungen. Aus dem Mittelburgenland präsentierten die Brüder Pfneisl ihren reinsortigen Shiraz »Maria’s Vineyard«. Zum Zeitpunkt des Markteintritts der meisten Weine aus 1999 schrieb man bereits das Jahr 2001 – und ab da wurde die Rebsorte auch in Österreich in den Katalog der Qualitätsweinsorten aufgenommen und darf seither auf dem Etikett wahlweise mit ­Syrah oder Shiraz bezeichnet werden. Die Wahl des Synonyms kann ab nun dem Konsumenten einen Hinweis da­rauf geben, was er von dem jeweiligen Rotwein stilistisch erwarten darf. Elegant, würzig und kühl oder »New World Style« mit Kraft und viel Holz à la Australien. Als Wein der letzteren Art mit Noten von Schokolade und Lebkuchengewürzen gewann mit dem Shiraz 1999 der Winzer Karl Thaller aus der ­Südoststeiermark zur allgemeinen Über­raschung den Sortenbewerb 2001.

Der 1999er »Rêve de Jeunesse« wiederholte ­seinen Falstaff-Sieg mit überragenden 97­ Punkten. Syrah wurde zum Bestandteil zahlreicher erfolgreicher Cuvées wie des 1999er »Gabarinza« von Gernot Heinrich, oder der Weine von aufstrebenden Winzern aus Carnuntum wie des 1999er »Amarok« von Christoph Artner oder des »Optime« von Gerhard Pimpel. Artner sieht die Perspektiven des Syrah eindeutig positiv: »In ausgewählten, wärmeren Lagen gedeihen unsere Syrah-Reben seit mittlerweile 25 Jahren sehr gut. Auch in trockenen Jahren bringt der Syrah tolle Würze mit der typischen Schwarze-Oliven-Note hervor. Die Situation in Car­nuntum lässt straffe Weine mit reifen Tanninen entstehen, Rotweine, die sich langlebig und kompakt präsentieren. Nicht zuletzt in Anbetracht der Klimaerwärmung wird Syrah bei uns immer ein Fixstarter sein.«

Unsere Besten

In den letzten Dekaden haben sich zahl­reiche Produzenten erfolgreich am Syrah versucht und mit dieser spannenden Sorte ihre Rotweinpalette erweitert. Die Zahl der reinsortigen Einreichungen bei den Bewertungsverkostungen zeigt dies eindrucksvoll. Und so wird heute eine große Bandbreite angeboten: Ist der Wein als Shiraz bezeichnet, wie das in Australien üblich ist, dann erwartet den Weinfreund ein opulenter, kraftvoller Stil, der die klare Mehrheit der österreichischen Vertreter der Sorte prägt. Erich Scheiblhofers »The Shiraz Perfection« ist hierfür das höchst erfolgreiche Role Model, hier reihen sich Keringers »100 Days« ebenso ein wie Jacqueline Klein oder Salzl-Seewinklhof. Sehr kraftvoll präsentiert sich auch Michael Edlmosers eindrucksvoller Vertreter »La Paz« aus Wien oder der »Red Granite« von Kurt Angerer in Lengenfeld im Kamptal, der die jüngste Falstaff Reserve Trophy holte.

Um diesen kapitalen Weinen zu Leibe ­zu rücken, bedarf es schon der Konkurrenz aus Barossa Valley in Down Under oder ­eines Châteauneuf-du-Pape aus dem südlichen Rhône-Gebiet in Frankreich. Andere Produzenten nehmen sich die elegant-ker­nigen Sortenvertreter von der Nordrhône zum Beispiel. Kühle Stilistik bieten Weine wie der Syrah mit dem Namen »Felsen II« von Christian Tschida aus Illmitz, jener ­von Paul Achs aus Gols, in Carnuntum ist es ­Johannes Trapl mit »Syrah Kirchberg«, aber auch Dorli Muhr mit Syrah vom Spitzerberg in Prellenkirchen.
Das Gros der aktuellen Produktion bewegt sich stilistisch zwischen den beiden Extremen schwarz, schokoladig und mächtig mit viel Holz oder schlank, rotbeerig und mineralisch-leichtfüßig. Das kleine Rotweingebiet Carnuntum und die benachbarte Region Neusiedlersee bringen das größte Angebot an Syrah hervor, erzeugt wird er aber in allen Regionen des Burgenlands und auch im Vulkanland Steiermark mit Karl Thaller als Erzeuger der ersten Stunde.

In Wien haben sich neben Edlmoser auch Rainer Christ, Wolfgang Hofer und die Familie Fuchs mit Syrah befasst, in Niederösterreich findet man die Sorte in der Thermenregion, vereinzelt auch im Kamptal und dem Weinviertel. Setzt man die Zahl jener Betriebe, die bereits Syrah abfüllen, in ein Verhältnis mit der vorhandenen Anbaufläche, so würde man die Rebfläche weit größer einschätzen, als sie tatsächlich ist. In der Falstaff-Weindatenbank sind bereits an die hundert Winzer verzeichnet, die in den vergangenen Jahren einen reinsortigen Syrah eingereicht haben, dazu kommen die Cuvées mit Syrah-Anteil. Da erstaunt es doch, dass es erst 152 Hektar dieser Sorte bei uns gibt. Gut möglich, dass die Klimaveränderung die Verbreitung der Sorte vorantreibt. Denn wo es anderen Roten zu heiß wird, ist der Syrah zur Stelle. »Syrah als hitzeliebende Sorte hat sich bei mir sehr bewährt, da sie in Jahren, in denen andere Sorten zur Überreife neigen, ihre Karten ­erst voll ausspielt«, bringt es Thomas Schwarz aus Purbach auf den Punkt.

Fakt ist: Noch gilt der Syrah in Österreich als Exot und Geheimtipp. Aber von der qualitativen Seite betrachtet hat sich der würzige Franzose bereits voll etabliert. Er ist also gekommen, um zu bleiben.


Die geheime Würze des Syrah

Erst der Wirkstoff Rotundon verleiht der Sorte ihr spezielles Aroma.

Das Rotundon ist der Aromastoff, der die Rebsorte Syrah unverwechselbar macht. Für den Chemiker handelt es sich dabei um ein sauerstoffhaltiges bicyclisches Sesquiterpen-Keton aus der Familie der Guajane. Für den Laien ist es eine aromatische Komponente, die man auch als Element des weißen und schwarzen Pfeffers kennt. Sie tritt auch in den Gewürzpflanzen Basilikum, Thymian, Rosmarin, Oregano und Majoran auf. Im Syrah-Wein ­findet man sie in Form von Aroma-Noten wie schwarze Olive, Blutorange, Pfeffer, Kräuter, Tabak, Lebkuchen, Lakritze oder Veilchen.

ZUM TASTING

Erschienen in
Falstaff Nr. 02/2020

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Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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