Es gibt sie auch in Österreich – Winzer, die Weine machen wie in Frankreich.

Es gibt sie auch in Österreich – Winzer, die Weine machen wie in Frankreich.
© Ian Ehm

Vin Français aus Österreich

Der Weinbau der Alpenrepublik ist von der großen französischen Weinkultur weit stärker geprägt, als man glauben möchte. Falstaff hat sich auf Spurensuche begeben und zahlreiche frankophile Aspekte im österreichischen Weinbau ausgemacht.

Meine Frau Edwige ist Französin, und daher haben wir uns stets bemüht, ihren Weingeschmack zufriedenzustellen«, sagt Willi Bründlmayer, »ich habe früh mit Chardonnay experimentiert, und nachdem meine Frau am Abend bevorzugt Rotwein trinkt, haben wir auch diese Herausforderung angenommen.« Damit begründet der Langenloiser Winzer seinen Hang zu Weinen, wie man sie vorwiegend in Frankreich findet. Und er ist nicht der Einzige im Land. Es gibt in Österreich eine Vielzahl an Winzern, die beim Wein­machen recht frankophile Aspekte einfließen lassen. Österreichische Winzer, die Weine machen wie Gott in Frankreich. Dabei wurden erst Ende der 1980er-Jahre in Österreich mehrere internationale Haupt­sorten wie Chardonnay, Cabernet Sauvignon oder Merlot in den Katalog der Qualitätsweinsorten offiziell aufgenommen. Kein Geheimnis, sie stammen allesamt aus Frankreich. Wichtiger noch, mit den Sorten kamen auch die dazu notwendigen Techniken ins Land. Denn bis zu diesem Zeitpunkt waren Barriques bestenfalls potenzielle Ursachen des Weinfehlers »Holzton« und eine malolaktische Gärung im Zweifelsfall ein unbe­absichtigter Unfall des Kellermeisters. Zwar strebte der Winzernachwuchs bereits in jenen Jahren ein Praktikum im Ausland an, landete in Ermangelung ausreichender Sprachkenntnisse aber meist in Deutschland oder der Deutsch-Schweiz. Könner der englischen Sprache reisten nach Südafrika, USA oder Australien, vorzugsweise zu Winzern aus deutschsprachigen Auswandererfamilien. Und nach Frankreich? Den Mut hatten ­leider nicht viele. Kurt Feiler aus Rust etwa traute sich und werkte nach der Weinbauschule im Jahr 1994 bei Cheval Blanc in Saint-Émilion. Er brachte aus dem Bordeaux seine Liebe für den spät reifenden Cabernet Franc mit, der gemeinsam mit Merlot den Grand Vin von Cheval Blanc bestimmt. Die Sorte fühlt sich längst rund um Rust recht wohl und ist heute nach Blaufränkisch und Zweigelt die drittwichtigste rote Rebsorte im Hause Feiler-Artinger. Seit 1986 offiziell in Österreich erlaubt, wird die Gesamtfläche heute auf spärliche sechzig Hektar geschätzt. Da die Sorte ein idealer Verschnittpartner für würzige Cuvées ist, kommt sie selten rein­sortig in die Flasche. In Rust wirkte die Idee jedenfalls ansteckend, dort füllt auch Günter Triebaumer einen Lagen-Cabernet-Franc von Gillesberg ab.

Die drei frankophilen Winzer: Vincent Bründlmayer, Katharina Tinnacher und Alwin Jurtschitsch
© Ian Ehm
Die drei frankophilen Winzer: Vincent Bründlmayer, Katharina Tinnacher und Alwin Jurtschitsch

Frankophile Hotspots

In Niederösterreich war und ist das Weingut Bründlmayer stets ein besonders frankophiler Hotspot. Neben Pinot Noir widmet sich Willi Bründlmayers Sohn Vincent be­­sonders dem Cabernet Franc, der in Ausnahmejahren auch reinsortig ausgebaut wird. »Aber es ist durchaus eine Herausforderung, in unserem klimatischen Grenzgebiet feine, bekömmliche Rotweine mit markanter Persönlichkeit zu keltern«, sagt Vincent Bründlmayer. Einer ganz besonderen Weißweinsorte aus Frankreich widmet sich das Schlossweingut Graf Hardegg im nördlichen Weinviertel. Der Viognier stammt aus dem nördlichen Rhônetal und war dort bereits vor einigen Jahrzehnten so gut wie ausgestorben. In Seefeld-Kadolz wurde er schon 1995 ausgepflanzt und bringt in guten Jahren einen absoluten Spitzenwein. Nachdem Viognier im österreichischen Qualitätsweinkatalog nicht vorgesehen ist, darf das Ergebnis namens »V« noch heute nur als »Wein« bezeichnet werden. Den Liebhabern dieser Sorte ist das ziemlich einerlei, sie genießen unbeeindruckt davon die komplexe Aromatik von Pfirsich, Marille, Me­­lonen und Rosen und die saftige, elegante Textur dieses Ausnahmeweins. Der Erfolg von Graf Hardegg hat in Österreich einige Epigonen auf den Plan gerufen. Reinsortige Abfüllung gibt es auch bei Schönberger in Mörbisch (VIO), bei Kurt Angerer in Lengenfeld im Kamptal als Barrique-Version (VI) oder in den Linea Vigne bei Ploder-Rosenberg im Vulkanland. Einen leichten und fruchtbetonten Viognier bietet das Weingut Pfneisl unter dem Namen »White Pepper« an, Heinrich und Martin Haider brachten 2014 einen Marie-Sophie’s Garden Viognier heraus.

Monsieur Alwin Jurtschitsch lässt eine alte französische Schaumweintradition auferstehen.
© Ian Ehm
Monsieur Alwin Jurtschitsch lässt eine alte französische Schaumweintradition auferstehen.

Österreichische Rebsorten aus Frankreich

1997 sorgte ein Rotwein namens »SY No.I« aus dem Hause Leitner für Aufregung: der erste reinsortige Syrah in Österreich – die Premiere war zwei Jahre davor, damals noch ohne Sortenbezeichnung und Jahrgang. Was als Versuch bereits 1993 gestartet wurde, erwies sich schließlich als erfolgreicher Dauerbrenner, was sich nach zwanzig Jahren eindeutig behaupten lässt. So erfolgreich, dass der Syrah seit dem Jahrgang 2002 ganz offiziell als Qualitätswein abgefüllt werden kann. Seither hat die würzige Sorte auf etwa 150 Hektar Wurzeln geschlagen und erzielt vor allem in den Weinbaugebieten Carnuntum und Neusiedlersee sehr gute Ergebnisse. Ob reinsortig oder als Verschnittpartner, es gilt inzwischen als weitgehend sicher, dass diese Rebsorte in Österreich eine vielversprechende Zukunft hat. Gernot Leitner ist davon jedenfalls überzeugt: »Syrah ist ein Wein, der mich schon immer fasziniert hat, ob aus Australien, Südafrika oder Frankreich. Er ist wuchtig und enorm kraftvoll als Wein für sich, aber trotzdem auch elegant und facettenreich.« Weißburgunder, bekannt seit dem 14. Jahrhundert, ist eine Mutation des Grauen Burgunders und hat seinen Ursprung ebenfalls in Frankreich. Auch diese Sorte hat in den österreichischen Weinbergen eine lange Tradition. Der Pinot Blanc ist in allen Regionen des Landes verbreitet und nimmt rund zweitausend Hektar Rebfläche ein. Eine Liste der besten Erzeuger würde diesen Rahmen sprengen, aber einige Top-Weine sollen explizit genannt werden. In der Südsteiermark war das Jahr 2007 einfach grandios für den Weißburgunder, das lässt sich anhand des Nussberg (Magnum) von Gross und Pfarrweingarten (Fassreserve) vom Sattlerhof nachvollziehen, die zu den weltbesten Vertretern dieser Rebsorte gerechnet werden müssen. Neben den Vertretern des klassischen Vinifikations-Zugangs gibt es Weißburgunder auch als höchst gelungenen Orange Wine, ein Kind der modernen Natural-Wine-Bewegung (oder »vins naturels«), die ihren Ursprung ebenfalls in Frankreich hat. Claus Preisinger aus Gols konnte auf diesem Gebiet mit seinem maischevergorenen Weißburgunder aus der Lage Edelgraben (versteckt in der Bezeichnung ErDELuftGRAsundreBEN) voll punkten.  Auch das Thema »Pet Nat« hat viel mit Frankreich zu tun. Was die Franzosen vor Jahrhunderten als »méthode ancestrale« entwickelten, bevor sie den Champagner erfanden, gilt heute in Österreich als die angesagte prickelnde Alternative. Alwin und Steffi Jurtschitsch aus Langenlois haben mit Martin und Anna Arndorfer zu diesem Zweck ein eigenständiges, gemeinsames Weingut namens »Fuchs & Hase« gegründet, das sich ausschließlich der Erzeugung von »Pet Nats« widmet. Die Abkürzung steht im Französischen für »petillant« (prickelnd) und »naturel« (natürlich). Bei jedem einzelnen Volume haben die Trauben an der Maische angegoren und wurden während der ersten Gärung direkt in die Flasche gefüllt. Die natürliche Kohlensäure wurde dadurch im Wein gebunden.

Mademoiselle Catherine Tinnacher hat einen der besten Pinot Gris in ihrem Keller.
© Ian Ehm
Mademoiselle Catherine Tinnacher hat einen der besten Pinot Gris in ihrem Keller.

Von den Römern gelernt

Die Pet Nats sind spontan, unfiltriert und ohne Zusätze vergoren, auch Schwefel wird keiner zugesetzt. Alwin Jurtschitsch hat diese französische Idee bei einer Australienreise aufgeschnappt und setzt sie mit seinen Partnern nun bereits im zweiten Jahr erfolgreich um. Jurtschitsch wundert nicht, dass nun immer mehr junge Winzer (Geyerhof, Judith Beck, Michael Wenzel, Alex Koppitsch, Rosner in Langenlois u. a. m.) mit diesen alternativen Schäumern experimentieren. »Für uns war es spannend, komplett ohne Zusätze handwerklich Wein zu machen, der trinkfreudig ist und sich selbst durch Kohlen­säure, ein bisschen Hefe in der Flasche und leichte Tanninstruktur stabilisiert«, sagt  Alwin Jurtschitsch, »es ist auch die Lust, zu entdecken und sich selbst weiterzubilden.« Eines haben französische und österreichische Winzer in jedem Fall gemeinsam. Gelernt haben ihre Vorfahren das Geschäft, na klar, von den Römern. Die haben bekanntlich die Kultur mitgebracht. Während in Gallien die Vignerons brav dort fortgesetzt haben, wo die strammen Legionäre in Ruhe aufgehört hatten, spülte die Völkerwanderung im Donauraum die ersten Rebpflanzen wieder hinter die Alpen, einige Jahrhunderte lang war wieder Schluss mit Vinum bonum, vergessen die Errungenschaften des Kaisers Probus (276–282), eines gebürtigen Serben aus Sirmium, der seinen Untertanen das Auspflanzen von Weinstöcken außerhalb Italiens erlaubte. Nicht nur nördlich der Alpen, wofür er in Wien und an der Mosel als Gründer der Weinkultur gepriesen wird, nein, auch in Gallien und Hispanien durften die Leutchen nun Reben besitzen und Wein herstellen. Doch erst am Ende des ersten nachchristlichen Jahrhunderts setzte im heutigen Bundesgebiet von Österreich wieder so etwas wie planvoller Weinbau ein.

Vigneron Vincent aus Langenlois liebt die Burgunder und den würzigen Cabernet Franc.
© Ian Ehm
Vigneron Vincent aus Langenlois liebt die Burgunder und den würzigen Cabernet Franc.

Die Rolle der Mönche

Diese Entwicklung steht in direkter Verbindung mit der Christianisierung des Landes, die nun vom Westen in Richtung Osten vorangetrieben wurde. An vorderster Front standen die Mönche aus dem burgundischen Cîteaux, die Zisterzienser, die bereits in ihrer Heimat aus dem Weinbau die erträglichsten Einnahmen bezogen. Sie begründeten mit dem Clos de Vougeot bei Nuits-Saint-Georges und dem Château de Cîteaux in Meursault oder dem Kloster Pontigny in Chablis die Weinkultur des Burgunds, die Mönche aus Frankreich brachten ihr Wissen mit an ihre neuen Wirkungsstätten im Osten. Am Nordufer des Bodensees besaß das Zisterzienserkloster Schloss Salem einst 2500 Hektar Weinberge, in Maulbronn erzeugten sie in der Grangie Elfingen gesuchte Weine. Auch in Österreich spielten die Mönche eine wesentliche Rolle bei der Kultivierung der Reben, nicht zuletzt wegen der liturgischen Bedeutung des Weins in der christlichen Tradition...
Den vollständigen Artikel, Verweise zu den Winzern sowie Facts zu den frankophilen Rebsorten finden Sie im Falstaff Magazin Heft 04/2016.
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Credits

  • Fotos: Ian Ehm
  • Produktion: Florence Wibowo
  • Styling: Viera Okanikova
  • Make-up: Alma Milcic
  • Location: Herzlichen Dank an Kussmaul Patisserie Restaurant/ www.kussmaul.at
  • Outfits:  Herzlichen Dank an Kleiderbauer, Madeleine, Peek & Cloppenburg, Hackett London, Humanic, Wigens, Mühlbauer, Hugo Boss
Peter Moser
Peter Moser
Wein-Chefredakteur Österreich
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