Fast 13 Kilogramm Möhren isst jeder Deutsche im Jahr.

Fast 13 Kilogramm Möhren isst jeder Deutsche im Jahr.
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Wundergemüse Möhre: Interview mit Ernährungswissenschaftlerin Judith Dittrich

Möhren gehören zu den wenigen Gemüsesorten, die ganzjährig aus deutscher Zucht in den Supermarktregalen zu finden sind. Der Grund: Sie sind besonders gut lagerfähig. Nun hat wieder die Saison begonnen, in der das beliebte Gemüse geerntet wird. Falstaff hat deshalb mit Karotten-Expertin Judith Dittrich über unterschiedliche Einsatzbereiche einzelner Möhrensorten, den Anbau im eigenen Garten und den Einfluss des Klimawandels gesprochen.

Leuchtend orange, mit oder ohne Grün, im Kilo-Beutel oder einzeln: Möhren sind ganzjährig in deutschen Super- und auf Wochenmärkten zu finden. Fast 13 Kilogramm des Gemüses werden hierzulande durchschnittlich pro Person und Jahr verzehrt. Grund genug, sich zum Start der Karotten-Saison genauer mit der Möhre auseinanderzusetzen. Falstaff sprach deshalb mit Judith Dittrich, Ernährungswissenschaftlerin und Mitarbeiterin beim Informationsportal meine-möhren.de, über das Gemüse.

Judith Dittrich
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Judith Dittrich

»Das gute an der Möhre ist, dass man sie sehr lange lagern kann«, erklärt Judith Dittrich zu den Vorzügen des orangen Gemüses. Deshalb wissen viele Menschen gar nicht, dass es überhaupt eine besondere Saison gibt, in der das Gemüse frisch vom Feld in den Verkaufsregalen der Händler landet. »Bis in den Herbst hinein werden die Möhren frisch vom Feld geerntet, aufbereitet und kommen dann in die Geschäfte.«

Sobald die Karotten-Saison sich dann dem Ende entgegen neigt, sieht der Vorgang etwas anders aus, wie die Möhren-Expertin verrät: »Dann kommen sie aus Lagerhäusern, die runtergekühlt sind und wo sie einige Monate gelagert werden können – und wir können weiterhin auf Möhren aus Deutschland zugreifen.« Lediglich in ein paar Wochen im Frühjahr eines Jahres könne es dazu kommen, dass die deutschen Karotten bereits verbraucht sind und wir auf Möhren aus dem Ausland angewiesen sind: »Dann kommen sie aus Spanien oder Italien, also aus Ländern, in denen etwas früher gesät und geerntet werden kann als hier.«

Knackig frisch: So bleibt die Karotte lange lecker

Sobald die Karotten dann im Supermarkt angekommen sind, beginnt für die Liebhaber der Doldenblütengewächse die Qual der Wahl: »Frische Möhren erkennt man bei Bundmöhren beispielsweise an dem Möhrengrün: Wenn das strahlend grün ist, ist die Möhre auf jeden Fall frisch.« Schwieriger ist die Frische dagegen bei den Möhren zu erkennen, die etwa in einem Kilo-Sack ohne grüne Blätter verkauft werden: »Die sollten schön knackig sein, aber man kann sie natürlich nicht im Supermarkt einfach auseinanderbrechen. Aber wenn sie sich leicht biegen lässt, ist sie nicht mehr super frisch.«

Sollten die Möhren im heimischen Kühlschrank einmal den Zustand leichter Biegsamkeit erreichen, hilft laut Dittrich ein einfacher Trick, um sie wieder frisch zu bekommen: »Das bedeutet nur, dass die Möhre Wasser verloren hat – sie ist dann nicht schlecht. Wenn man sie dann für ein paar Stunden in ein Gefäß mit Wasser legt, wird sie wieder schön knackig, weil sie die Flüssigkeit dann wieder aufnimmt.«

Die Karotte ist ein sehr nachhaltiges Gemüse

Eine feuchte Umgebung hilft der Möhre dabei auch bei der generellen Lagerung im heimischen Kühlschrank, wie Judith Dittrich erklärt. Demnach solle man die Möhre im Optimalfall unten ins Gemüsefach legen und sie mit einem feuchten Tuch bedecken, damit sie darüber Feuchtigkeit ziehen können. Bei verpackten Möhren gilt darüber hinaus die Faustregel, dass sie aus der Verpackung entfernt werden sollten und bei Bund-Möhren sollte das Grün entfernt werden, da es sonst die Feuchtigkeit aus der eigentlichen Möhre herauszieht.

Der Einfluss des Klimawandels auf die Karotten

Bereits im 12. Jahrhundert kam die Möhre aus dem heutigen Iran über Spanien und Italien nach Europa, wo aus den damals noch violetten und weißen Wildrüben mit der Zeit die heute bekannte orangefarbene Karotte gezüchtet wurde. Diese lange Geschichte der Möhre zeigt bereits, dass sich das Doldenblütengewächs gut an seine Umgebung anpassen kann, was ihr auch in Zeiten des aktuellen Klimawandels zugutekommt: »Die Karotte ist ein sehr nachhaltiges Gemüse«, betont Judith Dittrich, »denn sie hat nicht so hohe Ansprüche wie anderes Gemüse. Sie benötigt Wasser und in extrem trockenen Sommern muss gewässert werden, aber sonst kommt sie mit vielen Situationen gut klar.«

Groß oder klein: die unterschiedlichen Karottenarten

Allein in den meisten Supermärkten finden Möhrenfreunde mindestens eine Auswahl aus Snack-Möhren, den sogenannten Bund-Möhren mit Grün oder der Variante, bei der die Blätter bereits entfernt wurden. Europaweit sind über 300 Karottensorten bekannt. In der Produktion unterscheiden sich die einzelnen Möhren-Varianten allerdings nicht stark voneinander: »Die Mini-Möhren, die Snackmöhren, werden einfach früher geerntet und näher aneinandergesetzt. Die haben also gar nicht genug Platz, um groß zu werden – und dadurch bleiben sie eben klein. Die sind dann beispielsweise gut geeignet, um sie zwischendurch zu snacken und weil sie süßer im Geschmack sind, kann man sie auch gut mit in die Brotbox für die Kinder geben.« Bei den anderen Sorten, etwa den zu einem Bund mit Grün zusammengebundenen Bund-Möhren oder den losen Sorten, die kein Möhrengrün mehr enthalten, sei es dann einfach Geschmackssache, sagt die Expertin.

Und gerade das Möhrengrün sei ein oftmals unterschätzter Teil der Karotte, der viel zu häufig im Müll landet: »Daraus kann man zum Beispiel Pesto machen oder bei einer Suppe mit dazugeben, man kann das super essen.«

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Möhren selber anbauen: So klappt’s

Wie beispielsweise Salat, Erdbeeren oder Kräuter können auch Möhren im heimischen Garten oder auf dem eigenen Balkon angepflanzt werden – und das mit vergleichsweise wenig Aufwand: »Man muss nur darauf achten, dass der Boden gut aufgelockert ist«, erklärt Dittrich, »und dass der Boden auch tief genug ist, da die Möhre ja sehr groß wird und in der Erde wächst.« Zudem sollten Hobbygärtner darauf achten, dass sich keine Steine in der Erde befinden, »da die Möhre sonst zwei Beine bekommt oder sich verastet.«

Mehr als lecker: Die positiven Eigenschaften von Karotten

Durch Möhren wird man schneller Braun, sie schützen vor Sonnenbrand und sind gut für die Augen: Der Verzehr von Karotten soll sich in vielerlei Hinsicht positiv auf den menschlichen Körper auswirken. Das unterstreicht auch Judith Dittrich, auch wenn sie manche Mythen etwas einschränkt: »Jeder Hautarzt würde da schon sagen, dass Sonnencreme besser ist, aber es ist schon so, dass die Möhre viele gute Nährstoffe hat und auch wichtig für den Körper ist.«

Die positiven Eigenschaften des Gemüses gehen dabei unter anderem auf die vielen enthaltenen Carotine zurück, aus denen unser Körper etwa Vitamin A bildet, das etwa Augen, Immunsystem und Knochenbau stärkt. »Es sind aber auch noch Kalium, Calcium und Eisen enthalten. Gleichzeitig hat die Möhre einen sehr geringen Energiegehalt bei einem hohen Gehalt an Ballaststoffen und Wasser, wodurch sie sehr sättigend ist.« Achten sollten Möhrenfans beim Verzehr allerdings darauf, ebenfalls etwas Fett zu sich zu nehmen, da die Carotine fettlöslich sind und dann besser vom Körper verarbeitet werden können.

Diese sättigende Eigenschaft macht die Möhre auf der einen Seite zu einem beliebten Rohkostsnack, auf der anderen Seite bringt sie aber auch in viele komplette Gerichte einen schönen und leckeren Farbtupfer: »Ich esse sie am liebsten als Ofengemüse. Einfach unterschiedliches Gemüse kleingeschnitten auf ein Blech geben – da darf die Möhre natürlich nicht fehlen – würzen, ein wenig Öl und etwas Knoblauch dran und dann schmeckt das wunderbar.« Aufgrund der Süße, die Karotten von Natur aus mitbringen, eignen sie sich allerdings auch hervorragend für süße Speisen: »Ein Klassiker ist der Möhrenkuchen. Die Karotte macht den Kuchen einfach super saftig und dadurch wird er nochmal besonders lecker.«

Tim Lamkemeyer
Tim Lamkemeyer
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