Tasting vom 09.10.2015
Das Weingut ist in Napa Valley auf halbem Weg zwischen Oakvill und St. Helena beheimatet und erzeugt zwei Cabernets und einen Zinfandel. Sowohl der Cabernet »Napa Valley« wie das Flaggschiff »Special Selection« sind von einer Aromatik gekennzeichnet, die nur durch eine sehr lange Hängezeit der Trauben, sprich durch bewusst späte Lese, erzielt werden kann. Eine Technik, die auch in Kalifornien dazu führen kann, dass man einmal eine Ernte einbüßt, wenn der Winter früh einsetzt. Diese natürliche Form der Konzentration führt zu tiefer Farbe, aromatischer Dichte und ausgereiften Tanninen. Die Caymus Special Selection ist eine Auswahl der besten Fässer, dieser Wein wird von Chuck Wagner nur in guten Jahren abgefüllt. Im Jahr 1971 fragte Charles Wagner seinen Sohn Chuck, ob er Interesse hätte, wenn er seine Traubenfarm zukünftig in ein Weingut verwandeln würde. Hätte der Junior den Vorschlag abgelehnt, wäre die Ranch verkauft worden und die Wagners wären nach Australien ausgewandert. Charles jun., genannt »Chuck«, hatte gerade mal die Highschool abgeschlossen und offensichtlich keinen Bock auf Down Under, also wurden Cabernet-Sauvignon-Reben ausgepflanzt. Aus Farm wurde Winery. 1972 wurden aus eigenen Trauben die ersten 240 Kisten Cabernet Sauvignon abgefüllt. 1975 wurde ein junge Önologe frisch von der UC Davis engagiert, ein gewisser Randy Dunn, der für das kommende Jahrzehnt die Weine bei Caymus mitprägte und später unter eigenem Label mit seinem Cabernet Sauvignon Howell Mountain selbst zum Starwinzer avancierte. Das Weingut ist bis heute zu 100 % in Familienhand, vier weitere Betriebe erzeugen die Marken Mer et Soleil, Meiomi, Belle Glos und Conundrum. Heute sind Chucks Kinder Erin, Charlie, Joseph und Jenny bereits fest in die Betriebe involviert. Die »Special Selection« wurde im Jahr 1975 erstmals produziert und schlug wie eine Bombe ein. Die allerersten Jahrgänge 1975, 1976 und 1978 zählen längst zum kalifornischen Weinkultur-Erbe, diese frühen Ikonen wurden jeweils mit 98 Parker-Punkten bewertet und zählen seither zu den amerikanischen Klassikern. Diesen Sommer lud ein privater Weinfreund zur großen Vertikale ins Gasthaus Schmiedgraben in Lichtenberg bei Linz, auch der Exklusiv-Importeur von Caymus, Michael Freislederer, ließ sich diese in Europa sicher einzigartige Degustation nicht entgehen. Die Probe umspannte die letzten 27 Jahrgänge von 1986 bis 2012 und machte eine klare stilistische Veränderung des Weines deutlich. Von einem sauberen, trinkfreundlichen Cabernet Sauvignon mit rund 13 Vol.-% Alkohol zur Phase mit mehr neuem Holz, viel Tannin und Konzentration – echte »Kraftlackeln« mit eher 14 Vol.-% – zu den spätgelesenen, komplexen Super-Napa-Cabernets von heute, die trotz enormer Reife und Werten von mehr als 15 Vol.-% Alkohol nun harmonischer und eleganter wirken als die Vorgänger. Vergleicht man heute einen 1986er, einen 1997er und den 2010er, dann werden die sehr unterschiedlichen Herangehensweisen im Winemaking schnell klar, und doch gibt es einen roten Faden, so etwas wie die Special-Selection-Gene, die diese großen Rotweine verbinden. Leider taucht die Special Selection bei uns nicht oft im Handel auf, die Kontingente sind stark limitiert. Der Endverbraucherpreis wird für jüngere Jahrgänge in einem Preisband zwischen € 170,– und € 250,– liegen. Notizen von Peter Moser