Das »Tyrol« verfügt über eine beachtliche Sammlung moderner Werke.

Das »Tyrol« verfügt über eine beachtliche Sammlung moderner Werke.
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»Das Tyrol«: Ein Haus mit Seele

Das Boutiquehotel »Das Tyrol« an der Wiener Mariahilfer Straße, nur wenige Gehminuten von der Innenstadt entfernt, bezaubert mit seinem außergewöhnlichen Interieur, noch viel mehr aber mit seiner einzigartigen Atmosphäre.

Zahlreiche Gäste, so hört man immer wieder, buchten das »Tyrol« primär deshalb, weil es gerade einen kraftvollen Steinwurf vom Kunsthistorischen Museum entfernt liegt. Und diese Gäste seien dann bass erstaunt, dass sich an den Wänden des illustren Boutiquehotels beinahe ebenso viele Gemälde befinden wie einige Hundert Meter weiter in den Prunkräumlichkeiten des Hauses am Ring.

Dass dem so ist, liegt an der Patronne des Hotels: Helena Ramsbacher liebt Kunst. Lange, bevor sie Hotels zu sammeln begann, sammelte sie bereits Kunstwerke, investierte sehr viel Aufmerksamkeit, Liebe und auch Geld in junge Kunstschaffende und baute so eine beachtliche Sammlung moderner Werke auf, die sie nun, voller Stolz und ohne die geringste Furcht um ihre Schätze, mit den Gästen ihres Hauses teilt. Und sie verleiht damit dem »Tyrol« eine unnachahmliche Aura, eine entspannte Wohlfühl-Atmosphäre, veredelt durch die Einzigartigkeit der ausgestellten Gemälde – selbstverständlich alles Originale, die den Geist ihrer Schöpfer hauchen –, wie man sie auch bei Boutiquehotels nur sehr selten -findet.

eRST MEIERhof, DANN PUFF

Aber beginnen wir ein wenig früher. Das Haus, in dem »Das Tyrol« heute beheimatet ist, blickt auf eine lange und wechselvolle Geschichte zurück. Errichtet wurde es im Jahre 1876 (andere Quellen sagen 1902), nachdem der Vorgängerbau geschliffen werden musste. Es handelte sich bei diesem Vorgängerbau um den Meierhof des (ebenfalls nicht mehr existierenden) Königin-klosters in der Wiener Innenstadt. Dieser Meierhof

lag an der sogenannten Bettlerstiege, die wiederum Richtung Wienfluss führte. Im Zuge der Neuordnung der Stadt inklusive Demolierung der Stadtmauern und Verbauung des Glacis wurden auch diese ehemaligen Vorstädte neu gestaltet und modernisiert. Das dabei entstandene Haus an der Adresse Mariahilfer Straße 15 /Königsklostergasse 2 war ein schmales, elegantes Stadthaus, dessen Geschichte wechselvoll verlief. Zunächst beherbergte es Wohnungen, später soll hier für einige Zeit ein Bordell beheimatet gewesen sein – nichts Genaues weiß man nicht. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde aus dem Haus ein Hotel, das – möglicherweise aus Rücksicht auf die französischen Soldaten, die den sechsten Bezirk zu ihrer Besatzungszone zählten –, nicht »Tirol«, sondern internationalisiert »Tyrol« getauft wurde. Als solches überdauerte es die Jahrzehnte, ohne groß zu glänzen, ohne weiter aufzufallen. Dennoch – oder gerade deshalb – fiel es irgendwann Ende der 1990er-Jahre doch jemandem auf, und zwar einer aus Kärnten stammenden Hotelierstochter, die der Arbeit wegen in die Bundeshauptstadt gezogen war: Helena Ramsbacher.

ungeschliffener diamant

Wer einen Diamanten finden will, benötigt gute Augen und viel Erfahrung. Denn von Natur aus gibt sich der Edelstein nicht als solcher zu erkennen, er sieht aus wie jeder andere Brocken in der Erde. Nur wer trotzdem sieht, was sich hinter der schmucklosen Schale verbirgt, wird mit reichem Ertrag belohnt. »Auf meinem Weg zur Arbeit bin ich immer am Hotel Tyrol vorbeigekommen und fand es recht rasch inte-ressant«, erinnert sich die Hotelière. »Es war gut geführt und sehr solide, aber wenig spektakulär. Doch es hat den Eindruck vermittelt, als wäre es schon immer hier gewesen, und das verlieh dem Haus eine ganz spezielle Aura, die mich sehr angesprochen hat.« Und weil sie sich ohnedies beruflich verändern wollte, begann sie mit den Besitzern über einen Verkauf zu verhandeln. Nach einem halben Jahr war man sich schließlich einig: »Die alten Besitzer wollten vor allem, dass das Haus in gute Hände kommt. Das konnte ich ihnen, ohne zu zögern, versprechen.«

vom entlein zum schwan

Mehr als 20 Jahre ist das nun her, und könnten die ehemaligen Eigentümer »Das Tyrol« heute sehen, sie würden es vermutlich nicht mehr wiedererkennen. Spätestens seit einer Komplettrenovierung im Jahr 2018 gleicht das Hotel eher einer zu groß geratenen Kunstinstallation, die der Neunzigerjahre-Modeschöpfer Gianni Versace und der amerikanische Künstler Jeff Koons ersonnen haben. »Das Tyrol« anno 2023 ist bunt, schillernd und glitzert wie ein Palast in Dubai, es ist überbordend dekoriert wie der Graben in der Vorweihnachtszeit, es ist eine strahlende Oase in der grauen Ödnis der Mariahilfer Straße – und es ist vor allem eines: unendlich gemütlich und charmant. 

Der Charme, diese Aura, die Helena Ramsbacher bereits bei ihrem ersten Besuch in dem Haus verspürte, hat sich bis heute im »Tyrol« gehalten – nicht zuletzt deshalb, weil die Hotelière permanent da­ran feilt. »In einem Hotel muss man sich wohlfühlen, die Atmosphäre muss passen, das ist mir unendlich wichtig. Immerhin wohne ich selbst auch hier, wenn ich in Wien bin, und teile mein Wohnhaus quasi mit meinen Hotelgästen.« Und weil sie beim Arbeiten gerne Gesellschaft hat, verlegt sie ihren Schreibtisch nicht selten in die Tagesbar im Erdgeschoß und tippt Mails, während erschöpfte Touristen daneben bei einem Aperol Spritz die Erlebnisse des Tages Revue passieren lassen.

Dass »Das Tyrol« ein besonders guter Platz ist, hat sich mittlerweile längst he­rumgesprochen. Die 30 Zimmer des Vier-Stern-Hauses (»Wir sind ein Vier-Stern-Hotel-Garni mit Fünf-Stern-Komfort«, so Helena Ramsbacher) sind meistens auf lange Zeit im Voraus ausgebucht, viele Kunden sind längst Stammgäste. Auf Trip Advisor hat das Haus eine Bewertung von 9,6, was für ein City-Hotel top ist. Und auch im Bereich der Mitarbeiter eilt dem Hotel sein guter Ruf voraus. Während in anderen Häusern händeringend nach Personal gesucht wird, sind im »Tyrol« die meisten Mitarbeiter inzwischen selbst so etwas wie Stammgäste. »Viele sind seit einem Jahrzehnt oder noch länger bei mir, weil sie die familiäre Atmosphäre im Haus so angenehm finden«, erzählt die Patronne nicht ohne Stolz. Und fügt dann hinzu: »Das ›Tyrol‹ ist im Grunde die Essenz meines Wesens. Die Kunstwerke, das Interieur, die Atmosphäre, der Spirit – so wie ich bin, ist inzwischen auch dieses Haus geworden. Es ist meine Heimat.« Häuser seien wie Menschen, heißt es oft. In diesem Haus fühlt man sich sofort sehr wohl, denn es hat eine schöne Seele.

Die Bewertung

Gourmetfrühstück, luxuriöse Suiten und herzliche Gastfreundschaft in Toplage. Das kleine Boutiquehotel in Wien wartet mit viel moderner Kunst auf. Die Wellnessoase glänzt mit tausenden goldenen Bisazza-Fliesen.

Ambiente 10 von 10
Zimmer 19 von 20
Wellness 14 von 15
Service 14 von 15
Kulinarik 14 von 20
Lage 19 von 20
GESAMT 90 von 100

Das Tyrol
Mariahilferstraße 15, 1060 Wien
T: +43 1 5875415
reception@das-tyrol.at
das-tyrol.at

Martin Kubesch