Cognac hat das Image eines etwas angestaubten Altherrengetränks längst abgelegt und erfreut sich wachsender Beliebtheit.

Cognac hat das Image eines etwas angestaubten Altherrengetränks längst abgelegt und erfreut sich wachsender Beliebtheit.
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Exquisite Eleganz: Cognac hat das angestaubte Altherren-Image abgelegt

Vom Luxusgut, über Imageprobleme bis zum Comeback Cognacs als Getränk der schwarzen Hip-Hop-Szene: Heute liegt die große Herausforderung der Cognac-Häuser darin, dem anhaltenden Bartrend entsprechende Produkte zukommen zu lassen.

Le Cognac, ce n'est pas qu'une affaire de goût … c'est toute une affaire d'Art. (François Peyrot)

Die Kunst, aus feinen Weißweinen Destillate zu machen und diese durch Fasslagerung zu vollenden, wird im äußersten Westen Frankreichs schon lange betrieben. Schon im 13. Jahrhundert haben holländische Händler, die Salz am Oberlauf des Flusses Charente gekauft hatten, Wein aus der Gegend um die Stadt Cognac mitgenommen. Um ihn für die lange Seereise zu konservieren, wurde die Destillation eingeführt. Zwar konnte man das Destillat nicht mehr zu einem vernünftigen Ergebnis verdünnen, das neue Produkt erfreute sich aber schon bald großer Beliebtheit. Im 18. Jahrhundert entstanden Handelshäuser, die es zum Teil heute noch gibt. Viele vertriebene Protestanten aus Frankreich ließen sich jenseits des Kanals nieder und begannen die Verbindung mit der alten Heimat über Handelsbeziehungen aufrechtzuerhalten. Zudem kamen immer wieder Engländer in die Region und wirkten maßgeblich am Aufbau der Cognac-Produktion mit. Namen wie Hennessy und Hine zeugen davon, auch der Großvater von Henri Delamain, der 1824 das gleichnamige Haus gründete, war aus Irland eingewandert. Das florierende Geschäft – im 19. Jahrhundert wurde Cognac bereits weltweit in Flaschen exportiert – erlebte mit der Ankunft der Reblaus ab 1875 einen jähen Einbruch. Die Ernten waren vernichtet und so mussten neue Strategien entwickelt werden, um die Produktion wieder in Gang zu bringen. Nach dem Ersten Weltkrieg gab es die erste genaue Abgrenzung des Gebiets, der Name Cognac wurde geschützt. In der Zwischenkriegszeit wurde die Appellation d'Origine Contrôlée für Cognac definiert, die genaue Regeln für die Herstellung festlegt. 1946 nahm das Bureau National Interprofessionnel du Cognac (BNIC) seinen Betrieb auf. Dieser Zusammenschluss von Winzern, Brennern und Cognac-Häusern garantiert die Einhaltung der Reglements bis heute.

Hine Cognac gibt
es seit mehr als 
250 Jahren. Damit ist 
Hine eines der ältesten und traditionsreichsten Cognac-Häuser in Frankreich.
© Hine Cellars
Hine Cognac gibt es seit mehr als 250 Jahren. Damit ist Hine eines der ältesten und traditionsreichsten Cognac-Häuser in Frankreich.

Ein kleines Imageproblem?

Nach dem Zweiten Weltkrieg begann aber auch eine herausfordernde Phase für die stark exportorientierten Hersteller. Weltweit stagnierte der Verkauf besonders in den 1970er- und 1980er-Jahren, da Wodka zunehmend als Trendsprituose wahrgenommen wurde und die gelagerten Spirituosen und Gin in den Cocktailbars der Welt verdrängte. Das Image der edlen, aber sehr teuren und etwas verstaubten Spirituosen, die nur von weißen Männern am Kamin getrunken wird, hing dem Cognac stetig an. Schützenhilfe kam zu Beginn der 2000er-Jahre von unerwarteter Seite: 2002 veröffentlichte der amerikanische Rapper Busta Rhymes den Song »Pass the Courvoisier« und manifestierte so die Rolle des Cognacs als Getränk der schwarzen Hip-Hop-Szene, die in Ansätzen seit den 1990ern bestand. Seither sind Kooperationen zwischen der Szene und Cognac-Häusern bekannt. Der Rapper Jay-Z brachte 2012 mit D´ussé seine eigene Cognac-Marke in Zusammenarbeit mit dem Bacardí Konzern (Besitzer von Cognac Otard) auf den Markt. Erzt kürzlich verkaufte er seine Anteile um einen dreistelligen Millionen-Dollar-Betrag, ist allerdings weiterhin das Gesicht der Marke.

Cognac als Luxusprodukt

Selbstverständlich ist Cognac auch heute noch im Luxusbereich angesiedelt. Abfüllungen wie Rémy Martins berühmter Louis XIII genießen Kultstatus. Besonders in den Wachstumsmärkten in Asien gibt es für diese Ultra-Premium-Ware eine entsprechende Nachfrage, dennoch machen diese High-End-Produkte einen relativ kleinen Anteil des Gesamtvolumens aus. Das Gros der Produktion fällt auf V.S.- und V.S.O.P.-Qualitäten.

Der edle Grande Champagne Cognac Remy Martin Louis XIII zählt er zu den exklusivsten Luxus-Cognacs der Welt.
© Remy Martin
Der edle Grande Champagne Cognac Remy Martin Louis XIII zählt er zu den exklusivsten Luxus-Cognacs der Welt.

Neue Wege

Dem anhaltenden Bartrend entsprechende Produkte zukommen zu lassen, ist derzeit wohl die größte Herausforderung für die Cognac-Häuser. Während die Armagnac-Hersteller in der Gascogne die umgelagerten Eaux de vie als Potenzial sehen und den umgelagerten Blanche Armagnac auf den Markt gebracht haben, will man in der Charente andere Wege beschreiten. Das Haus Hine, benannt nach einem englischen Einwanderer, der zu Beginn des 19. Jahrhunderts in eine Cognac-Familie einheiratete, hat für die Bars einen speziellen V.S.O.P. Cognac entwickelt. H by Hine ist in eine Barkeeper-freundliche Flasche gefüllt, überzeugt optisch durch ein edles und zugleich cooles Design und erinnert mit der Propagierung der »Hineballs« an die Verwendung von Cognac in Longdrinks. »Das funktioniert geschmacklich wunderbar«, weiß der erfahrene Barkeeper Kan Zou, Besitzer der »The Sign Lounge« in Wien, »denn traditionell wurden auf Cognac basierende Cocktails seit Mitte des 19. Jahrhunderts gemacht.« Tatsächlich schreiben Cocktailhistoriker die Erfindung des Sazerac-Cocktails Antoine Amedée Peychaud zu, der 1838 als Barkeeper und Apotheker in New Orleans arbeitete und auch den nach ihm benannten Orange Bitter schuf. Für den Sazerac verwendete er zunächst Absinth, mit dem das Glas aviniert wurde. Cognac, Zuckersirup und Spritzer seines eigenen Bitters wurden zwischen zwei Behältern aus Metall hin und her geschüttet, eine Technik, die unter dem Begriff »Werfen« gerade eine Renaissance erlebt. Als der günstigere Rye Whiskey immer beliebter wurde, diente er als Basis für den Drink. Der englische Bartender und Cocktail Writer Simon Difford hat sein eigenes Rezept entwickelt, in dem er Cognac und Rye Whiskey vereint.

Das Haus Martell nimmt für die Erschließung neuer Expressionen ebenfalls eine V.S.O.P.-Qualität als Basis für den Blue Swift Spirit. Durch eine anschließende Reifung in ehemaligen Bourbon-Whisky-Fässern erhält dieser eine weitere Geschmacksdimension, besonders Vanille, ein Hauch von Kokos und ein sehr weiches Finish überzeugen. Da die Regularien des BNIC allerdings für die Lagerung nur neue oder mit weinhaltigen Flüssigkeiten vorbelegte Eichenfässer zulassen, darf Martells »Blue Swift« das Wort Cognac auf dem Etikett nicht führen. Bache Gabrielsen, ein kleineres Haus, das den Namen des Norwegers Thomas Bache-Gabrielsen trägt, der rund 100 Jahre zuvor, als junger Mann nach Cognac kam und später eine ansässige Dame geheiratet hatte, nutzt die Fassregelung des BNIC aus. Die Abfüllung »American Oak« wird in neuen amerikanischen Weißeichenfässern gefinisht und ist daher immer noch ein Cognac. Auch hier zielt Master Blender Jean-Philippe Bergier auf die Weichheit der Fässer ab.

Das Haus Hine hat für die Bars einen speziellen V.S.O.P. Cognac entwickelt. H by Hine überzeugt optisch durch ein edles und zugleich cooles Design.
© Christophe Mariot - Le Studio Photographique
Das Haus Hine hat für die Bars einen speziellen V.S.O.P. Cognac entwickelt. H by Hine überzeugt optisch durch ein edles und zugleich cooles Design.

Cognac Education

Die große Vielfalt und Komplexität des Cognacs zu erfassen ist nicht einfach. Daher bildet das BNIC seit einiger Zeit Fachleute zu Vermittlern der Cognac-Kultur aus. Als Cognac Educator dürfen sich derzeit weltweit rund 80 Personen (7 in Deutschland, 2 in Österreich, 1 in der Schweiz) bezeichnen, die nach jahrelanger Beschäftigung mit Cognac in der Spirituosenbranche ihrer Länder vom BNIC eingeladen wurden. Nach einer intensiven Schulung vor Ort und dem Besuch von vielen verschiedenen Cognac-Häusern, Weingärten, Brennereien und Fassbindern legen die Kandidaten eine Prüfung ab. Nach deren erfolgreichen Absolvierung sind die nunmehrigen Cognac Educator angehalten die Cognackultur bei Veranstaltungen und Schulungen bekannter zu machen, sowohl bei Professionisten als auch bei der geneigten Kundschaft.

Courvoisier zählt zu den beliebtesten und bekanntesten Cognac-Häusern der Welt.  Auch Kaiser Napoleon wusste ihn angeblich sehr zu schätzen.
© Metzger Studios
Courvoisier zählt zu den beliebtesten und bekanntesten Cognac-Häusern der Welt. Auch Kaiser Napoleon wusste ihn angeblich sehr zu schätzen.

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Erhard Ruthner
Erhard Ruthner
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